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Glashütte

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Vergeblicher Kampf für die Glashütte

Großbetrieb an der Emmerstedter Straße in Helmstedt stellte hochwertiges Tafelglas her – Später Wohnkolonie

Melsene Bittó, Stadtarchivarin

Die Glashütte in der Emmerstedter Straße (Foto von 1925)

HELMSTEDT. Die 40-jährige Geschichte der Glashütte lässt sich nicht lückenlos darstellen, weil sie geprägt ist von ständigen Veränderungen, Krisen und von häufigem Besitzerwechsel. Klar ist hingegegen: Fast jeder Helmstedter kannte die Glashütte.

Als es den Industriebetrieb an der Emmerstedter Straße schon längst nicht mehr gab, wohnten die Leute immer noch „in der Glashütte“. Der Fabrikbesitzer Wilhelm Hampe jun. hatte sie 1890/91 gegründet. Zu dem Gelände gehörte auch der ehemalige jüdische Friedhof, dessen Boden aus Quarzsand bestand.

Am Schwarzen Berg an der Emmerstedter Straße wurde der jüdischen Gemeinde im Jahr 1813 auf deren Bitte ein Begräbnisplatz zugewiesen. Jahrzehnte später ergaben sich finanzielle Probleme wegen der Einfriedung, die geplante Mauer war zu teuer. Nach Verhandlungen mit der Stadt erhielt die Gemeinde ab 1892 einen neuen Friedhof an der Magdeburger Straße.

Wilhelm Hampe war der Enkel des Knopfmachers Andreas Ludwig Hampe, auf den die Anfänge der Spinnerei Hampe zurückgehen. Wilhelm Hampe stand nach dem Tod seines Vaters an der Spitze der Spinnerei. Die Gründung der Glashütte brachte ihm jedoch kein Glück. So wurde eine große Liefrung von Flaschen, für England bestimmt, vom Kunden nicht angenommen, weil das Glas verfärbt war. Hampe geriet immer tiefer in finanzielle Schwierigkeiten und nahm sich am 30. März 1892 das Leben.

Er rettete damit allerdings die Fabrik an der Emmerstedter Straße, denn mit der fällig gewordenen Lebensversicherung konnte die wirtschaftliche Notlage behoben und die Glasproduktion fortgesetzt werden. In der Helmstedter Glashütte wurde zunächst mundgeblasenes Tafelglas hergestellt, sogenanntes Hohlglas.

Durch die große Konurrenz ging der Absatz an Tafelglas immer mehr zurück, so dass nun die Herstellung von Fensterglas zum Schwerpunkt der Produktion wurde. Nach der Vergrößerung und Modernisierungdes Unternehmens nach 1900 und einer Umwandlung zunächst in eine GmbH und dann in eine Aktiengesellschaft, wuchs die Glashütte zu einem Großbetrieb mit 200 Beschäftigten.

Trotz aller Bemühungen war der wirtschaftliche Untergang des Betriebes aber nicht zu verhindern, die Konkurrenz erwies sich als übermächtig. Ende Dezember 1930 wurde der Schmelzofen gelöscht.

In der Folgezeit gab es immer wieder Initiativen zu einer Wiederaufnahme der Glasproduktion, weil von Fachleuten der Standort aus mehreren Gründen als äußerst günstig eingeschätzt wurde. Im Helmstedter Stadtarchiv gibt es eine dicke Akte mit der Bezeichnung „Bestrebung zur Wiederinbetriebnahme der Helmstedter Glashütte 1930 bis 1951“. In dieser Akte ist ein umfangreiches Gutachten erhalten über das Glassandvorkommen an der Emmerstedter Straße, dessen besondere Qualität hervorgehoben wird.

Es gab Kaufinteressenten, es wurde verhandelt, geschrieben, telegraphiert, und das Gebäude wurde häufigbesichtigt und immer als sehr gut befunden, zumal auch ein Bahnanschluss vorhanden war. Trotz aller Bemühungen konnte die Glashütte nicht zu neuem Leben erweckt werden.

1943 übernahm die Helmag das Gelände. Für die Lutherwerke in Braunschweig wurden an der Emmerstedter Straße nun Flugzeugteile produziert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann man mit der Herstellung von Küchenherden. Mitte Dezember 1945 musste die Produktion auf veranlassung der Militärregierung eingestellt werden.

Schließlich übernahm die HellacHelmstedter Lack- und Chemische Fabrik GmbH – den Komplex der alten Gebäude. Als auch dieser Betrieb seine Produktion vor einigen Jahren einstellte, wurden sämtliche Fabrikationsgebäude und auch die Wohnkolonie der Glashütte abgerissen. Nur das ehemalige verwaltungsgebäude der Hellac ist stehen geblieben. Im Jahr 1931 schrieb eine Helmstedter Zeitung „Nach Ansicht von Fachleuten wurde das Glas der Helmstedter Glashütte als das beste deutsche Glas bezeichnet.“

Quelle: Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten (24. November 2009)