Juleum: Unterschied zwischen den Versionen
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[[ | [[Datei:Helmstedt Juleum.jpg|mini|225px|Juleum Novum in Helmstedt (2007)]] | ||
Das '''Juleum''', auch '''Juleum Novum''', ist ein mehrgeschossiges Hörsaal- und Bibliotheksgebäude der ehemaligen [[Universität Helmstedt|Universität]] in der Kreisstadt [[Helmstedt]]. Das Bauwerk wurde zwischen 1592 und 1612 im Baustil der Weserrenaissance errichtet und zählt zu den bedeutendsten Profanbauten dieser Epoche in Norddeutschland. | Das '''Juleum''', auch '''Juleum Novum''', ist ein mehrgeschossiges Hörsaal- und Bibliotheksgebäude der ehemaligen [[Universität Helmstedt|Universität]] in der Kreisstadt [[Helmstedt]]. Das Bauwerk wurde zwischen 1592 und 1612 im Baustil der Weserrenaissance errichtet und zählt zu den bedeutendsten Profanbauten dieser Epoche in Norddeutschland. | ||
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Mit der Gründung der welfischen Universität durch Herzog Julius in Helmstedt im Jahr [[1576]] wurde auch sehr bald die Notwendigkeit der Errichtung eines repräsentativen Haupt- und Hörsaalgebäudes deutlich. Die Vorlesungen fanden bis zu dieser Zeit überwiegend in den Wohnhäusern der Professoren statt. Steigende Studentenzahlen und das Geltungsstreben des Herzogs und der Universitätsleitung führten in der Folgezeit zu ersten Planungen für einen palastähnlichen Bau. Mit der Ausführung beauftragte Herzog Heinrich Julius im Oktober 1592 den herzoglichen Baumeister Paul Francke, der bereits die beiden Collegiengebäude der Universität als Flügelbauten errichtet hatte. Die Planungen sahen ein großes Auditorium Maximum der Theologen und Philosophen im Erdgeschoss vor, in dem auch die Feierlichkeiten der Universität stattfanden sollten, und zwei separate Hörsäle für die Juristen und Mediziner im Obergeschoss. Im Kellergeschoss wurde ein Weinkeller mit zwei beheizbaren Schankräumen konzipiert. Kritikern soll Herzog Heinrich Julius entgegnet haben, dass die Studenten lernen sollten, Bacchus mit Füßen zu treten. | Mit der Gründung der welfischen Universität durch Herzog Julius in Helmstedt im Jahr [[1576]] wurde auch sehr bald die Notwendigkeit der Errichtung eines repräsentativen Haupt- und Hörsaalgebäudes deutlich. Die Vorlesungen fanden bis zu dieser Zeit überwiegend in den Wohnhäusern der Professoren statt. Steigende Studentenzahlen und das Geltungsstreben des Herzogs und der Universitätsleitung führten in der Folgezeit zu ersten Planungen für einen palastähnlichen Bau. Mit der Ausführung beauftragte Herzog Heinrich Julius im Oktober 1592 den herzoglichen Baumeister Paul Francke, der bereits die beiden Collegiengebäude der Universität als Flügelbauten errichtet hatte. Die Planungen sahen ein großes Auditorium Maximum der Theologen und Philosophen im Erdgeschoss vor, in dem auch die Feierlichkeiten der Universität stattfanden sollten, und zwei separate Hörsäle für die Juristen und Mediziner im Obergeschoss. Im Kellergeschoss wurde ein Weinkeller mit zwei beheizbaren Schankräumen konzipiert. Kritikern soll Herzog Heinrich Julius entgegnet haben, dass die Studenten lernen sollten, Bacchus mit Füßen zu treten. | ||
[[ | [[Datei:Helmstedt Merian Collegium.png|mini|Juleum und Collegienflügel im 17. Jahrhundert]] | ||
Ein Jahr später erfolgte der Baubeginn auf dem städtischen Besitz des [[Kloster Mariental|Klosters Mariental]] in Helmstedt, dem „Grauen Hof“. Als funktionale und bautypologische Vorbilder der Anlage dienten unter anderem die Gebäude der Universität Altdorf sowie das New College in Oxford. Die Steinmetzarbeiten und die Erstellung des umfangreichen Figurenschmuckes führte Jacob Meyerheine aus. Im Jahr 1597 konnten die wesentlichen Bauarbeiten mit der Eindeckung des Gebäudes abgeschlossen werden. Die offizielle Einweihung des Bauwerkes erfolgte allerdings erst am 15. Oktober 1612 – exakt 20 Jahre nach Bauvergabe – in Abwesenheit des in Prag weilenden Herzogs, der es zum Andenken an seinen Vater und Universitätsgründer „Juleum“ nannte. | Ein Jahr später erfolgte der Baubeginn auf dem städtischen Besitz des [[Kloster Mariental|Klosters Mariental]] in Helmstedt, dem „Grauen Hof“. Als funktionale und bautypologische Vorbilder der Anlage dienten unter anderem die Gebäude der Universität Altdorf sowie das New College in Oxford. Die Steinmetzarbeiten und die Erstellung des umfangreichen Figurenschmuckes führte Jacob Meyerheine aus. Im Jahr 1597 konnten die wesentlichen Bauarbeiten mit der Eindeckung des Gebäudes abgeschlossen werden. Die offizielle Einweihung des Bauwerkes erfolgte allerdings erst am 15. Oktober 1612 – exakt 20 Jahre nach Bauvergabe – in Abwesenheit des in Prag weilenden Herzogs, der es zum Andenken an seinen Vater und Universitätsgründer „Juleum“ nannte. | ||
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Helmstedt Juleum Turm.jpg|Treppenturm mit herzoglichem Wappen | |||
Helmstedt Juleum Portal.jpg|Hauptportal | |||
Helmstedt Juleum Aula.jpg|Auditorium Maximum | |||
Helmstedt Juleum Seitenansicht.jpg|Westgiebel und Südfront | |||
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Juleum.jpg|Aktuelles Logo seit [[2025]] | |||
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In der bis auf den letzten Platz besetzten Aula des Juleums sprach am 14. Oktober [[2025]] der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck über die aktuellen Herausforderungen und Erschütterungen der Demokratie. Der 85-Jährige folgte einer Einladung der Kulturabteilung des Landkreises, um sein neuestes Buch vorzustellen.<ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/helmstedt/article410230295/joachim-gauck-in-helmstedt-in-welchem-moment-ihm-zwei-traenen-kullerten.html</ref> | In der bis auf den letzten Platz besetzten Aula des Juleums sprach am 14. Oktober [[2025]] der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck über die aktuellen Herausforderungen und Erschütterungen der Demokratie. Der 85-Jährige folgte einer Einladung der Kulturabteilung des Landkreises, um sein neuestes Buch vorzustellen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/helmstedt/article410230295/joachim-gauck-in-helmstedt-in-welchem-moment-ihm-zwei-traenen-kullerten.html |titel=Joachim Gauck in Helmstedt: In welchem Moment ihm zwei Tränen kullerten |autor=Sebahat Arifi |werk=Braunschweiger Zeitung / [[Helmstedter Nachrichten]] |datum=2025-10-15 |abruf=2025-10-16}}</ref> | ||
== Baubeschreibung == | == Baubeschreibung == | ||
Der als Aula- und Hörsaalgebäude errichtete Bau ist 40 Meter lang und 17 Meter breit und hat auf der Südseite einen 56 Meter hohen achteckigen [[Juleumsturm|Treppenturm]], der oben eine Galerie trägt. Das Ober- und das Dachgeschoss sind nur über diesen vorgestellten Turm zugänglich. | Der als Aula- und Hörsaalgebäude errichtete Bau ist 40 Meter lang und 17 Meter breit und hat auf der Südseite einen 56 Meter hohen achteckigen [[Juleumsturm|Treppenturm]], der oben eine Galerie trägt. Das Ober- und das Dachgeschoss sind nur über diesen vorgestellten Turm zugänglich. | ||
{{Hauptartikel|Juleumsturm}} | |||
[[ | [[Datei:Helmstedt Juleum Portalschmuck.jpg|mini|Portalschmuck mit Universitätswappen]] | ||
Das Hauptportal an der südlichen Gebäudeseite befindet sich direkt neben dem Turm und ist mit fünf Figuren der sieben freien Künste (Septem artes liberales) geschmückt: „Astronomie“ mit Himmelskugel (Portalspitze), „Grammatik“ mit Griffel und Tafel (zweite Reihe links), „Arithmetik“ mit Tafel und Zahlen (zweite Reihe rechts), „Musik“ mit Laute (untere Reihe links) und „Geometrie“ mit Zirkel und Rolle (untere Reihe rechts). Es fehlen die Figuren „Rhetorik“ und „Dialektik“, die wahrscheinlich früher links und rechts neben der Tür in den Muschelnischen standen. Die Statuen symbolisieren die philosophische Fakultät. Ebenfalls über dem Portal ist das Universitätswappen angebracht, das die biblische Figur Simson darstellt, wie sie aus einem toten Löwen Honig entnimmt (Buch der Richter 14, 14: „…vom Starken kommt Süßes“ – häufige Deutung: Wer die Stärke der Wissenschaft [Löwe] besitzt, gewinnt den Reichtum der Erkenntnis [Honig]). | Das Hauptportal an der südlichen Gebäudeseite befindet sich direkt neben dem Turm und ist mit fünf Figuren der sieben freien Künste (Septem artes liberales) geschmückt: „Astronomie“ mit Himmelskugel (Portalspitze), „Grammatik“ mit Griffel und Tafel (zweite Reihe links), „Arithmetik“ mit Tafel und Zahlen (zweite Reihe rechts), „Musik“ mit Laute (untere Reihe links) und „Geometrie“ mit Zirkel und Rolle (untere Reihe rechts). Es fehlen die Figuren „Rhetorik“ und „Dialektik“, die wahrscheinlich früher links und rechts neben der Tür in den Muschelnischen standen. Die Statuen symbolisieren die philosophische Fakultät. Ebenfalls über dem Portal ist das Universitätswappen angebracht, das die biblische Figur Simson darstellt, wie sie aus einem toten Löwen Honig entnimmt (Buch der Richter 14, 14: „…vom Starken kommt Süßes“ – häufige Deutung: Wer die Stärke der Wissenschaft [Löwe] besitzt, gewinnt den Reichtum der Erkenntnis [Honig]). | ||