Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Kosten einer Beerdigung betrugen laut einer Aufstellung von [[1839]] in der ersten Klasse ca. 70 bis 80 Taler einschließlich Sarg, in der zweiten 40 bis 50, in der dritten 20 bis 30 und in der vierten 10 bis 15. Wahrscheinlich entfiel bei den beiden letzten Klassen der Sarg, deshalb auch die Befürchtung, Tiere würden den Leichnam aus der Erde wühlen. In der Vorstadt Neumark waren die Kosten allerdings geringer, bei den Katholiken waren sie ganz unbedeutend. Sie bestanden dort hauptsächlich aus der Bewirtung der Träger. Träger waren Freunde, Bekannte, Nachbarn, bei verstorbenen Handwerksgesellen waren es stets die Nebengesellen. | Die Kosten einer Beerdigung betrugen laut einer Aufstellung von [[1839]] in der ersten Klasse ca. 70 bis 80 Taler einschließlich Sarg, in der zweiten 40 bis 50, in der dritten 20 bis 30 und in der vierten 10 bis 15. Wahrscheinlich entfiel bei den beiden letzten Klassen der Sarg, deshalb auch die Befürchtung, Tiere würden den Leichnam aus der Erde wühlen. In der Vorstadt Neumark waren die Kosten allerdings geringer, bei den Katholiken waren sie ganz unbedeutend. Sie bestanden dort hauptsächlich aus der Bewirtung der Träger. Träger waren Freunde, Bekannte, Nachbarn, bei verstorbenen Handwerksgesellen waren es stets die Nebengesellen. | ||
Am 02.07.1818 fand auf dem neuen Friedhof (unserem heutigen „[[Alter Friedhof|Alten Friedhof]]" an der [[Gustav-Steinbrecher-Straße]] in der Nähe der [[Lademann-Realschule]]) die erste Beerdigung statt<ref>Kleinert | Am 02.07.1818 fand auf dem neuen Friedhof (unserem heutigen „[[Alter Friedhof|Alten Friedhof]]" an der [[Gustav-Steinbrecher-Straße]] in der Nähe der [[Lademann-Realschule]]) die erste Beerdigung statt<ref name="Friedhof und Bestattung in Helmstedt">{{Literatur |Autor=Rudolf Kleinert |Titel=Friedhof und Bestattung in Helmstedt |Ort=Helmstedt |Datum=1976 |ISBN= |Seiten=5 }}</ref>. | ||
Mitte des vergangenen Jahrhunderts war dieser Platz leider schon wieder zu klein geworden. Er wurde 1848 zwar um vier Gartengrundstücke erweitert, aber 1872 wandte sich der Bürgerverein an den Magistrat und beantragte dringend eine Erweiterung des Platzes auf dem Tanzbleek. Der lehnte ab, da dies wegen der Lage und der unregelmäßigen Form nicht zweckmäßig sei. Beabsichtigt sei jedoch, einen Teil eines 60 Morgen großen und zum Kloster Ludgeri gehörenden Grundstücks an der Magdeburger Straße hinter der sogenannten Gennertschen | Mitte des vergangenen Jahrhunderts war dieser Platz leider schon wieder zu klein geworden. Er wurde 1848 zwar um vier Gartengrundstücke erweitert, aber 1872 wandte sich der Bürgerverein an den Magistrat und beantragte dringend eine Erweiterung des Platzes auf dem Tanzbleek. Der lehnte ab, da dies wegen der Lage und der unregelmäßigen Form nicht zweckmäßig sei. Beabsichtigt sei jedoch, einen Teil eines 60 Morgen großen und zum Kloster Ludgeri gehörenden Grundstücks an der Magdeburger Straße hinter der sogenannten Gennertschen Zuckerraffinerie zu erwerben. Dies geschah dann schon 1872/1873. Es wurden 10 Morgen angekauft. Am 09.09.1872 fand dort, auf unserem heutigen Stephani-Friedhof, die erste Beisetzung statt. Der alte Friedhof wurde um die Jahrhundertwende Park. | ||
Bereits 1873 wurde auf dem Gelände ein sogenanntes Leichenhaus errichtet „zum Aufbewahren der Gerätschaften des Totengräbers, zur Niederlegung von armen Verunglückten sowie bei etwa ausbrechenden Epidemien als Aufbewahrungsort für Leichen bis zur | Bereits 1873 wurde auf dem Gelände ein sogenanntes Leichenhaus errichtet „zum Aufbewahren der Gerätschaften des Totengräbers, zur Niederlegung von armen Verunglückten sowie bei etwa ausbrechenden Epidemien als Aufbewahrungsort für Leichen bis zur Beerdigung“. | ||
Sehr wahrscheinlich wurde für den Bau des Leichenhauses der von dem Kreisbaumeister Vibrans gezeichnete Riß zugrunde gelegt. Nach dieser Zeichnung war das Gebäude 8,16 m lang und 5,06 m breit, es hatte einen größeren Raum von ca. 26 qm und einen kleineren von 10 gm für die Geräte. Die Baukosten betrugen 570 Taler. Es stand am Platz des heutigen | Sehr wahrscheinlich wurde für den Bau des Leichenhauses der von dem Kreisbaumeister Vibrans gezeichnete Riß zugrunde gelegt. Nach dieser Zeichnung war das Gebäude 8,16 m lang und 5,06 m breit, es hatte einen größeren Raum von ca. 26 qm und einen kleineren von 10 gm für die Geräte. Die Baukosten betrugen 570 Taler. Es stand am Platz des heutigen Blumenrondells, das man erreicht, wenn man den Friedhof durch die erste Pforte betritt. Sie stammt im übrigen aus dem Jahre 1888. | ||
Das Leichenhaus diente auch der Aufbahrung der Verstorbenen, deren Angehörige in ihren Räumen so beschränkt waren, daß sie den Toten nicht „von den Überlebenden vollständig trennen | Das Leichenhaus diente auch der Aufbahrung der Verstorbenen, deren Angehörige in ihren Räumen so beschränkt waren, daß sie den Toten nicht „von den Überlebenden vollständig trennen können“. Gebracht wurden die Toten von den Angehörigen selbst oder vom Totengräber gewöhnlich nach 10.00 Uhr abends. Auf Wunsch hielt gegen Bezahlung der Totengräber für die Nacht vor dem Begräbnis die Totenwache. Wurde jemand ohne Totenschein in die Leichenhalle gebracht, so war eine Wache unabdingbar, bis der Tod bescheinigt werden konnte. Gerade in jenen Jahren hatte man viel von Scheintoten gelesen und gehört. | ||
1913 wurde die neue Friedhofskapelle nach einem Entwurf des Professors Dr. Pfeiffer von der Technischen Hochschule Braunschweig gebaut. Die alte war zu klein geworden, denn man war nun dazu übergegangen, nicht von den Häusern, sondern von der Kapelle aus die Beerdigung vorzunehmen. Als Ort der Trauerfeier erhielt sie einen kirchlichen Stil mit einem Türmchen mit Glocke. Die Kosten betrugen 26.064 Mark, sie überschritten den Kostenvoranschlag nur um 64 Mark. | 1913 wurde die neue Friedhofskapelle nach einem Entwurf des Professors Dr. Pfeiffer von der Technischen Hochschule Braunschweig gebaut. Die alte war zu klein geworden, denn man war nun dazu übergegangen, nicht von den Häusern, sondern von der Kapelle aus die Beerdigung vorzunehmen. Als Ort der Trauerfeier erhielt sie einen kirchlichen Stil mit einem Türmchen mit Glocke. Die Kosten betrugen 26.064 Mark, sie überschritten den Kostenvoranschlag nur um 64 Mark. | ||
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Auch diese Kapelle existiert nicht mehr. Im März [[1993]] wurde sie abgebrochen, der Neubau im Herbst [[1994]] eingeweiht. | Auch diese Kapelle existiert nicht mehr. Im März [[1993]] wurde sie abgebrochen, der Neubau im Herbst [[1994]] eingeweiht. | ||
Der Friedhof wurde von Anfang an von der Kirche verwaltet. Während des letzten Krieges, im September 1941, übernahm ihn zwangsweise die Stadt. Am 01.04.1950 wurde er jedoch in die Verwaltung der Kirche zurückgegeben<ref | Der Friedhof wurde von Anfang an von der Kirche verwaltet. Während des letzten Krieges, im September 1941, übernahm ihn zwangsweise die Stadt. Am 01.04.1950 wurde er jedoch in die Verwaltung der Kirche zurückgegeben<ref name="Friedhof und Bestattung in Helmstedt" />), Der Grund und Boden gehörte aber weiterhin der Stadt. Grundlage der Entscheidung damals war das Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungs-wesen des Landes Braunschweig vom 23.11.1927. Danach hatte eine Gemeinde die Möglichkeit, einen neuen, dann gemeindeeigenen Friedhof anzulegen, sofern der bisherige belegt war. Durch Vereinbarung mit der Kirchengemeinde konnte auch eine bestehende Begräbnisstätte ohne diese Voraussetzung in die kommunale Verwaltung übergehen. | ||
An den Begräbnisplatz um die Stephani-Kirche erinnern heute noch die Grabplatten, die sich außen an dem Gebäude befinden. Schon bald nach der Schließung hatte man einen Teil des Kirchhofes an den Holzhändler Overlach verpachtet, der daraufhin sein Holz dort lagerte. Das alles zeugt von wenig Pietät gegenüber den Verstorbenen. Die Ehrfurcht vor den Gräbem war aber auch vorher nicht sehr verbreitet. Die Grabstelle des bedeutendsten Chirurgen des 18. Jahr-hunderts, Professor Heister, der 1758 in Bornum verstorben war, war schon 1784 kaum | An den Begräbnisplatz um die Stephani-Kirche erinnern heute noch die Grabplatten, die sich außen an dem Gebäude befinden. Schon bald nach der Schließung hatte man einen Teil des Kirchhofes an den Holzhändler Overlach verpachtet, der daraufhin sein Holz dort lagerte. Das alles zeugt von wenig Pietät gegenüber den Verstorbenen. Die Ehrfurcht vor den Gräbem war aber auch vorher nicht sehr verbreitet. Die Grabstelle des bedeutendsten Chirurgen des 18. Jahr-hunderts, Professor Heister, der 1758 in Bornum verstorben war, war schon 1784 kaum auffindbar. Zwei berühmte italienische Wissenschaftler, Anatom Scarpa und Volta, nach dem die Mas-einheit der elektrischen Spannung „Volt" benannt wurde, besuchten Beireis in jenem Jahr und wollten auch die letzte Ruhestätte dieses großen Mediziners sehen. Erst Professor von Crell erinnerte sich der Grabstätte seines Großvaters. Irgendwo fand man dann auch den mit Moos überwachsenen Stein mit der schwer lesbaren Inschrift und damit die letzte Ruhestätte des für die Wissenschaft und für Helmstedt so bedeutenden Mannes<ref>{{Literatur |Autor=Artur Brüggemann |Titel=Rund um den Juleumsturm |Auflage=2 |Ort=Helmstedt |Datum=1983 |ISBN= |Seiten=86 }}</ref>). Auch die Grabstelle des nicht minder berühmten Beireis ist unbekannt. | ||
Besser erhalten sind die Erinnerungen an Personen, die den Vorzug hatten, innerhalb der Stephani-Kirche beerdigt zu werden. Wir sehen heute noch in der Kirche die verschiedenen Epitaphe, darunter z. B. das des berühmten Helmstedter Theologen Georg Calixt (Papenberg 21), während dagegen sein auf dem Gebiet der Jurisprudenz und der Medizin ebenso bekannter Kollege Hermann Conring (Ziegenmarkt 7) in der Dorfkirche Groß Twülpstedt - ihm gehörte dot das Gut - in einem Steinsarg seine ewige Ruhe gefunden hat. | Besser erhalten sind die Erinnerungen an Personen, die den Vorzug hatten, innerhalb der Stephani-Kirche beerdigt zu werden. Wir sehen heute noch in der Kirche die verschiedenen Epitaphe, darunter z. B. das des berühmten Helmstedter Theologen Georg Calixt (Papenberg 21), während dagegen sein auf dem Gebiet der Jurisprudenz und der Medizin ebenso bekannter Kollege Hermann Conring (Ziegenmarkt 7) in der Dorfkirche Groß Twülpstedt - ihm gehörte dot das Gut - in einem Steinsarg seine ewige Ruhe gefunden hat. | ||
Der Helmstedter Theologieprofessor Justus Christoph Boehmer (1670 bis 1732, in Helmstedt von 1698 bis 1727) hat in einem Druck die bis dahin bekannten Grabstätten festgehalten. In der Kirche St.-Stephani befanden sich danach 1710 sehr viele Grabmäler, von denen heute noch 43 offenkundig nachgewiesen sind<ref>Schultz | Der Helmstedter Theologieprofessor Justus Christoph Boehmer (1670 bis 1732, in Helmstedt von 1698 bis 1727) hat in einem Druck die bis dahin bekannten Grabstätten festgehalten. In der Kirche St.-Stephani befanden sich danach 1710 sehr viele Grabmäler, von denen heute noch 43 offenkundig nachgewiesen sind<ref>{{Literatur |Autor=Hans Adolf Schultz |Titel=Die Grabmale in braunschweigischen Kirchen – St. Stephani-Kirche in Helmstedt |Sammelwerk=Braunschweigische Heimat |Nummer=49 |Datum=1963 |Seiten=100ff }}</ref>). Auch in der Marienberger Kirche befanden und befinden sich heute noch einige Grabsteine, gegenüber Stephani jedoch weniger. Böhmer hat 25 aufgelistet. Wir finden das Epitaph der Frau des Amtmanns Köhler, verstorben 1711, gleich von an der Südseite, und in der Turmkapelle rechts das der Domina Catharina Ursula Cuno, Tochter eines Helmstedter Bürgermeisters, verstorben am 15.10.1724. Das Epitaph entstammt der Werkstatt des Helmstedter Künstlers Michael Helwig, Kybitzstraße 25. In der linken Turmkapelle hat Hermann von der Hardt, Propst von 1698 bis zu seinem Tode 1746 und zugleich Professor an der Universität, die letzte Ruhe gefunden. An weitere Begräbnisse in alter Zeit erinnern die Epitaphe im Kreuzgang, und bis in unsere Zeit hinein wird für die Klosterbewohner der Innenhof als Begräbnisstätte genutzt. Für St.-Walpurgis sind auch über 1710 hinaus insgesamt 28 Begräbnisse in der Kirche, zum Teil in einem Gewölbe, festgestellt. | ||
Aber nicht immer sicherte das Begräbnis in einer Kirche die Erinnerung auf ewig. In der Collegienkirche am Markt/Ecke Neumärker Straße haben mindestens 35 Beisetzungen stattge-funden. Studenten, Professoren wie auch deren Angehörige liegen dort begraben. Die erste Beerdigung fand 1705, die letzte am 24.04.1808 statt. Der Universitätsquästor Ludwig Julius Urban Franckenfeld wurde am 30. Mai 1776 in einem Gewölbe in der Universitätskirche beigesetzt - NSAW 1 Kb 609, S. 464. Mit Schließung der Universität verlor diese Kirche ihre eigentliche Aufgabe. Die Orgel soll 1810 in die Kirche St. Marienberg, das Gestühl in das Juleum und die Glocke in das Landesmuseum nach Braunschweig gekommen sein. Die Gruft mit den 35 Helm-stedter Universitätsangehörigen wurde zugeworfen. Aus einer Akte aus dem vorigen Jahrhundert konnte ich ersehen, daß sich jemand darüber beschwerte, daß Arbeiter sich gegenseitig mit den Schädeln der dort Bestatteten bewarfen. | Aber nicht immer sicherte das Begräbnis in einer Kirche die Erinnerung auf ewig. In der Collegienkirche am Markt/Ecke Neumärker Straße haben mindestens 35 Beisetzungen stattge-funden. Studenten, Professoren wie auch deren Angehörige liegen dort begraben. Die erste Beerdigung fand 1705, die letzte am 24.04.1808 statt. Der Universitätsquästor Ludwig Julius Urban Franckenfeld wurde am 30. Mai 1776 in einem Gewölbe in der Universitätskirche beigesetzt - NSAW 1 Kb 609, S. 464. Mit Schließung der Universität verlor diese Kirche ihre eigentliche Aufgabe. Die Orgel soll 1810 in die Kirche St. Marienberg, das Gestühl in das Juleum und die Glocke in das Landesmuseum nach Braunschweig gekommen sein. Die Gruft mit den 35 Helm-stedter Universitätsangehörigen wurde zugeworfen. Aus einer Akte aus dem vorigen Jahrhundert konnte ich ersehen, daß sich jemand darüber beschwerte, daß Arbeiter sich gegenseitig mit den Schädeln der dort Bestatteten bewarfen. | ||
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Dagegen sind von unserem „Alten Friedhof" an der Gustav-Steinbrecher-Straße sämtliche Grabmonumente verschwunden. Noch im letzten Weltkrieg erinnerte mancher Stein an die eigentliche Nutzung dieser Anlage. Mit dem Einzug der Amerikaner wurde der „Alte Friedhof" Abstell- und Übungsplatz für Panzer und Lkw. Er wurde uns in einem verwüsteten Zustand zu-rückgegeben. Seitdem gibt es dort keine Erinnerung mehr an die Toten des vorigen Jahrhun-derts. | Dagegen sind von unserem „Alten Friedhof" an der Gustav-Steinbrecher-Straße sämtliche Grabmonumente verschwunden. Noch im letzten Weltkrieg erinnerte mancher Stein an die eigentliche Nutzung dieser Anlage. Mit dem Einzug der Amerikaner wurde der „Alte Friedhof" Abstell- und Übungsplatz für Panzer und Lkw. Er wurde uns in einem verwüsteten Zustand zu-rückgegeben. Seitdem gibt es dort keine Erinnerung mehr an die Toten des vorigen Jahrhun-derts. | ||
1871 war der Friedhof um die Marienberger Kirche nahezu belegt, obwohl man ihn 1847 noch einmal hatte erweitern können. Es kam 1872 zu einem Ankauf von zwei Morgen Land am Pastorenweg „Auf der Klappe". 1873 gab es dort die erste Beerdigung, auch die erste Leichenhalle wurde in jenem Jahr für 215 Taler errichtet. 1896 kaufte die Stadt weitere vier Morgen, nunmehr rechts vom Pastorenweg an, obwohl Probebohrungen ergeben hatten, daß in den Gruben Wasser stand. 1929 hatte die alte Friedhofskapelle ausgedient, eine neue und heute noch bestehende wurde gebaut<ref>Kleinert | 1871 war der Friedhof um die Marienberger Kirche nahezu belegt, obwohl man ihn 1847 noch einmal hatte erweitern können. Es kam 1872 zu einem Ankauf von zwei Morgen Land am Pastorenweg „Auf der Klappe". 1873 gab es dort die erste Beerdigung, auch die erste Leichenhalle wurde in jenem Jahr für 215 Taler errichtet. 1896 kaufte die Stadt weitere vier Morgen, nunmehr rechts vom Pastorenweg an, obwohl Probebohrungen ergeben hatten, daß in den Gruben Wasser stand. 1929 hatte die alte Friedhofskapelle ausgedient, eine neue und heute noch bestehende wurde gebaut<ref>{{Literatur |Autor=Rudolf Kleinert |Titel=Friedhof und Bestattung in Helmstedt |Ort=Helmstedt |Datum=1976 |ISBN= |Seiten=11–12 }}</ref>). | ||
Der Friedhof der katholischen St. Ludgeri-Gemeinde befand sich ebenfalls unmittelbar an der Kirche. Hier wurde bis 1838 beerdigt. Damals zählte die Gemeinde etwa 250 Seelen, heute sind es 4.000. Dann wich man auf ein Gartengrundstück Ecke Magdeburger Tor/Harbker Weg aus. Am 20.05.1838 war dort die erste Beerdigung. 1888 war dieser Friedhof nahezu belegt. | Der Friedhof der katholischen St. Ludgeri-Gemeinde befand sich ebenfalls unmittelbar an der Kirche. Hier wurde bis 1838 beerdigt. Damals zählte die Gemeinde etwa 250 Seelen, heute sind es 4.000. Dann wich man auf ein Gartengrundstück Ecke Magdeburger Tor/Harbker Weg aus. Am 20.05.1838 war dort die erste Beerdigung. 1888 war dieser Friedhof nahezu belegt. | ||
Zunächst beabsichtigte man deshalb, das Gelände zwischen dem Magdeburger Tor und dem Tangermühlenweg gegenüber dem heutigen Arbeitsamt anzukaufen. Schließlich entschied man sich für ein Gelände unmittelbar am Stephani-Friedhof. Der katholischen Kirchengemeinde wurde deshalb eine Fläche von einem Morgen dort überlassen, wo sich heute noch ihr Friedhof befindet. Auf der alten Stätte am Harbker Weg befindet sich heute ein katholischer Kindergarten. | Zunächst beabsichtigte man deshalb, das Gelände zwischen dem Magdeburger Tor und dem Tangermühlenweg gegenüber dem heutigen Arbeitsamt anzukaufen. Schließlich entschied man sich für ein Gelände unmittelbar am Stephani-Friedhof. Der katholischen Kirchengemeinde wurde deshalb eine Fläche von einem Morgen dort überlassen, wo sich heute noch ihr Friedhof befindet. Auf der alten Stätte am Harbker Weg befindet sich heute ein katholischer Kindergarten. | ||
Ein weiterer, aber schon seit 100 Jahren nicht mehr benutzter Friedhof befand sich an der heutigen Juliusstraße auf dem freien Gelände zum Batteriewall hin. Er diente den Bewohnern des Georgienhofes als Begräbnisstelle. Die vielen Helmstedtern noch unter dem Namen Jürgen-hof bekannten Gebäude wurden im Dezember 1968 abgerissen. Sie standen an der Südseite des Harsleber Tores. Ursprünglich war dieser Hof ein Spital, in dem Aussätzige, also Menschen mit einer ansteckenden Krankheit lebten. Zu dem Bereich gehörte auch die Georgskapelle | Ein weiterer, aber schon seit 100 Jahren nicht mehr benutzter Friedhof befand sich an der heutigen Juliusstraße auf dem freien Gelände zum Batteriewall hin. Er diente den Bewohnern des Georgienhofes als Begräbnisstelle. Die vielen Helmstedtern noch unter dem Namen Jürgen-hof bekannten Gebäude wurden im Dezember 1968 abgerissen. Sie standen an der Südseite des Harsleber Tores. Ursprünglich war dieser Hof ein Spital, in dem Aussätzige, also Menschen mit einer ansteckenden Krankheit lebten. Zu dem Bereich gehörte auch die Georgskapelle Neumärker/Juliusstraße (heute Juweliergeschäft). | ||
Der Hof wurde im 18. Jahrhundert der zur Stadt gehörenden Armenverwaltung übergeben. Die ihm weiterhin zustehenden Einkünfte, wie z. B. Zinsen aus Kapitalien und Pachtgelder, kamen damit in die Armenkasse. Nachdem es kein Hospital mehr war, wurden die Wohnungen an Familien auf Lebenszeit gegen ein geringes Entgelt - zuletzt 100 Taler - vermietet. | Der Hof wurde im 18. Jahrhundert der zur Stadt gehörenden Armenverwaltung übergeben. Die ihm weiterhin zustehenden Einkünfte, wie z. B. Zinsen aus Kapitalien und Pachtgelder, kamen damit in die Armenkasse. Nachdem es kein Hospital mehr war, wurden die Wohnungen an Familien auf Lebenszeit gegen ein geringes Entgelt - zuletzt 100 Taler - vermietet. | ||
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Im Mittelalter beerdigten die Juden ihre Angehörigen in der Nähe des Lappenberges (auf dem Gelände der heutigen Post und Nord/LB). Mit dem erkauften Abzug der Glaubensjuden, die letzte Familie verließ 1485 Helmstedt, hatte dieser Friedhof keine Bedeutung mehr. Er ver-fiel. Erst in der Franzosenzeit, Anfang des vorigen Jahrhunderts, durften sich Juden wieder in Helmstedt ansiedeln. So gab es 1812 eine israelitische Gemeinde. Deren Vorsteher, der Geldwechsler Moritz Lehmann, wandte sich an den Magistrat und bat um Überlassung einer eigenen Begräbnisstätte am sogenannten Schwarzen Berge an der heutigen Emmerstedter Straße. Wahrscheinlich wurde dieser Vorschlag nach Absprache mit der Stadt gemacht, denn der Platz auf dem Gelände der heutigen „Hellac" lag weit draußen und bestand nur aus Sand und Heide. Die jüdische Gemeinde erhielt 1813 diese Stelle zugewiesen. Von dieser Zeit an fanden dort auch Juden aus der Umgebung ihre letzte Ruhe, so z. B. 1821 ein Kind aus Weferlingen, weil es in diesem Ort keinen jüdischen Friedhof gab. | Im Mittelalter beerdigten die Juden ihre Angehörigen in der Nähe des Lappenberges (auf dem Gelände der heutigen Post und Nord/LB). Mit dem erkauften Abzug der Glaubensjuden, die letzte Familie verließ 1485 Helmstedt, hatte dieser Friedhof keine Bedeutung mehr. Er ver-fiel. Erst in der Franzosenzeit, Anfang des vorigen Jahrhunderts, durften sich Juden wieder in Helmstedt ansiedeln. So gab es 1812 eine israelitische Gemeinde. Deren Vorsteher, der Geldwechsler Moritz Lehmann, wandte sich an den Magistrat und bat um Überlassung einer eigenen Begräbnisstätte am sogenannten Schwarzen Berge an der heutigen Emmerstedter Straße. Wahrscheinlich wurde dieser Vorschlag nach Absprache mit der Stadt gemacht, denn der Platz auf dem Gelände der heutigen „Hellac" lag weit draußen und bestand nur aus Sand und Heide. Die jüdische Gemeinde erhielt 1813 diese Stelle zugewiesen. Von dieser Zeit an fanden dort auch Juden aus der Umgebung ihre letzte Ruhe, so z. B. 1821 ein Kind aus Weferlingen, weil es in diesem Ort keinen jüdischen Friedhof gab. | ||
1873 will die jüdische Gemeinde ihren Platz einfriedigen. Ihr Vorsteher, der Kaufmann | 1873 will die jüdische Gemeinde ihren Platz einfriedigen. Ihr Vorsteher, der Kaufmann Friede, Papenberg 1, erbittet von der Stadt 400 Taler als Zuschuß für den Bau einer Mauer. Es stellt sich aber heraus, daß diese zu teuer wäre. Man verhandelt deshalb wegen eines anderen Platzes, der von vornherein entsprechend geschützt und der auch so beschaffen ist, daß zum Schmücken der Gräber Blumen mit Erfolg angepflanzt werden können. So bekommt die jüdische Gemeinde an der Magdeburger Straße einen neuen Friedhof, auf dem 1892 mit dem Begräbnis des Herm Friede die erste Beerdigung stattfindet. | ||
Was aber sollte mit dem alten Friedhof am Schwarzen Berge werden? Der Vorsteher der israelitischen Gemeinde war bereit, ihn der Stadt zu überlassen. Das aber stieß auf den Protest des Landesrabbiners Dr. Rulf aus Braunschweig, denn die Veräußerung eines jüdischen Begräbnis-platzes sei durch Gesetz und Herkommen streng untersagt. Der Rabbi verwies auf die Statten, die über Jahrhunderte hinaus, so z. B. der alte Friedhof in Prag, der in Berlin sogar an einer verkehrsreichen Straße, erhalten geblieben sind und weiter erhalten werden. Er hätte auch den in Worms nennen können. | Was aber sollte mit dem alten Friedhof am Schwarzen Berge werden? Der Vorsteher der israelitischen Gemeinde war bereit, ihn der Stadt zu überlassen. Das aber stieß auf den Protest des Landesrabbiners Dr. Rulf aus Braunschweig, denn die Veräußerung eines jüdischen Begräbnis-platzes sei durch Gesetz und Herkommen streng untersagt. Der Rabbi verwies auf die Statten, die über Jahrhunderte hinaus, so z. B. der alte Friedhof in Prag, der in Berlin sogar an einer verkehrsreichen Straße, erhalten geblieben sind und weiter erhalten werden. Er hätte auch den in Worms nennen können. | ||
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Es kam der 1. Weltkrieg. Die Produktion - auch von Glas - hatte gegenüber der Pietät Vor-rang. Die Glashütte beutete das Gelände einfach aus. Der Friedhof verschwand. 1938 wurde die Sache wieder aufgegriffen. Eine jüdische Gemeinde gab es in Helmstedt weiterhin nicht. Das Grundstück „Am Schinderkamp" - in dieser Flur lag der Friedhof - wurde öffentlich aufgeboten und schließlich die Stadt Helmstedt im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Sehr wahrscheinlich gehört es heute noch der Stadt, denn 1943 erging die Verfügung, daß, da das Volkswagenwerk wegen des reichen Sandvorkommens Wert auf diese Grundstücke legt, es nicht an-derweitig, allenfalls nur an dieses Unternehmen verkauft werden dürfe. | Es kam der 1. Weltkrieg. Die Produktion - auch von Glas - hatte gegenüber der Pietät Vor-rang. Die Glashütte beutete das Gelände einfach aus. Der Friedhof verschwand. 1938 wurde die Sache wieder aufgegriffen. Eine jüdische Gemeinde gab es in Helmstedt weiterhin nicht. Das Grundstück „Am Schinderkamp" - in dieser Flur lag der Friedhof - wurde öffentlich aufgeboten und schließlich die Stadt Helmstedt im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Sehr wahrscheinlich gehört es heute noch der Stadt, denn 1943 erging die Verfügung, daß, da das Volkswagenwerk wegen des reichen Sandvorkommens Wert auf diese Grundstücke legt, es nicht an-derweitig, allenfalls nur an dieses Unternehmen verkauft werden dürfe. | ||
Auch um die Walpurgiskirche herum wurde beerdigt. Nach Paul Jonas Meier besaß die Kirche die Taufgerechtigkeit ,trotz des in ihr befindlichen Taufsteins nicht, dagegen besaß sie noch im XVIII. Jahrh. Begräbnisrecht"<ref> | Auch um die Walpurgiskirche herum wurde beerdigt. Nach Paul Jonas Meier besaß die Kirche die Taufgerechtigkeit ,trotz des in ihr befindlichen Taufsteins nicht, dagegen besaß sie noch im XVIII. Jahrh. Begräbnisrecht"<ref>{{Literatur |Autor=Paul Jonas Meier |Titel=Die Bau- und Kunstdenkmäler des Landkreises Helmstedt |Ort=Wolfenbüttel |Datum=1896 |ISBN= |Seiten=75 }}</ref>). Außerlich erkennbar ist dies durch den großen Grasplatz um die Kirche herum und durch den an der Außenwand (zur Walpurgisstraße hin) angebrachten Grabstein der Marie Catharine Cherubim geb. Calixt, gestorben am 18.12.1706, Ehefrau des 2 Bürgermeisters Martin Albert Cherubim. Vor diesem Epitaph liegen weiter zwei Steinsärge bzw. deren Abdeckungen. | ||
Aber auch innerhalb der Kirche befinden sich Gräber. Robert Schaper hat in einer privaten Aufzeichnung allein 28 aufgelistet. Nicht dort, aber auf dem eigentlichen Kirchhof kam auch mancher zur letzten Ruhe, der unverschuldet tödliches Opfer einer strafbaren Handlung geworden war. So wurde am 01.05.1636 Christoph Müller auf dem Walpurgis-Kirchhof begraben. Ihn hatten, es war im dreißigjährigen Krieg, ,zwey Soldaten gehauen undt gestochen, das er also balde todt bleiben und folgend dienstags am 3t May uf S. Walpurgis Kirchof begraben" (so das Kirchenbuch). Am 09.02.1644 wurde dort ein Henning auf dem Löwenbleek in der Neumark (heute Braunschweiger Straße 32, Herberge zur Heimat) so auf den Kopf geschlagen, daß er tödlich verletzt wurde. Wenige Wochen später wurde vor dem „Lüderschen Thor" (Ludgeritor) Henning Kiene erschlagen und ebenfalls auf St.-Walpurgis bestattet. Ein Jahr später war es je-mand, der sich „bey dem brauen im heißen Wasser verbrandt" hatte. Am 25.02.1654 wurde ein Kind begraben ,bey den alten Fleischscharren, des morgens, funden worden, ist gewesen, eben als es vom Mutterleibe kommen, ... von der Raben Mutter hat man nichts erfahren können." 1657 brachte eine Mutter ihr nichteheliches Kind dadurch um, daß sie „dem Kinde mit dem Daumen die Kehle eingedrückt". Die Mutter wurde im Nordertorteich ersäuft und danach anato-miert, das Kind auf St.-Walpurgis beerdigt. | Aber auch innerhalb der Kirche befinden sich Gräber. Robert Schaper hat in einer privaten Aufzeichnung allein 28 aufgelistet. Nicht dort, aber auf dem eigentlichen Kirchhof kam auch mancher zur letzten Ruhe, der unverschuldet tödliches Opfer einer strafbaren Handlung geworden war. So wurde am 01.05.1636 Christoph Müller auf dem Walpurgis-Kirchhof begraben. Ihn hatten, es war im dreißigjährigen Krieg, ,zwey Soldaten gehauen undt gestochen, das er also balde todt bleiben und folgend dienstags am 3t May uf S. Walpurgis Kirchof begraben" (so das Kirchenbuch). Am 09.02.1644 wurde dort ein Henning auf dem Löwenbleek in der Neumark (heute Braunschweiger Straße 32, Herberge zur Heimat) so auf den Kopf geschlagen, daß er tödlich verletzt wurde. Wenige Wochen später wurde vor dem „Lüderschen Thor" (Ludgeritor) Henning Kiene erschlagen und ebenfalls auf St.-Walpurgis bestattet. Ein Jahr später war es je-mand, der sich „bey dem brauen im heißen Wasser verbrandt" hatte. Am 25.02.1654 wurde ein Kind begraben ,bey den alten Fleischscharren, des morgens, funden worden, ist gewesen, eben als es vom Mutterleibe kommen, ... von der Raben Mutter hat man nichts erfahren können." 1657 brachte eine Mutter ihr nichteheliches Kind dadurch um, daß sie „dem Kinde mit dem Daumen die Kehle eingedrückt". Die Mutter wurde im Nordertorteich ersäuft und danach anato-miert, das Kind auf St.-Walpurgis beerdigt. | ||