Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt: Unterschied zwischen den Versionen

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Auch um die Walpurgiskirche herum wurde beerdigt. Nach Paul Jonas Meier besaß die Kirche die Taufgerechtigkeit ,trotz des in ihr befindlichen Taufsteins nicht, dagegen besaß sie noch im XVIII. Jahrh. Begräbnisrecht"<ref>{{Literatur |Autor=Paul Jonas Meier |Titel=Die Bau- und Kunstdenkmäler des Landkreises Helmstedt |Ort=Wolfenbüttel |Datum=1896 |ISBN= |Seiten=75 }}</ref>). Außerlich erkennbar ist dies durch den großen Grasplatz um die Kirche herum und durch den an der Außenwand (zur Walpurgisstraße hin) angebrachten Grabstein der Marie Catharine Cherubim geb. Calixt, gestorben am 18.12.1706, Ehefrau des 2 Bürgermeisters Martin Albert Cherubim. Vor diesem Epitaph liegen weiter zwei Steinsärge bzw. deren Abdeckungen.
Auch um die Walpurgiskirche herum wurde beerdigt. Nach Paul Jonas Meier besaß die Kirche die Taufgerechtigkeit ,trotz des in ihr befindlichen Taufsteins nicht, dagegen besaß sie noch im XVIII. Jahrh. Begräbnisrecht"<ref>{{Literatur |Autor=Paul Jonas Meier |Titel=Die Bau- und Kunstdenkmäler des Landkreises Helmstedt |Ort=Wolfenbüttel |Datum=1896 |ISBN= |Seiten=75 }}</ref>). Außerlich erkennbar ist dies durch den großen Grasplatz um die Kirche herum und durch den an der Außenwand (zur Walpurgisstraße hin) angebrachten Grabstein der Marie Catharine Cherubim geb. Calixt, gestorben am 18.12.1706, Ehefrau des 2 Bürgermeisters Martin Albert Cherubim. Vor diesem Epitaph liegen weiter zwei Steinsärge bzw. deren Abdeckungen.


Aber auch innerhalb der Kirche befinden sich Gräber. Robert Schaper hat in einer privaten Aufzeichnung allein 28 aufgelistet. Nicht dort, aber auf dem eigentlichen Kirchhof kam auch mancher zur letzten Ruhe, der unverschuldet tödliches Opfer einer strafbaren Handlung geworden war. So wurde am 01.05.1636 Christoph Müller auf dem Walpurgis-Kirchhof begraben. Ihn hatten, es war im dreißigjährigen Krieg, ,zwey Soldaten gehauen undt gestochen, das er also balde todt bleiben und folgend dienstags am 3t May uf S. Walpurgis Kirchof begraben" (so das Kirchenbuch). Am 09.02.1644 wurde dort ein Henning auf dem Löwenbleek in der Neumark (heute Braunschweiger Straße 32, Herberge zur Heimat) so auf den Kopf geschlagen, daß er tödlich verletzt wurde. Wenige Wochen später wurde vor dem „Lüderschen Thor" (Ludgeritor) Henning Kiene erschlagen und ebenfalls auf St.-Walpurgis bestattet. Ein Jahr später war es je-mand, der sich „bey dem brauen im heißen Wasser verbrandt" hatte. Am 25.02.1654 wurde ein Kind begraben ,bey den alten Fleischscharren, des morgens, funden worden, ist gewesen, eben als es vom Mutterleibe kommen, ... von der Raben Mutter hat man nichts erfahren können." 1657 brachte eine Mutter ihr nichteheliches Kind dadurch um, daß sie „dem Kinde mit dem Daumen die Kehle eingedrückt". Die Mutter wurde im Nordertorteich ersäuft und danach anato-miert, das Kind auf St.-Walpurgis beerdigt.
Aber auch innerhalb der Kirche befinden sich Gräber. [[Robert Schaper]] hat in einer privaten Aufzeichnung allein 28 aufgelistet. Nicht dort, aber auf dem eigentlichen Kirchhof kam auch mancher zur letzten Ruhe, der unverschuldet tödliches Opfer einer strafbaren Handlung geworden war. So wurde am 1. Mai [[1636]] Christoph Müller auf dem Walpurgis-Kirchhof begraben. Ihn hatten, es war im dreißigjährigen Krieg, ,zwey Soldaten gehauen undt gestochen, das er also balde todt bleiben und folgend dienstags am 3t May uf S. Walpurgis Kirchof begraben" (so das Kirchenbuch). Am 9. Februar [[1644]] wurde dort ein Henning auf dem Löwenbleek in der Neumark (heute [[Braunschweiger Straße]] 32, Herberge zur Heimat) so auf den Kopf geschlagen, dass er tödlich verletzt wurde. Wenige Wochen später wurde vor dem „Lüderschen Thor" (Ludgeritor) Henning Kiene erschlagen und ebenfalls auf St.-Walpurgis bestattet. Ein Jahr später war es jemand, der sich „bey dem brauen im heißen Wasser verbrandt" hatte. Am 25. Februar [[1654]] wurde ein Kind begraben ,bey den alten Fleischscharren, des morgens, funden worden, ist gewesen, eben als es vom Mutterleibe kommen, von der Raben Mutter hat man nichts erfahren können." [[1657]] brachte eine Mutter ihr nichteheliches Kind dadurch um, dass sie „dem Kinde mit dem Daumen die Kehle eingedrückt". Die Mutter wurde im Nordertorteich ersäuft und danach anatomiert, das Kind auf St.-Walpurgis beerdigt.


Auch Selbstmörder fanden dort ihre letzte Ruhe, so die Dienstmagd Margaretha. Sie war am 17.10.1674 um 05.00 Uhr morgens in einen Brunnen gesprungen und hatte sich so das Leben genommen. Ihre letzte Ruhe fand sie auf Walpurgis ,wobey ein wenig geläutet und gesungen wurde, (aber ohne Beyseyn eines predigers). „ - „Sine lux sine crux" (ohne Licht, also bei Dun-kelheit, oder ohne Kerzen, ohne Kreuz) wurde am 05.02.1652 G. Beseken, Verwalter des Klosters „Unserer Lieben Frauen auf dem Berge" (Marienberg) „bey der Feldfoigtey, außerhalb des Kirchhofes an der Mauer" beerdigt. Er hatte sich vier Tage vorher in seiner Kammer erschossen.
Auch Selbstmörder fanden dort ihre letzte Ruhe, so die Dienstmagd Margaretha. Sie war am 17. Oktober [[1674]] um 5:00 Uhr morgens in einen Brunnen gesprungen und hatte sich so das Leben genommen. Ihre letzte Ruhe fand sie auf Walpurgis ,wobey ein wenig geläutet und gesungen wurde, (aber ohne Beyseyn eines predigers). „ - „Sine lux sine crux“ (ohne Licht, also bei Dunkelheit, oder ohne Kerzen, ohne Kreuz) wurde am 5. Februar [[1652]] G. Beseken, Verwalter des Klosters „Unserer Lieben Frauen auf dem Berge" (Marienberg) „bey der Feldfoigtey, außerhalb des Kirchhofes an der Mauer“ beerdigt. Er hatte sich vier Tage vorher in seiner Kammer erschossen.
Die Feldvogtei war im Hause Braunschweiger Tor Nr. 4. Es zeigt heute noch über dem Eingang mit dem Pferd das sog. kleine herzoglich braunschweigische Wappen des Fürstentums (siehe dazu das Kapitel „[[Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt#Das Helmstedter Stadtwappen|Das Helmstedter Stadtwappen]]“).
Die Feldvogtei war im Hause [[Braunschweiger Tor]] Nr. 4. Es zeigt heute noch über dem Eingang mit dem Pferd das sogenannte kleine herzoglich braunschweigische Wappen des Fürstentums (siehe dazu das Kapitel „[[Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt#Das Helmstedter Stadtwappen|Das Helmstedter Stadtwappen]]“).


Ebenfalls ohne Sang und Klang wurde eine Bedienstete der Universitätsapotheke am 26.10.1679 an der Mauer auf dem St. Walpurgis-Kirchhof beigesetzt, sie hatte ,daß Unmuth Ratzenpulver zu sich genommen „(Rattenpulver). Daß es in diesen bedauerlichen Fällen auch anders gehen konnte, zeigt die Eintragung unter dem 05.03.1697. Die Ehefrau des Daniel Klei-berg hatte ebenfalls Rattenpulver eingenommen und war drei Tage später daran gestorben. „Ist dennoch auff gnädigste Verordnung des Geh. Fürstlich. Consist. auf St. Stephani-Kirchhof nahe der Stadtmauer, bey der Kalkkuhle begraben." Beim Leichenbegängnis wurde gesungen: „Erbarm Dich mein", und in der Kirche wurde eine Trauerpredigt gehalten, die mit dem Segen geschlossen wurde.
Ebenfalls ohne Sang und Klang wurde eine Bedienstete der Universitätsapotheke am 26. Okotber [[1679]] an der Mauer auf dem St. Walpurgis-Kirchhof beigesetzt, sie hatte ,daß Unmuth Ratzenpulver zu sich genommen „(Rattenpulver). Dass es in diesen bedauerlichen Fällen auch anders gehen konnte, zeigt die Eintragung unter dem 5. März [[1697]]. Die Ehefrau des Daniel Kleiberg hatte ebenfalls Rattenpulver eingenommen und war drei Tage später daran gestorben. „Ist dennoch auff gnädigste Verordnung des Geh. Fürstlich. Consist. auf St. Stephani-Kirchhof nahe der Stadtmauer, bey der Kalkkuhle begraben.Beim Leichenbegängnis wurde gesungen: „Erbarm Dich mein“, und in der Kirche wurde eine Trauerpredigt gehalten, die mit dem Segen geschlossen wurde.


Trösten wir uns damit, daß vor Gott alle Menschen gleich sind und daß er auch den Sündern, denen die Kirche auf ihrem letzten Wege den Beistand verweigern zu müssen glaubte, seine Gnade erwiesen haben wird.
Trösten wir uns damit, dass vor Gott alle Menschen gleich sind und dass er auch den Sündern, denen die Kirche auf ihrem letzten Wege den Beistand verweigern zu müssen glaubte, seine Gnade erwiesen haben wird.


Beenden wir dieses von viel Leid handelnde Kapitel mit einem Eintrag in dem evangelischen Kirchenbuch vom Juli [[1793]]: „auf einem Montage ist unerfahrener weise der Pater-Kellner N.N. vom [[Closter St. Ludgeri]] des Morgens um 05.00 Uhr, in dem großen Graß Garten eben berührten Closters, auf den Kopf in einen Graben gestürzt, und hat auf diese Art elend sein Leben verloren.“ N.N. heißt, daß der (eigentliche) Name dem Kirchenbuchführer unbekannt geblieben ist.
Beenden wir dieses von viel Leid handelnde Kapitel mit einem Eintrag in dem evangelischen Kirchenbuch vom Juli [[1793]]: „auf einem Montage ist unerfahrener weise der Pater-Kellner N.N. vom [[Closter St. Ludgeri]] des Morgens um 05.00 Uhr, in dem großen Graß Garten eben berührten Closters, auf den Kopf in einen Graben gestürzt, und hat auf diese Art elend sein Leben verloren.“ N.N. heißt, daß der (eigentliche) Name dem Kirchenbuchführer unbekannt geblieben ist.