Kraftwerk Buschhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Name ''Buschhaus'' geht auf ein nahe [[Büddenstedt]] gelegenes Wohnhaus zurück, das die Herzoglichen Braunkohlenbergwerke [[1863]] für ihre Bergarbeiter erbaut hatten und dem der Name ''Buschhaus'' gegeben wurde. [[1972]] musste es dem Tagebau weichen und wurde abgerissen. [[1977]] begann ein Raumordnungsverfahren für den Bau eines neuen Kraftwerks, dessen Standort nahe dem ehemaligen Buschhaus gewählt wurde. Am 8. Mai [[1979]] beschloss der Aufsichtsrat der [[Braunschweigische Kohlen-Bergwerke|Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke AG]], das neue Kraftwerk nach der alten Bezeichnung ''Buschhaus'' zu nennen.<ref>Hermann Koerber: ''Das Buschhaus.'' In: ''Kreisbuch 2013 des Landkreises Helmstedt'', S. 97–100.</ref>
Der Name ''Buschhaus'' geht auf ein nahe [[Büddenstedt]] gelegenes Wohnhaus zurück, das die Herzoglichen Braunkohlenbergwerke [[1863]] für ihre Bergarbeiter erbaut hatten und dem der Name ''Buschhaus'' gegeben wurde. [[1972]] musste es dem Tagebau weichen und wurde abgerissen. [[1977]] begann ein Raumordnungsverfahren für den Bau eines neuen Kraftwerks, dessen Standort nahe dem ehemaligen Buschhaus gewählt wurde. Am 8. Mai [[1979]] beschloss der Aufsichtsrat der [[Braunschweigische Kohlen-Bergwerke|Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke AG]], das neue Kraftwerk nach der alten Bezeichnung ''Buschhaus'' zu nennen.<ref>Hermann Koerber: ''Das Buschhaus.'' In: ''Kreisbuch 2013 des Landkreises Helmstedt'', S. 97–100.</ref>


Das Kraftwerk wurde Ende der 1970er-Jahre geplant und sollte mit der schwefelhaltigen (10-facher Schwefelgehalt wie Kohle aus dem Rheinischen Revier) Salzkohle der Umgebung betrieben werden. Für die benötigte Menge wurde eigens ein neuer Tagebau, der [[Tagebau Schöningen]], aufgefahren. Der damalige Betreiber [[Braunschweigische Kohlen-Bergwerke]] (BKB) stützte sich auf die [[CDU]]-geführte Niedersächsische Landesregierung und verweigerte den Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage als nicht dem Stand der Technik entsprechend. Ein sehr hoher Schornstein sollte stattdessen für eine Verteilung der Schadstoffe sorgen.<ref name="Spiegel: Blanker Wahnsinn">''[https://www.spiegel.de/politik/blanker-wahnsinn-a-4607d4c5-0002-0001-0000-000013509828 Blanker Wahnsinn – Der Bau des niedersächsischen Kraftwerks Buschhaus gerät zum Milliarden-Skandal]'' In: Der Spiegel, 22. April 1984, abgerufen am 18. April 2024.</ref> Die Einsicht zum Einbau der Rauchgasentschwefelungsanlage in Buschhaus setzte sich erst langsam durch. Nach Ansicht der Landesregierung wäre die Nachrüstung erst nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks Buschhaus möglich gewesen. In dieser Zeit gab es mehrere Protestaktionen von Umweltschützern, unter anderem von Greenpeace-Aktivisten, die am 3. August [[1984]] in einer spektakulären Aktion den Kühlturm erklommen und ein Transparent mit der Aufschrift ''So nicht!'' entrollten.<ref>Astrid M. Eckert: ''West Germany and the Iron Curtain. Environment, Economy, and Culture in the Borderlands'', ISBN 978-0-19-069005-2, S. 1.</ref> [[1980]] begann der Bau des Kraftwerks, das 0,4 % des westdeutschen Stroms, aber 6 % der Schmutzemmissionen der BRD erzeugte und von westdeutschen Medien oft als „größte Dreckschleuder der Nation“ bezeichnet wurde.<ref>Gerhard Spörl: [https://www.zeit.de/1987/51/vertrauen-ist-gut-kontrolle-auch ''Vertrauen ist gut, Kontrolle auch.''] In: ''Die Zeit''. 11. Dezember 1987, abgerufen am 22. August 2020.</ref> Auch die DDR beschwerte sich über das Kraftwerk, das mehr Schwefeldioxidemmissionen als der ganze Bezirk Magdeburg erzeuge.<ref name="Spiegel: Blanker Wahnsinn" />
Das Kraftwerk wurde Ende der 1970er-Jahre geplant und sollte mit der schwefelhaltigen (10-facher Schwefelgehalt wie Kohle aus dem Rheinischen Revier) Salzkohle der Umgebung betrieben werden. Für die benötigte Menge wurde eigens ein neuer Tagebau, der [[Tagebau Schöningen]], aufgefahren. Der damalige Betreiber [[Braunschweigische Kohlen-Bergwerke]] (BKB) stützte sich auf die [[CDU]]-geführte Niedersächsische Landesregierung und verweigerte den Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage als nicht dem Stand der Technik entsprechend. Ein sehr hoher Schornstein sollte stattdessen für eine Verteilung der Schadstoffe sorgen.<ref name="Spiegel: Blanker Wahnsinn">''[https://www.spiegel.de/politik/blanker-wahnsinn-a-4607d4c5-0002-0001-0000-000013509828 Blanker Wahnsinn – Der Bau des niedersächsischen Kraftwerks Buschhaus gerät zum Milliarden-Skandal]'' In: Der Spiegel, 22. April 1984, abgerufen am 18. April 2024.</ref> Die Einsicht zum Einbau der Rauchgasentschwefelungsanlage in Buschhaus setzte sich erst langsam durch. Nach Ansicht der Landesregierung wäre die Nachrüstung erst nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks Buschhaus möglich gewesen. In dieser Zeit gab es mehrere Protestaktionen von Umweltschützern, unter anderem von Greenpeace-Aktivisten, die am 3. August [[1984]] in einer spektakulären Aktion den Kühlturm erklommen und ein Transparent mit der Aufschrift ''So nicht!'' entrollten.<ref>Astrid M. Eckert: ''West Germany and the Iron Curtain. Environment, Economy, and Culture in the Borderlands'', ISBN 978-0-19-069005-2, S. 1.</ref> [[1980]] begann der Bau des Kraftwerks, das 0,4 % des westdeutschen Stroms, aber 6 % der Schmutzemmissionen der BRD erzeugte und von westdeutschen Medien oft als „größte Dreckschleuder der Nation“ bezeichnet wurde.<ref>Gerhard Spörl: [https://www.zeit.de/1987/51/vertrauen-ist-gut-kontrolle-auch ''Vertrauen ist gut, Kontrolle auch.''] In: ''Die Zeit''. 11. Dezember 1987, abgerufen am 22. August 2020.</ref> Auch die DDR beschwerte sich über das Kraftwerk, das mehr Schwefeldioxidemissionen als der ganze Bezirk Magdeburg erzeuge.<ref name="Spiegel: Blanker Wahnsinn" />


Die neue Bundesregierung Kohl setzte sich aufgrund des starken politischen Drucks für eine zwei Jahre spätere Inbetriebnahme von Buschhaus ein, um dann mit einer Entschwefelungsanlage den Betrieb anzufahren. Damit stand sie gegen die niedersächsische Landesregierung von Ernst Albrecht. In einer von der [[SPD]] einberufenen Sondersitzung des Bundestages am 31. Juli [[1984]], zu der die Abgeordneten aus dem Urlaub gerufen wurden, beschlossen die Politiker einen Kompromiss: Buschhaus durfte ans Netz gehen, ohne Rauchgasentschwefelungsanlage jedoch nicht die schwefelhaltige Salzkohle verfeuern, sondern schwefelarme Kohlesorten aus anderen Bergwerken. Durch weitere juristische Auseinandersetzungen wurde die Inbetriebnahme noch bis zum März [[1985]] verschoben. Am 30. Juli [[1985]] ging das Kraftwerk ans Netz.<ref>[https://www.helmstedt.de/magazin/artikel.php?artikel=1520&menuid=625&topmenu=625&date=2013-06-26 ''Geschichte 1980 bis 1989.''] In: ''helmstedt.de''. [[Landkreis Helmstedt]], 26. Juni 2013, abgerufen am 25. Februar 2018.</ref>
Die neue Bundesregierung Kohl setzte sich aufgrund des starken politischen Drucks für eine zwei Jahre spätere Inbetriebnahme von Buschhaus ein, um dann mit einer Entschwefelungsanlage den Betrieb anzufahren. Damit stand sie gegen die niedersächsische Landesregierung von Ernst Albrecht. In einer von der [[SPD]] einberufenen Sondersitzung des Bundestages am 31. Juli [[1984]], zu der die Abgeordneten aus dem Urlaub gerufen wurden, beschlossen die Politiker einen Kompromiss: Buschhaus durfte ans Netz gehen, ohne Rauchgasentschwefelungsanlage jedoch nicht die schwefelhaltige Salzkohle verfeuern, sondern schwefelarme Kohlesorten aus anderen Bergwerken. Durch weitere juristische Auseinandersetzungen wurde die Inbetriebnahme noch bis zum März [[1985]] verschoben. Am 30. Juli [[1985]] ging das Kraftwerk ans Netz.<ref>[https://www.helmstedt.de/magazin/artikel.php?artikel=1520&menuid=625&topmenu=625&date=2013-06-26 ''Geschichte 1980 bis 1989.''] In: ''helmstedt.de''. [[Landkreis Helmstedt]], 26. Juni 2013, abgerufen am 25. Februar 2018.</ref>