Emmerstedt: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
=== Ur- und Frühgeschichte ===
=== Ur- und Frühgeschichte ===
Funde von Feuerstätten aus der mittleren Steinzeit nach dem Ende der Eiszeit sind die ältesten Spuren, die eine Besiedlung der Gemarkung Emmerstedt nachweisen. Sie sind etwa 6.000 bis 8.000 Jahre alt. Die Menschen dieser Zeit lebten noch ausschließlich von der Jagd, dem Fischen und dem Sammeln natürlicher Nahrungsmittel. Die Funde weisen auf ehemalige Lagerplätze dieser Jägergruppen hin. Um 5.000 v. Chr., in der Jungsteinzeit, wanderten die ersten Ackerbauern und Viehhalter in die Gegend von Emmerstedt ein. Erst um 3.500 v. Chr. erfolgte gleich an mehreren Stellen die Anlage von Siedlungsplätzen durch steinzeitliche Bauern. Es waren die gleichen Menschen, die an den Grenzen ihrer Feldmarken mit einfachsten technischen Mitteln die monumentalen Großsteingräber [[Lübbensteine]] errichteten. Von der Einwanderung der Indogermanen in der späten Jungsteinzeit um 2.800 v. Chr. zeugen einzelne Funde steinerner Streitäxte.
Funde von Feuerstätten aus der mittleren Steinzeit nach dem Ende der Eiszeit sind die ältesten Spuren, die eine Besiedlung der Gemarkung Emmerstedt nachweisen. Sie sind etwa 6.000 bis 8.000 Jahre alt. Die Menschen dieser Zeit lebten noch ausschließlich von der Jagd, dem Fischen und dem Sammeln natürlicher Nahrungsmittel. Die Funde weisen auf ehemalige Lagerplätze dieser Jägergruppen hin. Um 5.000 v. Chr., in der Jungsteinzeit, wanderten die ersten Ackerbauern und Viehhalter in die Gegend von Emmerstedt ein. Erst um 3.500 v. Chr. erfolgte gleich an mehreren Stellen die Anlage von Siedlungsplätzen durch steinzeitliche Bauern. Es waren die gleichen Menschen, die an den Grenzen ihrer Feldmarken mit einfachsten technischen Mitteln die monumentalen Großsteingräber [[Lübbensteine]] errichteten. Von der Einwanderung der Indogermanen in der späten Jungsteinzeit um 2.800 v. Chr. zeugen einzelne Funde steinerner Streitäxte.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier">Sabine Burchardt, Katja Diedrich, Gerhard Kaminski, Gerhard Loos, Irena Tarant: ''Emmerstedt in Geschichte und Gegenwart – Eine Festschrift zur 825-Jahrfeier 2011''. Januar 2011.</ref>


Die Besiedlung der Gemarkung während der Bronzezeit setzte erst spät, um 1.200 v. Chr., ein. Aus einem jüngeren Abschnitt der Bronzezeit (zwischen 1.000 und 700 v. Chr.) lassen sich eine Siedlung und von mindestens zwei Stellen Urnengräber nachweisen, eines davon noch im Grabhügel. In dieser Zeit erfolgte der Übergang von der Körper- zur Brandbestattungssitte. In der Eisenzeit schien sich die Besiedlung kontinuierlich fortzusetzen, wie durch mindestens zwei Urnenfriedhöfe – einer davon sogar mit Grabhügel – nachgewiesen ist. Auch eine zugehörige Siedlung ist bekannt. Zumindest der Urnenfriedhof am Schützenplatz war bis in die frühgermanische Zeit zwischen 500 und 300 v. Chr. weiter belegt. Bei den hier siedelnden Menschen handelte es sich um suebische Stämme, das heißt Germanen aus dem Elbraum, vielleicht schon Langobarden.
Die Besiedlung der Gemarkung während der Bronzezeit setzte erst spät, um 1.200 v. Chr., ein. Aus einem jüngeren Abschnitt der Bronzezeit (zwischen 1.000 und 700 v. Chr.) lassen sich eine Siedlung und von mindestens zwei Stellen Urnengräber nachweisen, eines davon noch im Grabhügel. In dieser Zeit erfolgte der Übergang von der Körper- zur Brandbestattungssitte. In der Eisenzeit schien sich die Besiedlung kontinuierlich fortzusetzen, wie durch mindestens zwei Urnenfriedhöfe – einer davon sogar mit Grabhügel – nachgewiesen ist. Auch eine zugehörige Siedlung ist bekannt. Zumindest der Urnenfriedhof am Schützenplatz war bis in die frühgermanische Zeit zwischen 500 und 300 v. Chr. weiter belegt. Bei den hier siedelnden Menschen handelte es sich um suebische Stämme, das heißt Germanen aus dem Elbraum, vielleicht schon Langobarden.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>


Seit etwa 200 n. Chr. liegen wieder Spuren einer Besiedlung sowohl durch eine Siedlung als auch durch Graburnen vor, wobei die Siedlung möglicherweise bereits im 1. Jahrhundert angelegt wurde. Beide enden am Beginn des 5. Jahrhunderts. Emmerstedt lag in dieser Zeit im Grenzgebiet zwischen Langobarden und frühen Thüringern. Bis zur Neugründung des heutigen Ortes vermutlich im frühen Mittelalter setzte anschließend eine nachweisbare Besiedlung der Gemarkung aus. Im Emmerstedter [[Museumshof Emmerstedt|Ortsmuseum]] an der [[Leineweberstraße]] sind zahlreich Fundstücke aus vorgeschichtlicher Zeit, teilweise als Nachbildung, ausgestellt.
Seit etwa 200 n. Chr. liegen wieder Spuren einer Besiedlung sowohl durch eine Siedlung als auch durch Graburnen vor, wobei die Siedlung möglicherweise bereits im 1. Jahrhundert angelegt wurde. Beide enden am Beginn des 5. Jahrhunderts. Emmerstedt lag in dieser Zeit im Grenzgebiet zwischen Langobarden und frühen Thüringern. Bis zur Neugründung des heutigen Ortes vermutlich im frühen Mittelalter setzte anschließend eine nachweisbare Besiedlung der Gemarkung aus. Im Emmerstedter [[Museumshof Emmerstedt|Ortsmuseum]] an der [[Leineweberstraße]] sind zahlreich Fundstücke aus vorgeschichtlicher Zeit, teilweise als Nachbildung, ausgestellt.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>


=== Über das Mittelalter zur Neuzeit ===
=== Über das Mittelalter zur Neuzeit ===
In einer Urkunde vom 9. April [[1186]], in der Bischof Dietrich von Halberstadt den Zehnten des Dorfes an das neu gegründete Prämonstratenkloster St. Thomas in Halberstadt schenkte, wird das Dorf ''Emerstide'' erstmals gesichert erwähnt. Nicht gesichert  ist die Herkunft des Ortsnamens, der sowohl auf einen Gewässernamen (''Emer''), als auch auf einen Personennamen zurückgeführt werden könnte. Seit 1197 finden sich verschiedene Schreibweisen wie ''Emerstede'', ''Emerstide'', später auch ''Emberstede'', ''Emberstidde'' und ''Emmerstidde'' – letztere heute noch die mundartliche Bezeichnung.
In einer Urkunde vom 9. April [[1186]], in der Bischof Dietrich von Halberstadt den Zehnten des Dorfes an das neu gegründete Prämonstratenkloster St. Thomas in Halberstadt schenkte, wird das Dorf ''Emerstide'' erstmals gesichert erwähnt. Nicht gesichert  ist die Herkunft des Ortsnamens, der sowohl auf einen Gewässernamen (''Emer''), als auch auf einen Personennamen zurückgeführt werden könnte. Seit 1197 finden sich verschiedene Schreibweisen wie ''Emerstede'', ''Emerstide'', später auch ''Emberstede'', ''Emberstidde'' und ''Emmerstidde'' – letztere heute noch die mundartliche Bezeichnung.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>


1338 wird eine selbständige Pfarrkirche [[St.-Petri-Kirche (Emmerstedt)|St. Petri]] erwähnt. Im Jahre 1539 gibt es 50 Feuerstätten, das bedeutet 50 Männer. Die erste Schule wurde Mitte des 17. Jahrhunderts eingerichtet. Sowohl der Dreißigjährige Krieg als auch schwere Feuerbrünste schadeten dem Dorf nachhaltig. 1661 brannte mit 26 Gehöften die Hälfte des Gesamtbestandes nieder. Das Dorf entwickelte sich beiderseits der alten West-Ost-Handelsstraße zwischen Braunschweig und [[Helmstedt]], die ursprünglich von [[Königslutter am Elm|Königslutter]] über [[Schickelsheim]] – [[Süpplingenburg]] – Emmerstedt verlief und sich nach 1500 weiter südlich auf die Trasse der heutigen [[Bundesstraße 1]] verlagerte. In eine Urkunde von [[1186]] wird das Dorf [[Olfeld]] erwähnt, das in der heutigen Flur Emmerstedt gelegen hat. Es wird 1422 bereits als „wüst“ bezeichnet. Flurnamen wie ''Ofeldwiese'' oder ''Am Offelwege'' weisen auf die einstige Ortslage südlich des [[Heidberg]]s hin. Ein Streit zwischen dem [[Kloster Mariental]] und der Johanniter-Kommende Süpplingenburg über den Zehnten wurde 1452 dahin entschieden, dass dem Kloster das ''Ovelt'' mit allen Früchten zenntfrei gehöre.
1338 wird eine selbständige Pfarrkirche [[St.-Petri-Kirche (Emmerstedt)|St. Petri]] erwähnt. Im Jahre 1539 gibt es 50 Feuerstätten, das bedeutet 50 Männer. Die erste Schule wurde Mitte des 17. Jahrhunderts eingerichtet. Sowohl der Dreißigjährige Krieg als auch schwere Feuerbrünste schadeten dem Dorf nachhaltig. 1661 brannte mit 26 Gehöften die Hälfte des Gesamtbestandes nieder. Das Dorf entwickelte sich beiderseits der alten West-Ost-Handelsstraße zwischen Braunschweig und [[Helmstedt]], die ursprünglich von [[Königslutter am Elm|Königslutter]] über [[Schickelsheim]] – [[Süpplingenburg]] – Emmerstedt verlief und sich nach 1500 weiter südlich auf die Trasse der heutigen [[Bundesstraße 1]] verlagerte. In eine Urkunde von [[1186]] wird das Dorf [[Olfeld]] erwähnt, das in der heutigen Flur Emmerstedt gelegen hat. Es wird 1422 bereits als „wüst“ bezeichnet. Flurnamen wie ''Ofeldwiese'' oder ''Am Offelwege'' weisen auf die einstige Ortslage südlich des [[Heidberg]]s hin. Ein Streit zwischen dem [[Kloster Mariental]] und der Johanniter-Kommende Süpplingenburg über den Zehnten wurde 1452 dahin entschieden, dass dem Kloster das ''Ovelt'' mit allen Früchten zenntfrei gehöre.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>


Nicht gekärt ist, ob [[Ofeld]] am Westhang des Heidbergs oder auf der gegenüberliegenden Seite des Baches [[Lange Welle]] gelegen hat. Ein Gedenkstein erinnert seit 1991 an die ehemalige Dorfstätte. Er trägt die Aufschrift ''„Dorf Ofeld einst am Heidberg gelegen, spurlos verschwunden im Dunkel der Geschichte. 1186 erstmals schriftlich erwähnt gemeinsam mit Emmerstedt.“'' Der Vollständigkeit halber sei auch das Dorf [[Hohnstedt]] erwähnt, ganz im Südwesten und außerhalb der Gemarkung Emmerstedt gelegen. Vermutlich erst im 16. Jahrhundert wüst gefallen, befand sich die Ortslage nördlich des [[Elz]]es etwa dort, wo die [[Kreisstraße 15]] von Emmerstedt kommend an die [[Bundesstraße 1|B 1]] anschließt. Heute zur Helmstedter Gemeindeflur gehörig, hatten im Mittelalter Emmerstedter Bauern Ackerflächen in Hohnstedt. Ein Flurname – ''Im Hohnstedter Winkel'' – erinnert auch hier an diese einstige Wohnstätte.
Nicht gekärt ist, ob [[Ofeld]] am Westhang des Heidbergs oder auf der gegenüberliegenden Seite des Baches [[Lange Welle]] gelegen hat. Ein Gedenkstein erinnert seit 1991 an die ehemalige Dorfstätte. Er trägt die Aufschrift ''„Dorf Ofeld einst am Heidberg gelegen, spurlos verschwunden im Dunkel der Geschichte. 1186 erstmals schriftlich erwähnt gemeinsam mit Emmerstedt.“'' Der Vollständigkeit halber sei auch das Dorf [[Hohnstedt]] erwähnt, ganz im Südwesten und außerhalb der Gemarkung Emmerstedt gelegen. Vermutlich erst im 16. Jahrhundert wüst gefallen, befand sich die Ortslage nördlich des [[Elz]]es etwa dort, wo die [[Kreisstraße 15]] von Emmerstedt kommend an die [[Bundesstraße 1|B 1]] anschließt. Heute zur Helmstedter Gemeindeflur gehörig, hatten im Mittelalter Emmerstedter Bauern Ackerflächen in Hohnstedt. Ein Flurname – ''Im Hohnstedter Winkel'' – erinnert auch hier an diese einstige Wohnstätte.<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>


Auf Veranlassung des damaligen Landesherrn, Herzog Carl I. (1735–1780) wurde im Lande Braunschweig eine Bestandsaufnahme gemacht. Die Generalvermessung aus dem Jahre 1752 weist für Emmerstedt eine Flurgröße von 3294 Morgen (823,5 ha) Kulturland aus. Ein Jahr später wurde die Brandversicherungsanstalt, Vorläuferin der [[Öffentliche Versicherung Braunschweig|Öffentlichen Versicherung Braunschweig]], ins Leben gerufen. Alle Häuser mit zugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhielten eine Versicherungsnummer (Assecuranznummer, kurz Ass.-Nr.), die in der Folge auch als Hausnummer genutzt wurde. Erst mit Einführung von Straßennamen und der Durchnummerierung der anliegenden Häuserzeilen Mitte der 1960er Jahre endete diese Zuordnung. Im Jahr 1774 lebten in Emmerstedt 440 Einwohner an 74 Feuerstellen. Haus- und Hofformen waren mitteldeutsch mit steinernen Toreinfahrten und zweigeschossigen Wohnhäusern in Fachwerkbauweise. Die meisten Gebäude stammten nach schweren Bränden zwischen 1817 und 1830 aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ältere Gebäude waren kaum noch vorhanden. 1837 erhielt Emmerstedt eine neue Kirche (Pfarrstelle ab 1903). Seit 1896 hatte Emmerstedt eine Bahnstation and der Strecke [[Bahnstrecke Helmstedt–Oebisfelde|Helmstedt–Oebisfelde]].
Auf Veranlassung des damaligen Landesherrn, Herzog Carl I. (1735–1780) wurde im Lande Braunschweig eine Bestandsaufnahme gemacht. Die Generalvermessung aus dem Jahre 1752 weist für Emmerstedt eine Flurgröße von 3294 Morgen (823,5 ha) Kulturland aus. Ein Jahr später wurde die Brandversicherungsanstalt, Vorläuferin der [[Öffentliche Versicherung Braunschweig|Öffentlichen Versicherung Braunschweig]], ins Leben gerufen. Alle Häuser mit zugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhielten eine Versicherungsnummer (Assecuranznummer, kurz Ass.-Nr.), die in der Folge auch als Hausnummer genutzt wurde. Erst mit Einführung von Straßennamen und der Durchnummerierung der anliegenden Häuserzeilen Mitte der 1960er Jahre endete diese Zuordnung. Im Jahr 1774 lebten in Emmerstedt 440 Einwohner an 74 Feuerstellen. Haus- und Hofformen waren mitteldeutsch mit steinernen Toreinfahrten und zweigeschossigen Wohnhäusern in Fachwerkbauweise. Die meisten Gebäude stammten nach schweren Bränden zwischen 1817 und 1830 aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ältere Gebäude waren kaum noch vorhanden. 1837 erhielt Emmerstedt eine neue Kirche (Pfarrstelle ab 1903). Seit 1896 hatte Emmerstedt eine Bahnstation and der Strecke [[Bahnstrecke Helmstedt–Oebisfelde|Helmstedt–Oebisfelde]].<ref name="Festschrift zur 825-Jahrfeier"/>
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