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Schöninger Speere: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei den '''Schöninger Speeren''' handelt es sich um acht hölzerne Wurfspeere aus der Altsteinzeit, die zusammen mit zehntausenden Tierknochenresten zwischen 1995 und 1998 im Baufeld Süd des [[Tagebau Schöningen|Tagebaus Schöningen]] im [[Landkreis Helmstedt]] (Fundstelle [[Schöningen]] 13/II-4) gefunden wurden. Ihr Alter wurde vom Ausgräber mit ca. 400.000 Jahren angegeben. Andere Datierungsansätze gehen hingegen von etwa 270.000 Jahren aus. <ref>O. Jöris: ''Aus einer anderen Welt – Europa zur Zeit des Neandertalers''. In: N. J. Conard u. a. (Hrsg.): ''Vom Neandertaler zum modernen Menschen''. Ausstellungskatalog Blaubeuren 2005, S. 47-70.</ref> Dessen ungeachtet können sie nach wie vor als älteste vollständig erhaltene Jagdwaffen von Angehörigen der Gattung ''Homo'' gelten und aufgrund ihres Alters ''Homo heidelbergensis'' zugeschrieben werden.
[[Datei:Schöningen Speer VI © P. Pfarr NLD.jpg|mini|Der Archäologe Hartmut Thieme erläutert dem Bergwerksdirektor der [[EEW Energy from Waste|Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke]] Klaus Friedrich die Fundsituation von Speer&nbsp;VI (1997)]]
Als '''Schöninger Speere''' werden neun hölzerne Wurfspeere und eine ursprünglich als Speer angesehene Stoßlanze aus Holz bezeichnet, die aus der Altsteinzeit stammen. Sie wurden zwischen [[1994]] und [[1998]] am Rande von [[Schöningen]] im [[Landkreis Helmstedt]] in Niedersachsen auf einer [[Archäologische Ausgrabungsstätten im Tagebau Schöningen|archäologischen Ausgrabungsstätte im Tagebau Schöningen]] gemeinsam mit weiteren Stein- und Holzartefakten, wie einem beidseitig angespitzten Stab und dem [[Wurfstöcke von Schöningen|Wurfstock von Schöningen]], entdeckt. Absolute Datierungsverfahren ergaben ein Alter der Funde von 290.000 bis 337.000 Jahren. Die Ausgrabung an der Fundstelle leitete bis [[2009]] der Archäologe Hartmut Thieme vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.


== Fundobjekte ==
Die Schöninger Speere sind die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt und ein wichtiger Beleg für die aktive Jagd des ''Homo heidelbergensis''. Ihr Fund hat das Bild der kulturellen Entwicklung des frühen Menschen stark verändert.<ref>Jordi Serangeli In: Terra X - Sternstunden der Steinzeit. Ein Film von Alexander Hogh und Martin Papirowski, Fachberatung Hermann Parzinger, Minute 9 bis 14 von ZDF 2018.</ref> Sie befinden sich in einem eigens für sie errichteten Museum, dem vormaligen [[paläon]], ''jetzt'' [[Forschungsmuseum Schöningen]].<ref>[https://www.palaeon.de/ Am 1. Juli 2019 eröffnet das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege das Forschungsmuseum Schöningen am Standort paläon.]</ref>
Die Speere wurden seit 1995 im Braunkohlentagebau Schöningen unter schwierigsten Bedingungen von Dr. Hartmut Thieme ausgegraben. Der Fundplatz repräsentiert ein an einem flachen Seeufer gelegenes temporäres Jagdlager. Da am Fundort über zwanzigtausend, zum Teil mit Schnittspuren von Feuersteinartefakten versehene Großsäugerknochen (zu ca. 90&nbsp;% vom Wildpferd) gefunden wurden, geht der Ausgrabungsleiter von einer spezialisierten Gruppenjagd aus. Bei den Beutetieren handelt es sich vor allem um Wildpferd, Wisent, Rothirsch und Wildesel. Allein die Gruppe, die die Speere hinterließ, hat wohl 20 Wildpferde bei einer Jagdunternehmung erbeutet. Dabei wird vom Ausgräber in Betracht gezogen, dass die Speere aus religiösen Motiven heraus am Tötungsort hinterlassen wurden. Auf einem rund zehn Meter breiten und über 50 Meter langen, parallel zum seinerzeitigen Seeufer verlaufenden Streifen fanden sich Überreste in hoher Konzentration. Der Fundplatz soll in den kommenden Jahren vollständig ausgegraben werden.  


Die ungewöhnlich gut erhaltenen und sorgfältig bearbeiteten Artefakte, welche in die luftabschließenden Ufersedimente eines ehemaligen Sees eingebettet waren, haben das Bild des frühen europäischen Urmenschen nachhaltig verändert. Gingen selbst international anerkannte Prähistoriker bzw. Paläoanthropologen bis vor einigen Jahren noch davon aus, dass sich Homo erectus bzw. Homo heidelbergensis und selbst noch der frühe Neandertaler von Aas ernährt hätten, lässt der Schöninger Befund kaum Zweifel an deren jägerischen Fähigkeiten. Die hoffentlich in den kommenden Jahren doch noch zu realisierende umfassende Auswertung der Speer-Fundstelle wird dazu beitragen helfen, die kulturelle Evolution der ersten Menschen in Mitteleuropa besser zu verstehen.
== Fundstelle ==
[[Datei:Schöningen WIK Ausgrabung 13 Serangeli 03.jpg|mini|hochkant=1.4|Ausgrabungsarbeiten auf dem sogenannten Speersockel, der vom Braunkohletagebau ausgespart blieb, [[2012]]]]
Die Fundstelle der Speere (Schöningen&nbsp;13 II Verlandungsfolge&nbsp;4) liegt innerhalb des [[Tagebau Schöningen|Braunkohletagebaus Schöningen]] in etwa 10&nbsp;Meter Tiefe unter der ursprünglichen Geländeoberfläche. Sie befindet sich an der Tagebaukante auf einem 50&nbsp;×&nbsp;60&nbsp;Meter großen Geländesockel, der vom Abbau durch die [[Braunschweigische Kohlen-Bergwerke]] AG ausgespart wurde. Der Sockel ragt an drei Seiten in das Tagebauloch hinein. Die auch als Speersockel bezeichnete Fläche ist eine von dreizehn altsteinzeitlichen Fundplätzen im Braunkohlentagebau Schöningen Süd, die im Zuge der Prospektion der quartären Deckschichten von [[1992]] bis [[2009]] ausgegraben wurden. Der rund 3900 m² große Grabungssockel repräsentiert einen kleinen Ausschnitt einer ehemaligen Uferzone, die über Jahrtausende – zwischen Elster- und Saaleeiszeit – von Menschen und Tieren aufgesucht wurde. Der Sockel weist fünf mächtige Schichtpakete (Verlandungszonen) auf, die durch schwankende Wasserstände des Sees und Verlandungsprozesse entstanden sind. In der Abfolge der Verlandungszonen sind Veränderungen des Klimas von einer warmtrockenen Phase mit lichten Laubwäldern zu einer Kältesteppe deutlich abzulesen.


Die aufgrund des auflastenden Sedimentdrucks deformierten Speere sind mit einer Ausnahme - Speer IV ist aus Kiefernholz gefertigt - aus schlanken Fichtenstämmchen gearbeitet und besitzen Abmessungen zwischen 1,80&nbsp;m und 2,50&nbsp;m. In der Lage ihres Schwerpunktes und somit ihrer Wurfeigenschaften zeigen sie große Ähnlichkeit mit modernen Wettkampfspeeren. Bei Tests konnten Sportler originalgetreue Nachbauten bis zu siebzig Meter weit werfen.<ref>Leif Steguweit (1999), Die Recken von Schöningen - 400 000 Jahre Jagd mit dem Speer. Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Urgeschichte 8, 5-14.</ref><ref>Reportage in ''Wissen X-akt,'' RTL-Regionalmagazin ''Guten Abend RTL'' ([http://rtlregional.de/player.php?id=267&swid=386&seite=4 Video], 5:49 min)</ref> Die Auswahl des Holzes ist wohl in erster Linie klimatisch bedingt, da Nadelhölzer angesichts des im Vergleich zu heute wohl um einige Grad Celsius kühleren Klimas reichlich zur Verfügung standen und zudem gut bearbeitet werden konnten. Die Schöninger Speere sind bis heute noch nicht abschließend analysiert, konserviert und publiziert, so dass genauere Angaben zu den Fundumständen, dem Erhaltungszustand sowie zur Herstellungs- und Benutzungsweise fehlen.  
Der schnellen, luftdichten Bedeckung der Fundschichten durch Mudden ist die außergewöhnlich gute Erhaltung der organischen Materialien zu verdanken. Für die weitere Fundkonservierung sorgte die Lage unter dem Grundwasserspiegel, der erst durch den [[Tagebau Schöningen|Schöninger Braunkohle-Tagebau]] ab [[1979]] künstlich gesenkt wurde. Die Speere und die weiteren Fundstücke stammen aus dem sogenannten ''Speerhorizont''. Das ist eine annähernd 10&nbsp;Meter breite und 125&nbsp;Meter lange Grabungsfläche parallel zum ehemaligen Seeufer in der ''Verlandungszone&nbsp;4'' aus der Epoche der ausgehenden Holstein-Warmzeit.


Die Ausgrabungen der vom weiteren Braunkohlenabbau nicht mehr gefährdeten altsteinzeitlichen Fundstelle von Schöningen dauern indes immer noch an. Sie sind Teil eines archäologischen Langzeit-Forschungsprojektes (ASHB = Archäologische Schwerpunktuntersuchungen im Helmstedter Braunkohlerevier) des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Hannover. Die Stadt Schöningen und der ''Förderverein Schöninger Speere – Erbe der Menschheit e.&nbsp;V.'' bemühen sich seit Jahren um die touristische Erschließung des weltbedeutenden Fundortes in einem Forschungs- und Erlebniscenter am historischen Ort. Am 21. Juni 2011 erreichte das Schöninger Rathaus ein Zuwendungsbescheid von Bund und Land. Insgesamt werden 14 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, um auf einem 24 Hektar großen Gelände in unmittelbarer Nähe des Fundorts der Speere am Tagebaurand das Forschungs- und Erlebniszentrum entstehen zu lassen. Im November 2007 wurden die Speere im Braunschweigischen Landesmuseum erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<ref>Die Welt: [http://www.welt.de/welt_print/article1391329/Holzspeere_beweisen_Intelligenz_der_Urzeitmenschen.html ''Holzspeere beweisen Intelligenz der Urzeitmenschen''], 23. November 2007</ref>
Das Alter der Funde wurde zunächst mit rund 400.000 Jahren angegeben,<ref>Hartmut Thieme, Reinhard Maier (Hrsg.): ''Archäologische Ausgrabungen im Braunkohlentagebau Schöningen.'' Landkreis Helmstedt, Hannover 1995.</ref><ref>Hartmut Thieme: ''Die ältesten Speere der Welt – Fundplätze der frühen Altsteinzeit im Tagebau Schöningen.'' In: ''Archäologisches Nachrichtenblatt.'' 10, 2005, S. 409–417.</ref> andere Datierungsansätze kamen hingegen auf etwa 270.000 Jahre.<ref>Michael Baales, Olaf Jöris: ''Zur Altersstellung der Schöninger Speere.'' In: J. Burdukiewicz u. a. (Hrsg.): ''Erkenntnisjäger. Kultur und Umwelt des frühen Menschen.'' (= Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt. 57). 2003, S. 281–288. (Festschrift Dietrich Mania)</ref><ref>O. Jöris: ''Aus einer anderen Welt – Europa zur Zeit des Neandertalers.'' In: N. J. Conard u. a. (Hrsg.): ''Vom Neandertaler zum modernen Menschen.'' Ausstellungskatalog Blaubeuren 2005, S. 47–70.</ref> Spätere Thermolumineszenz- und Uran-Thorium-Datierungen geben den Funden ein Alter von 290.000 bis 337.000 Jahre.<ref>Daniel Richter, Matthias Krbetschek: ''[https://doi.org/10.1016/j.jhevol.2015.06.003 The age of the Lower Paleolithic occupation at Schöningen]''. In: Journal of Human Evolution. Band 89, Dezember 2015, S. 46–56.</ref><ref name="Sierralta et al. 2012">Melanie Sierralta, Manfred Frechen und Brigitte Urban: ''<sup>230</sup>Th/U dating results from open cast mine Schöningen.'' In: Karl-Ernst Behre (Hrsg.): ''Die Chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen.'' Mainz, 2012, S. 143–154</ref>


Den Schöninger Speeren vergleichbare Funde wurden auch am Fundplatz Bilzingsleben gemacht.
== Speere ==
{| style="float:right; background:transparent; padding:0px; margin:0px;"
|- valign="top"
|
|[[Datei:Schöningen Speer VII im Sediment 1997 © P. Pfarr NLD.jpg|mini|hochkant=0.7|Speer&nbsp;VII in Fundlage, 1997]]
|}
Unter den zehn gefundenen Speeren befindet sich eine hölzerne Stoßlanze mit einer Länge von 2,53&nbsp;m, die ursprünglich auch als ein Speer angesehen wurde. Die Speere sind, mit einer Ausnahme, aus schlanken, geraden Fichtenstämmchen gearbeitet. Speer&nbsp;IV ist aus Kiefernholz gefertigt. Die Wahl von Nadelhölzern für die Herstellung ist vor allem klimatisch bedingt, da deren lokales Vorkommen im kühleren Klima am Ende des Interglazials nachgewiesen ist.<ref>Brigitte Urban: ''Interglacial Pollen Records from Schöningen, North Germany.'' In: Frank Sirocko u. a. (Hrsg.): ''The Climate of Past Interglacials.'' (= Development in Quaternary Science. Band 7). 2007, S. 417–444.</ref> Der Durchmesser der Speere liegt zwischen rund 2,5 und 5&nbsp;cm bei einem Baumalter zwischen etwa 20 und 60 Jahren. Obwohl es sich bei den verwendeten Holzarten Fichte und Kiefer um Weichholz handelt, bestehen die Speere aus langsam gewachsenen, festen Hölzern, die sich unter wenig günstigen klimatischen Bedingungen gebildet haben. Die Archäologen vermuten, dass die Hölzer von einem Standort mit erschwerten Wachstumsbedingungen, wie dem [[Elm]] oder dem Harz, stammen.
 
Die Speere weisen Längen zwischen rund 1,80 und 2,30&nbsp;m auf und sind aufgrund des auflastenden Sedimentdrucks leicht deformiert. Sie sind sehr sorgfältig bearbeitet und zeugen von hohem technologischen Können und einer handwerklichen Tradition. Wie bei heutigen Wettkampfspeeren liegt der größte Durchmesser und damit der Schwerpunkt im vorderen Drittel des Schaftes. Die Spitzenpartien sind symmetrisch aus der Basis der Stämmchen gearbeitet, wobei die Spitzenenden gezielt seitlich neben dem zentralen Mark, dem schwächsten Teil des Stammes, ausgebildet wurden.
 
In ihren Wurfeigenschaften sind die Schöninger Holzspeere modernen Wettkampfspeeren ebenbürtig. Bei Tests konnten Sportler originalgetreue Nachbauten bis zu 70&nbsp;m weit werfen.<ref name="Germania_77_S_451-487">Hartmut Thieme: ''Altpaläolithische Holzgeräte aus Schöningen, Lkr. Helmstedt.'' In: ''Germania.'' Nr. 77, 1999, S. 451–487.</ref><ref>Miriam Golek, Hermann Rieder: ''Erprobung der Altpalaolithischen Wurfspeere von Schöningen.'' In: ''Stadion, Internationale Zeitschrift für Geschichte des Sports.'' Nr. XXV Academia Verlag, Sankt Augustin 1999, S. 1–12.</ref><ref>Leif Steguweit: ''Die Recken von Schöningen – 400 000 Jahre Jagd mit dem Speer.'' In: ''Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Urgeschichte.'' 8, 1999, S. 5–14 [https://www.academia.edu/12109420/_1999_Die_Recken_von_Sch%C3%B6ningen_400_000_Jahre_Jagd_mit_dem_Speer._Mitteilungsblatt_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Urgeschichte_8_5-14 (Online-Ansicht und PDF-Download)]</ref> Forscher des University College London stellten nach Würfen von Nachbauten durch trainierte Athleten fest, dass Speerwürfe auf 20 m für Großwild tödlich waren.<ref>Annemieke Milks, David Parker und Matt Pope: ''External ballistics of Pleistocene hand-thrown spears: experimental performance data and implications for human evolution.'' In: ''Scientific Report.'' Band 9, Artikel-Nr. 820, 2019, [[doi:10.1038/s41598-018-37904-w]] <br /> [https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Neandertaler-motorisch-geschickter-als-gedacht,speere132.html ''Neandertaler motorisch geschickter als gedacht.''] Auf: ''ndr.de'' vom 31. Januar 2019</ref>
 
{| class="wikitable"
|+ style="padding-bottom:1em"| Daten der Speere<ref>''Steckbrief der Speere'' in: ''300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit'', S. 80–81</ref>
|- class="hintergrundfarbe6"
! style="width:5%" | Speer !! style="width:5%"| Länge !! style="width:15%" | Durchmesser !! style="width:10%" | Holzart !! style="width:25%"| Baumalter
!!class="unsortable"  style="width:55%"| Besonderheiten
|-
| '''I''' || 221 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 4,7 cm || Fichte || 53 Jahre || Der massivste Speer
|-
| '''II''' || 229 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 3,7 cm || Fichte || 45–55 Jahre || Stellenweise Basterhaltung, Schlagzeit im Frühsommer
|-
| '''III''' || 184 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 2,9 cm || Fichte || 33 Jahre || Der kürzeste Speer, Schlagzeit im Sommer
|-
| '''IV''' || 119 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 2,9 cm || Kiefer || 18 Jahre || Nur in Fragmenten von 4 Teilen bis 119 cm erhalten
|-
| '''V''' || 206 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 2,9 cm || Fichte || 49 Jahre || Sorgfältige Glättung der Holzoberfläche mit einem Werkzeug aus Feuerstein, Schlagzeit wahrscheinlich im Sommer
|-
| '''VI''' || 253 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 4,0 cm || Fichte || 57 Jahre || Lanze, ursprünglich als Wurfspeer angesehen, Schlagzeit im Spätsommer
|-
| '''VII''' || 203 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 3,0 cm || Fichte || 31 Jahre || Statt Konservierung erfolgt eine Aufbewahrung in sterilem Wasser, Schlagzeit im Sommer
|-
| '''VIII''' ||
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| || Fichte || || Nur Spitze erhalten
|-
| '''IX''' ||
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| || Fichte || || Nur Spitze erhalten
|-
| '''X''' || 142 cm
|style="text-align:left" class="hintergrundfarbe5"| 2,4 cm || Fichte || 60 Jahre || Nur in Fragmenten von 5 Teilen bis 142 cm erhalten
|-
|}
 
== Weitere Holzwaffen ==
Bei einem in der Fundschicht der Speere entdeckten Holzstock ist die Funktion nicht eindeutig geklärt. Der beidseitig angespitzte Stock von 78&nbsp;cm Länge wurde [[1994]] als erstes bearbeitetes Holzgerät gefunden. Interpretationen reichen vom Wurfholz über Grabstock bis zum Allzweckwerkzeug.<ref>[https://www.scinexx.de/news/geowissen/aeltester-wurfstock-der-welt-entdeckt/ ''Ältester Wurfstock der Welt entdeckt''] bei scinexx.de vom 20. April 2020</ref> Dagegen wurde ein gleichartiges, [[2016]] innerhalb derselben Fundschicht freigelegtes Holzgerät anhand von Gebrauchsspuren als [[Wurfstöcke von Schöningen|Wurfstock von Schöningen]] identifiziert.<ref>Nicholas J. Conard, Jordi Serangeli, Gerlinde Bigga und Veerle Rots: ''A 300,000-year-old throwing stick from Schöningen, northern Germany, documents the evolution of human hunting.'' In: ''Nature Ecology & Evolution.'' Band 4, 2020, S. 690–693, [[doi:10.1038/s41559-020-1139-0]]. <br />Guido Kleinhubbert: [https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/homo-heidelbergensis-neue-wurfwaffe-aus-der-steinzeit-entdeckt-a-8c0454ed-2c82-448c-b0fa-c38e60eea69c ''Vogelkiller aus der Steinzeit.''] Auf: ''Spiegel Online'' vom 20. April 2020.</ref> Es ist rund 65&nbsp;cm lang und hat einen Durchmesser von 2,9&nbsp;cm. Die Enden des rund 260&nbsp;g schweren und leicht gebogenen Stocks sind angespitzt. Wissenschaftler vermuten anhand der Knochenfunde von Schwänen und Enten an der Fundstelle eine frühere Verwendung bei der Jagd auf Wasservögel.<ref>[https://www.welt.de/geschichte/article207382503/Schoeningen-Steinzeitjaeger-verfuegten-ueber-effektive-Fernwaffen.html ''Steinzeitjäger verfügten über ganzes Arsenal tödlicher Waffen''] In: Welt Online vom 20. April 2020</ref> Ebenso soll der Wurfstock zum Treiben von Beutetieren, zum Beispiel von Pferden, bei der Jagd geeignet gewesen sein.<ref>[https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/300000-jahre-alter-wurfstock-dokumentiert-die-evolution-der-jagd/ ''300.000 Jahre alter Wurfstock dokumentiert die Evolution der Jagd.''] Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 20. April 2020</ref>
 
== Weitere Fundstücke ==
[[Datei:Schöningen 13 II-4 Skelettreste © NLD + K. Cornelius.jpg|mini|Tierknochenreste in der Fundschicht der Speere]]
Zu den mit den Speeren vergesellschafteten Funden im Speerhorizont zählen ein angekohlter Holzstab („Bratspieß“), Steinartefakte und Skelette von Wildpferden sowie Knochen von Rindern, Hirschen, Nashörnern und Elefanten.<ref name="Denk">Jordi Serangeli, Thijs van Kolfschoten, Nicholas J. Conard: ''300.000 Jahre alte Funde einer Säbelzahnkatze aus Schöningen – Die gefährlichste Raubkatze der Eiszeit erstmals für Norddeutschland belegt.'' In: ''Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen.'' 1/2014.</ref> Von den rund 12.000 gefundenen Tierknochen stammen über 90 % vom Pferd, gefolgt von Rothirsch und Wisent.<ref>B. Voormolen: ''Ancient Hunters, Modern Butcher Schöningen 13II -4, a kill-butchery site dating from the northwest European Lower Palaeolithic.'' Leiden 2008.</ref> Die Pferdeknochen gehören zum Mosbacher Pferd und lassen auf mindestens 20 Individuen schließen. Sie weisen zahlreiche Schnittspuren von Steingeräten, aber nur geringe Spuren von Tierfraß auf. Schlagspuren an den Pferdeknochen belegen, dass sie zum Teil als Werkzeug ähnlich einem Hammer benutzt wurden. Mittels Rasterelektronenmikroskop konnte Thijs van Kolfschoten von der Universität Leiden feine Steinsplitter in einzelnen Knochen nachweisen. Bis dahin wurde die regelhafte Nutzung von derlei Knochenwerkzeugen erst für die Zeit vor etwa 40.000 Jahren angenommen.<ref>[http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article205446317/Pferdeknochen-vor-300-000-Jahren-als-Werkzeug-benutzt.html ''Pferdeknochen vor 300.000 Jahren als Werkzeug benutzt''], in: Hamburger Abendblatt, 6. Juli 2015.</ref>
 
In der Fundschicht der Speere lagen rund 1500 Steinartefakte aus Feuerstein, die wegen der Steinarmut am früheren Seeufer vom Menschen dorthin verbracht sein dürften. Bei rund 30 Stücken handelt es sich um Steingeräte, wie Schaber, Spitzen und Messer.<ref>Kurt Felix Hillgruber, Jorid Serangeli: ''Echt scharf. Die Steinwerkzeuge aus Schöningen'' in: ''300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit'', S. 108–111</ref> Zahlreiche Retuschierabfälle belegen das Nacharbeiten der mitgebrachten Steingeräte, und ein Teil der Feuersteinobjekte gehört zu einer Grauzone zwischen Artefakt und Naturprodukt.
 
== Vergleichsfunde ==
Holzartefakte aus der Altsteinzeit sind äußerst selten überliefert. Neben Schöningen sind Funde aus Clacton-on-Sea (Südengland),<ref>Kenneth P. Oakley, Peter Andrews, Lawrence H. Keeley, J. Desmond Clark: ''A reappraisal of the Clacton spearpoint.'' In: ''Proceedings of the Prehistoric Society.'' 43, 1977, S. 13–30. Eine Abbildung findet sich hier: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clacton_Spear_02.jpg Abbildung: ''The Clacton Spear.'']</ref> Torralba (Spanien),<ref>L. G. Freemann, K. W. Butzer: ''The Acheulean Station of Torralba (Spain): A Progress Report.'' In: ''Quaternaria.'' Band 8, 1966, S. 9–22.</ref> Ambrona (Spanien),<ref>Joyce A. Tyldesley, Paul G. Bahn: ''[https://doi.org/10.1016/0277-3791%2883%2990004-5 Use of plants in the European Palaeolithic: A review of the evidence]''. In: Quaternary Science Reviews. Band 2, Nr. 1, 1983, S. 53–81 (PDF).</ref> und Bad Cannstatt (Baden-Württemberg)<ref>E. Wagner: ''Cannstatt I. Großwildjäger im Travertingebiet.'' (= Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg. Band 61). Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1196-5.</ref> bekannt, wobei nur das als Lanzenbruchstück interpretierte Holz von Clacton-on-Sea noch erhalten ist. Die kalzifizierten Hölzer vom Fundplatz Bilzingsleben sind in ihrem Artefaktcharakter umstritten.<ref>D. Mania, U. Mania: ''Geräte aus Holz von der altpaläolithischen Fundstelle bei Bilzingsleben.'' In: ''Praehistorca Thuringica.'' Band 2, 1998, S. 32–72.</ref><ref>L. Steguweit: ''Gebrauchsspuren an Artefakten der Hominidenfundstelle Bilzingsleben (Thüringen).'' (= Tübinger Arbeiten zur Urgeschichte. Band 2). Verlag Marie Leidorf, Rhaden/Westf. 2003, ISBN 3-89646-852-9.</ref> Die ebenfalls aus Niedersachsen stammende hölzerne Stoßlanze aus Lehringen dagegen ist mit einem Alter von rund 125.000 Jahren sehr viel jünger. Mit ihr wurde wahrscheinlich ein Waldelefant erlegt, unter dessen Skelett sie gefunden wurde.<ref>H. Thieme, S. Veil: ''Neue Untersuchungen zum eemzeitlichen Elefanten-Jagdplatz Lehringen, Ldkr. Verden.'' In: ''Die Kunde.'' Band 36, 1985, S. 11–58.</ref>
 
[[2012]] berichtete ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift ''Science'', dass Funde aus Südafrika darauf hindeuten, dass Individuen der Gattung ''Homo'' möglicherweise bereits vor 500.000 Jahren Großwild mit aufwändig hergestellten Speeren jagten. Dies soll mittels geschärfter Steinspitzen an Holzschäften erfolgt sein. Paläoanthropologen der University of Toronto hatten rund 200 Spitzen aus eisenhaltigem Gestein untersucht, die aus einer etwa 500.000 Jahre alten Erdschicht nahe Kathu in Südafrika stammten. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass sie als Speerspitzen gedient haben könnten.<ref>Jayne Wilkins u. a.: ''Evidence for Early Hafted Hunting Technology.'' In: ''Science.'' Band 338, Nr. 6109, 2012, S. 942–946, [[doi:10.1126/science.1227608]]<br />[http://www.focus.de/wissen/mensch/archaeologie/500-000-jahre-alte-keilspitzen-ahnen-des-menschen-warfen-noch-frueher-steinspeere_aid_861556.html ''Urahnen warfen Steinspeere früher als gedacht.''] In: ''Focusonline.'' 16. November 2012.</ref>
 
== Interpretation und Bedeutung ==
Die Fundstelle interpretiert der Ausgräber Hartmut Thieme als Wildpferde-Jagdlager. Die Fundsituation sei Zeugnis eines oder mehrerer Jagdereignisse sowie der daran anschließenden Zerlegung und Aufbereitung der Beute mit Steinwerkzeugen. Seinen Hypothesen zufolge gab das dichte Schilf am Seeufer den Jägern Deckung, aus der die Pferde, eingekeilt zwischen Jägern und See, mit gezielten Speerwürfen erlegt wurden. Da sich unter den Pferdeknochen auch Reste von Jungtieren befinden, schließt er auf eine Jagd im Herbst.<ref>R. Musil: ''Die Pferde von Schöningen: Skelettreste einer ganzen Wildpferdherde.'' In: H. Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400 000 Jahren.'' Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 136–140.</ref> Weiter sieht er in den zwischen den Überresten der Jagdbeute zurückgelassenen Speeren Hinweise auf eine rituelle Handlung.<ref>H. Thieme: ''Warum ließen die Jäger die Speere zurück?'' In: H. Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400 000 Jahren.'' Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 188–190.</ref>
 
Die Speere und der Fundplatz Schöningen haben das Bild der kulturellen und sozialen Entwicklung des frühen Menschen revolutioniert. So konnte die ehemals weit verbreitete Forschungsmeinung widerlegt werden, nach welcher der ''Homo heidelbergensis'' (ein naher Verwandter des ''Homo erectus'') und sogar noch der sehr viel jüngere Neandertaler primitive, sprachlose Wesen gewesen seien, die sich von Pflanzen und Aas ernährten. Denn die Speere und ihr Fundzusammenhang mit einer Lanze und einem Wurfstock zeugen von hohen technologischen Fähigkeiten und liefern den ersten eindeutigen Beleg für eine aktive (Großwild-)Jagd. Sie belegen, dass Frühmenschen schon vor 300.000 Jahren effektive Jäger waren und über ein breitgefächertes Arsenal an hölzernen Jagdwaffen verfügten.<ref>[https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/wurfstock-des-homo-heidelbergensis-entdeckt/ ''Wurfstock des Homo heidelbergensis entdeckt''] bei Bild der Wissenschaft vom 20. April 2020</ref> Eine erfolgreiche Jagd auf schnell fliehende Herdentiere ist ohne ausgefeilte Jagdstrategien, ohne komplexes Sozialgefüge und ohne entwickelte Formen der Kommunikation nicht denkbar. Schon ''Homo heidelbergensis'' verfügte damit möglicherweise über intellektuelle und kognitive Fähigkeiten wie das vorausschauende, planende Denken und Handeln, die zuvor erst dem modernen Menschen (''Homo sapiens'') zugeschrieben wurden.<ref>H. Thieme: ''Der große Wurf von Schöningen: Das neue Bild zur Kultur des frühen Menschen.'' In: H. Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren.'' Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 224–228.</ref><ref>M. N. Haidle: ''Menschenaffen? Affenmenschen? Mensch! Kognition und Sprache im Altpaläolithikum.'' In: N. J. Conard (Hrsg.): ''Woher kommt der Mensch.'' Attempto Verlag. Tübingen 2006, ISBN 3-89308-381-2, S. 69–97.</ref>
 
=== Bewerbung als Welterbestätte ===
[[2016]] wurde bekannt, dass die Stadt [[Schöningen]] eine Bewerbung der Fundstätte der Schöninger Speere als UNESCO-Welterbe anstrebte.<ref>[https://web.archive.org/web/20160625133936/https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Schoeninger-Speere-bald-UNESCO-Weltkulturebe,unesco148.html ''„Schöninger Speere“ bald UNESCO Weltkulturerbe?''] bei NDR.de vom 23. Juni 2016.</ref><ref>[https://www.welt.de/regionales/niedersachsen/article156497481/Fundort-der-Schoeninger-Speere-soll-Weltkulturerbe-werden.html ''Fundort der Schöninger Speere soll Weltkulturerbe werden''] bei Welt.de</ref> Im Jahre [[2021]] nominierte das Bundesland Niedersachsen die Fundstätte für die deutsche Tentativliste bei UNESCO-Welterbeanträgen, die die Kulturministerkonferenz der Länder [[2023]] in die deutsche Anmeldeliste aufnahm. Sie wird [[2024]] beim Welterbezentrum in Paris eingereicht.<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Fundstaette-der-Schoeninger-Speere-bald-UNESCO-Welterbe,aktuellbraunschweig11850.html ''Fundstätte der Schöninger Speere bald UNESCO-Welterbe?''] bei ndr.de vom 5. Dezember 2023</ref> Begründet wurde die Bewerbung damit, dass die Speere ein wichtiges Zeugnis der frühen Menschheitsgeschichte seien und sich mit ihnen erstmals die kognitiven Fähigkeiten des Frühmenschen nachweisen ließen.<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Schoeninger-Speere-koennten-UNESCO-Weltkulturerbe-werden,speere136.html ''Schöninger Speere könnten UNESCO-Weltkulturerbe werden''] bei ndr.de vom 28. Oktober 2021</ref>
 
== Forschungsgeschichte ==
=== Beginn 1983 ===
[[1979]] setzte im [[Helmstedter Braunkohlerevier]] die Erschließung der sechs km² großen Fläche des [[Tagebau Schöningen|Tagebaus Schöningen]] mit einem Süd- und einem Nordfeld ein. Zur Verstromung der geförderten Braunkohle wurde in der Nähe das [[Kraftwerk Buschhaus]] errichtet. Auf dessen Bauplatz lag das [[Erdwerk von Esbeck]]. Das Bodendenkmal wurde [[1982]] mit einer Rettungsgrabung vom hannoverschen Institut für Denkmalpflege archäologisch untersucht. Da auf der ausgedehnten Tagebaufläche weitere archäologische Fundstellen zu erwarten waren, initiierte der Archäologe Hartmut Thieme vom Institut für Denkmalpflege mit den [[EEW Energy from Waste|Braunschweigischen Kohle-Bergwerken]] [[1983]] das Langzeitprojekt der ''Archäologischen Schwerpunktuntersuchungen im Helmstedter Braunkohlerevier''. Dies führte in den folgenden Jahren zur Entdeckung und Dokumentation einer Vielzahl oberflächlicher Fundstellen aus der Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit und dem Mittelalter.
 
=== Speerfunde ab 1994 ===
[[1992]] wurden an der Tagebaukante des Südfeldes unterhalb eiszeitlicher Ablagerungen in 10 bis 15 m Tiefe mit der Fundstelle 12 erstmals altpaläolithische Fundschichten entdeckt, was tief in den Untergrund einschneidende Schaufelradbagger ermöglichten. Etwa 400 m südlich davon wurden [[1994]] an der Tagebaukante, die als Fundstelle 13 bezeichnet wurde, Tierknochen und ein beidseitig angespitzter Holzstab gefunden. Da hier weitere Funde zu erwarten waren, wurde eine 50&nbsp;×&nbsp;60 m große Fläche vom Abbau ausgespart. Dadurch entstand ein Grabungssockel, auch als Speersockel bezeichnet, der in das Tagebauloch hineinragt. In diesem Bereich fanden sich die Hinterlassenschaften eines Lagers steinzeitlicher Jäger, die an einem Seeufer vor rund 300.000 Jahren Wildpferde gejagt hatten. Zu den Fundstücken zählten auch die 10 Holzwaffen in Form der Wurfspeere, der Stoßlanze und des Holzstabs.
 
=== Forschungsprojekt ab 2008 ===
[[2008]] entstand in einer Kooperation zwischen dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover und der Universität Tübingen das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschungsprojekt Schöningen unter Leitung des Archäologen Nicholas J. Conard. Seither werden die Ausgrabungen von der Universität Tübingen, Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie, durchführt. An der Aufarbeitung und den Auswertungen der Grabungen forschen weltweit etwa 50 Wissenschaftler in 30 unterschiedlichen Institutionen.<ref> [https://idw-online.de/de/news666297 ''Ein- und Ausblick in die Erforschung der Altsteinzeit.''] Auf: ''idw-online'' vom 13. Januar 2017.</ref> Zu den Kooperationspartnern zählen unter anderem die Rijksuniversiteit Leiden (Paläontologie), die Universität Leuphana (Palynologie), das Senckenberg Forschungsinstitut und das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main, die Leibniz Universität Hannover (Geologie), das Labor für quartäre Hölzer Langnau (Holzanatomie) sowie das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz.
 
=== Neue Kooperation ab 2016 ===
[[2016]] übertrug das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur die seit [[1994]] anhaltende archäologische Forschung zu den Schöninger Speeren vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege an die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN)<ref>[https://web.archive.org/web/20160728204115/https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Neue-Kooperation-fuer-Forschung-in-Schoeningen,speere130.html ''Neue Kooperation für Forschung in Schöningen.''] bei ndr.de vom 28. Juli 2016.</ref> Die Forschungsabgabe wurde damit begründet, dass die Senckenberg Gesellschaft über mehr Expertise zur Steinzeit verfüge<ref>[http://www.focus.de/regional/niedersachsen/archaeologie-senckenberg-gesellschaft-leitet-forschung-am-palaeon_id_5768785.html ''Senckenberg-Gesellschaft leitet Forschung am Paläon.''] In: ''focus.online.'' 28. Juli 2016.</ref> und die internationale Sichtbarkeit des Fundortes weiter ausbauen werde.<ref>[http://www.mwk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/grabungen-in-schoeningen-145567.html ''Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajić unterzeichnet Kooperation mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Universität Tübingen.''] Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 29. Juli 2016.</ref> Befürwortern der Forschungsübertragung zufolge sei es Niedersachsen nicht gelungen, die „ältesten Jagdwaffen der Menschheit“ angemessen zu erforschen und zu vermitteln; der große Erfolg sei ausgeblieben.<ref>Stefan Lüddemann: [http://www.noz.de/deutschland-welt/kultur/artikel/752229/schoninger-speere-gute-entscheidung-fur-frankfurt ''Schöninger Speere: Gute Entscheidung für Frankfurt.''] In: ''Neue Osnabrücker Zeitung.'' 29.&nbsp;Juli 2016.</ref>
 
Grundlage der Forschungszusammenarbeit des Landes Niedersachsen mit der SGN und der Universität Tübingen, die bereits seit [[2008]] in die Erforschung der Schöninger Speere eingebunden ist, wurde ein am 1.&nbsp;August [[2016]] geschlossener Kooperationsvertrag. Zur Förderung der nationalen und internationalen Kooperation in [[Schöningen]] wurde zugleich ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet. Die Ausgrabungen werden von einem zehnköpfigen Team im Bereich des ''Speersockels'' und des ''Speerhorizonts Süd'' fortgesetzt. In der Hauptgrabungszeit unterstützen bis zu 10 Studierende die wissenschaftlichen Ausgrabungen.<ref>[https://idw-online.de/de/news666297 ''Ein- und Ausblick in die Erforschung der Altsteinzeit.''] Auf: ''idw-online.de'' vom 13. Januar 2017.</ref> [[2016]] erwartete der Grabungsleiter Jordi Serangeli noch weitere wichtige Funde in Schöningen.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/kultur/forschung-speer-verstaendlich-1.3150756 ''Speer verständlich.''] In: ''Süddeutsche Zeitung.'' 6. September 2016.</ref>
 
=== Weitergehende Untersuchungen ab 2020 ===
Von [[2020]] bis [[2023]] wurden die Schöninger Speere und andere bearbeitete Holzobjekte mit den neuesten bildgebenden Verfahren untersucht, um mehr über den Herstellungsprozess, die Nutzung und den Fundzusammenhang zu erfahren.<ref>[https://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?id=5984 ''Presseinformation: Schöninger Speere - die ältesten Holzwaffen des Menschen''] bei Universität Göttingen vom 15. September 2020</ref><ref>Dirk Leder, Thomas Terberger: [https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/cms/514/ ''Die ältesten Holzwaffen des Menschen von Schöningen – Dokumentation und Untersuchung''] im Denkmalatlas Niedersachsen</ref> Untersucht wurden 187 hölzerne Relikte, darunter zehn Speere und weitere 10 Jagdwaffen, wie Wurfstöcke. 35 untersuchte Holzartefakte wurden wahrscheinlich für die Verarbeitung von Pflanzen oder Tierhäuten hergestellt. Laut den Analysen waren die Gegenstände aus dem Holz von Fichten, Kiefern und Lärchen gefertigt. Die Bäume wurden im Sommer gefällt und stammten Pollenanalysen zufolge aus dem Elm und dem Harz. Aus den Fundgegenständen schließen die Forscher, dass die Fundstelle nicht nur ein Jagd- und Schlachtplatz am Seeufer war, sondern dass die Stelle auch für häusliche Aktivitäten genutzt wurde.<ref>[https://www.scinexx.de/news/archaeologie/wie-der-homo-heidelbergensis-seine-holzwerkzeuge-herstellte/ ''Wie der Homo heidelbergensis seine Holzwerkzeuge herstellte''] bei scienexx.de vom 2. April 2024</ref><ref>Dirk Leder, Jens Lehmann, Annemieke Milks, Thomas Terberger: [https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2320484121 ''The wooden artifacts from Schöningen’s Spear Horizon and their place in human evolution''] in PNAS vom 1. April 2024</ref>
 
Die Untersuchungen fanden im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD) sowie der Universitäten Göttingen und Reading statt. Geleitet wurde es von Thomas Terberger vom NLD und Holger Militz von der Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte der Universität Göttingen.<ref>Markus Brich: [https://www.helmstedter-nachrichten.de/helmstedt/article230423644/480-000-Euro-fuer-die-Erforschung-der-Schoeninger-Speere.html ''480.000 Euro für die Erforschung der Schöninger Speere''] in [[Helmstedter Nachrichten]] vom 15. September 2020</ref> Eine Förderung erfolgte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
 
== Fundpräsentation ==
[[Datei:Forschungsmuseum Schöningen mit Blumenwiese.jpg|mini|[[Forschungsmuseum Schöningen]]]]
{{Hauptartikel|Forschungsmuseum Schöningen}}
Die Schöninger Speere werden im [[Forschungsmuseum Schöningen]] gezeigt, das [[2013]] unter der Bezeichnung ''paläon'' als Besucherzentrum und Museum für die Ausstellung der Jagdwaffen eröffnet wurde. Die unweit der Fundstelle der Speere gelegene Einrichtung widmet sich der interdisziplinären Erforschung der Schöninger Fundstellen sowie der pleistozänen Archäologie und präsentiert in einer erlebnisorientierten Ausstellung die originalen Funde. Landschaftsbiotope, darunter eine Weide mit Wildpferden, veranschaulichen auf dem 34 Hektar großen Außengelände typische Pflanzengesellschaften der Warmzeit. Aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage wurde der Betrieb des ''paläon'' [[2019]] eingestellt und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege strukturierte das Objekt zum [[Forschungsmuseum Schöningen]] um.
 
== Ausstellungen ==
[[Datei:Schöniger Speer Berlin Ausstellung Bewegte Zeiten.jpg|mini|hochkant=0.6|Ein Schöninger Speer in der Ausstellung ''Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland'']]
In den Jahren [[2007]] und [[2008]] fand mit den Speeren die Niedersächsische Landesausstellung unter dem Titel ''Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren'' im Braunschweigischen Landesmuseum und im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover statt.
 
Vom 21.&nbsp;September [[2018]] bis 6.&nbsp;Januar [[2019]] wurde ein Speer in der Ausstellung ''Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland'' in Berlin gezeigt, die aus Anlass des Europäischen Kulturerbejahres [[2018]] stattfand.<ref>[https://www.helmstedter-nachrichten.de/helmstedt/article215330549/Ein-Schoeninger-Speer-wird-zum-Star-von-Berlin.html ''Ein Schöninger Speer wird zum Star von Berlin''] in [[Helmstedter Nachrichten]] vom 14. September 2018</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Hartmut Thieme & Reinhard Maier (Hrsg.): ''Archäologische Ausgrabungen im Braunkohlentagebau Schöningen.'' Landkreis Helmstedt, Hannover 1995.
* Hartmut Thieme: ''Lower Palaeolithic hunting spears from Germany.'' In: ''Nature.'' Band 385, 1997, S. 807–10, [[doi:10.1038/385807a0]]
* ''Die größte archäologische Ausgrabung in Niedersachsen. Bedeutende Entdeckungen zur Urgeschichte im Tagebau Schöningen.'' In: M. Fansa u. a. (Hrsg.): ''Archäologie I Land I Niedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz – 400.000 Jahre Geschichte.'' Ausstellungskatalog (Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 42). Stuttgart 2004, S. 294-299.
* Hartmut Thieme: ''Altpaläolithische Holzgeräte aus Schöningen, Lkr. Helmstedt. Bedeutsame Funde zur Kulturentwicklung des frühen Menschen.'' In: ''Germania.'' Band 77, 1999, S. 451–487, [[doi:10.11588/ger.1999.91650]].
* Hartmut Thieme: ''Die ältesten Speere der Welt – Fundplätze der frühen Altsteinzeit im Tagebau Schöningen.'' In: ''Archäologisches Nachrichtenblatt'' 10, 2005, S. 409-417.
* ''Die größte archäologische Ausgrabung in Niedersachsen. Bedeutende Entdeckungen zur Urgeschichte im Tagebau Schöningen.'' In: M. Fansa u. a. (Hrsg.): ''Archäologie I Land I Niedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz – 400 000 Jahre Geschichte.'' Ausstellungskatalog (= ''Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland.'' Beiheft 42). Stuttgart 2004, S. 294–299.
* Hartmut Thieme: ''The Lower Palaeolithic art of hunting. The case of Schöningen 13 II-4, Lower Saxony, Germany.'' In: C. Gamble & M. Porr (Hrsg.): ''The hominid individual in context. Archaeological investigations of Lower and Middle Palaeolithic landscapes, locales and artefacts.'' Oxford 2005, S. 115-132
* Hartmut Thieme: ''The Lower Palaeolithic art of hunting. The case of Schöningen 13 II-4, Lower Saxony, Germany.'' In: C. Gamble, M. Porr (Hrsg.): ''The hominid individual in context. Archaeological investigations of Lower and Middle Palaeolithic landscapes, locales and artefacts.'' Oxford 2005, S. 115–132.
* Hartmut Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400000 Jahren.'' Ausstellungskatalog. Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0.
* Hartmut Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400000 Jahren.'' Ausstellungskatalog. Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0.
* Michael Baales,  Olaf Jöris: ''Zur Altersstellung  der Schöninger Speere.'' In: J. Burdukiewicz u. a. (Hrsg.): ''Erkenntnisjäger. Kultur und Umwelt des frühen Menschen.'' Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt 57, 2003 (Festschrift Dietrich Mania), S. 281-288.
* Gerhard Trnka: Rezension zu: Hartmut Thieme (Hrsg.): ''Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren.'' Stuttgart 2007. In: ''H-Soz-u-Kult.'' 5. Januar 2009 ([http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-1-002 Online])
* Olaf Jöris: ''Aus einer anderen Welt – Europa zur Zeit des Neandertalers.'' In: N. J. Conard u. a. (Hrsg.): ''Vom Neandertaler zum modernen Menschen.'' Ausstellungskatalog. Blaubeuren 2005, S. 47-70.
* Brigitte Urban: ''Interglacial pollen records from Schöningen, North Germany.'' In: ''Developments in Quaternary Sciences.'' Band 7, 2007, S. 417–444.
* Jordi Serangeli u. a.: ''Ein Fenster ins Altpaläolithikum.'' In: Archäologie in Deutschland. Band 28, Nr. 4, 2012, S. 6–12, ISSN [https://zdb-katalog.de/list.xhtml?t=iss%3D%220176-8522%22&key=cql 0176-8522].
* Gerlinde Bigga, Brigitte Urban: ''Im Schatten der Speere – Hölzer und andere Pflanzenfunde aus Schöningen und ihre Bedeutung für den Menschen.'' In: Hugo Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit e. V., 55. Tagung in Wien, Erlangen 2013, S. 16 f.
* Harald Eggebrecht: ''Spitze der Menschheit. Der Fund der 300 000 Jahre alten Schöninger Speere war eine Sensation. Er zeigt, wie der Homo heidelbergensis gelebt und gejagt hat.'' In: ''Süddeutsche Zeitung.'' 31. Oktober/1. November 2014, S. 63.
* Jordi Serangeli: ''Die Jäger von Schöningen. Spuren von Menschen und Säbelzahnkatzen im „Speerhorizont“.'' In: ''Archäologie in Niedersachsen.'' 18/2015, S.&nbsp;93–96.
* Nicholas J. Conard, Christopher E. Miller, Jordi Serangeli, Thijs Van Kolfschoten (Hrsg.): ''Excavations at Schöningen: New Insights into Middle Pleistocene Lifeways in Northern Europe.'' In: ''Journal of Human Evolution.'' Band 89, 2015, S. 1–308, ([http://www.sciencedirect.com/science/journal/00472484/89 Online])<ref>[https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/sonderband-des-journal-of-human-evolution-zur-fundstelle-schoeningen-3031/ ''Sonderband des „Journal of Human Evolution“ zur Fundstelle Schöningen.''] Auf: ''archaeologie-online.de'' vom 28. Januar 2016.</ref>
* Marie-Anne Julien, Bruce Hardy, Mareike C. Stahlschmidt, Brigitte Urban, Jordi Serangeli, Nicholas J. Conard: ''Characterizing the Lower Paleolithic bone industry from Schöningen 12 II: A multi-proxy study.'' In: ''Journal of Human Evolution.'' 89, 2015, S. 264–286. ([http://s3.amazonaws.com/academia.edu.documents/40868578/Julien_2015b.pdf?AWSAccessKeyId=AKIAJ56TQJRTWSMTNPEA&Expires=1480324607&Signature=d04yVkfCqNlXY8KJM349lN8Gn38%3D&response-content-disposition=inline%3B%20filename%3DCharacterizing_the_Lower_Paleolithic_bon.pdf online], PDF)
* Thomas Terberger, Utz Böhner, K. Felix Hillgruber, Andreas Kotula (Hrsg.): ''300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit.'' 2018.
* Karl-Ernst Behre (Hrsg.): ''Die chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen'' (= ''Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen.'' Band 1). Mainz, 2012 ([https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/book/465 Online])
* Thomas Terberger, Stefan Winghart (Hrsg.): ''Die Geologie der paläolithischen Fundstellen von Schöningen'' (= ''Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen.'' Band 2). Mainz, 2015 ([https://denkmalpflege.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/online_publikationen/die-geologie-der-palaeolithischen-fundstellen-von-schoeningen-144865.html Online])
* Gerlinde Bigga: ''Die Pflanzen von Schöningen'' (= ''Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen.'' Band 3). Mainz, 2018 ([https://denkmalpflege.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/online_publikationen/die-pflanzen-von-schoeningen-165384.html Online])


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.dieschoeningerspeere.de/ ''Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren''] – Website zur Ausstellung des Landesmuseums Hannover
* [http://robert.cyty.com/archaeo/ao-schoeningen-01.html Kurzer Überblicksartikel zum Fundkomplex Schöningen] bei Region Braunschweig Ostfalen
* [http://www.schoeningerspeere.de/ Schöninger Speere – Erbe der Menschheit e. V.]
* [http://www.nld.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=25821&_psmand=45 Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau in Schöningen] beim Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege
* [http://www.archaeologieportal.niedersachsen.de/schoeningen/index.html Projekt Schöningen] des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege
* [https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/geowissenschaften/arbeitsgruppen/urgeschichte-naturwissenschaftliche-archaeologie/forschungsbereich/aeltere-urgeschichte-quartaeroekologie/forschung/grabungen/deutschland/schoeningen/ Schöningen-Ausgrabungen der Eberhard Karls Universität Tübingen]
* [http://www.chexx.info/2008/2008,1,30.php ''Prof. Biegel: Der homo erectus war kein Aasfresser''], Interview auf ''chexx.de,'' Dezember 2007
* [https://kulturerbe.niedersachsen.de/sammlung/slg0244/ Fotos der Schöninger Speere] bei Kulturerbe Niedersachsen
* [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-1-002 Gerhard Trnka: Rezension zu: Thieme, Hartmut (Hrsg.): Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren. Stuttgart 2007. In: H-Soz-u-Kult, 05.01.2009]
* [http://www.spektrum.de/alias/schoeninger-speere/das-leben-unserer-ahnen/1206198 ''Das Leben unserer Ahnen''] vom 6. September 2013 in Spektrum der Wissenschaft
* [http://www.erbedermenschheit.de/ Schöninger Speere – Erbe der Menschheit]
* Alexander Budde: [http://www.deutschlandradiokultur.de/reisen-zu-den-urspruengen-der-menschheit-8-die-speere-von.2165.de.html?dram:article_id=362723 ''Die Speere von Schöningen''] bei Deutschlandradio Kultur vom 10. August 2016
* Henning Haßmann: [https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/objekte/speere/ ''Speer II aus dem altpaläolithischen Wildpferdjagdlager von Schöningen''] im Denkmalatlas Niedersachsen
* [http://www.denkmalpflege.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=32511&article_id=112370&_psmand=45 Die chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen] in 13 Beiträgen
* [https://www.foerderverein-palaeon.de/ Homepage des Fördervereins „Schöninger Speere – Erbe der Menschheit e. V.“]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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<references />
 
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[[Kategorie:Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege]]
[[Kategorie:Individuelle Waffe]]
[[Kategorie:Bergbau (Landkreis Helmstedt)]]

Aktuelle Version vom 28. April 2024, 16:13 Uhr

Der Archäologe Hartmut Thieme erläutert dem Bergwerksdirektor der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke Klaus Friedrich die Fundsituation von Speer VI (1997)

Als Schöninger Speere werden neun hölzerne Wurfspeere und eine ursprünglich als Speer angesehene Stoßlanze aus Holz bezeichnet, die aus der Altsteinzeit stammen. Sie wurden zwischen 1994 und 1998 am Rande von Schöningen im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte im Tagebau Schöningen gemeinsam mit weiteren Stein- und Holzartefakten, wie einem beidseitig angespitzten Stab und dem Wurfstock von Schöningen, entdeckt. Absolute Datierungsverfahren ergaben ein Alter der Funde von 290.000 bis 337.000 Jahren. Die Ausgrabung an der Fundstelle leitete bis 2009 der Archäologe Hartmut Thieme vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.

Die Schöninger Speere sind die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt und ein wichtiger Beleg für die aktive Jagd des Homo heidelbergensis. Ihr Fund hat das Bild der kulturellen Entwicklung des frühen Menschen stark verändert.[1] Sie befinden sich in einem eigens für sie errichteten Museum, dem vormaligen paläon, jetzt Forschungsmuseum Schöningen.[2]

Fundstelle

Ausgrabungsarbeiten auf dem sogenannten Speersockel, der vom Braunkohletagebau ausgespart blieb, 2012

Die Fundstelle der Speere (Schöningen 13 II Verlandungsfolge 4) liegt innerhalb des Braunkohletagebaus Schöningen in etwa 10 Meter Tiefe unter der ursprünglichen Geländeoberfläche. Sie befindet sich an der Tagebaukante auf einem 50 × 60 Meter großen Geländesockel, der vom Abbau durch die Braunschweigische Kohlen-Bergwerke AG ausgespart wurde. Der Sockel ragt an drei Seiten in das Tagebauloch hinein. Die auch als Speersockel bezeichnete Fläche ist eine von dreizehn altsteinzeitlichen Fundplätzen im Braunkohlentagebau Schöningen Süd, die im Zuge der Prospektion der quartären Deckschichten von 1992 bis 2009 ausgegraben wurden. Der rund 3900 m² große Grabungssockel repräsentiert einen kleinen Ausschnitt einer ehemaligen Uferzone, die über Jahrtausende – zwischen Elster- und Saaleeiszeit – von Menschen und Tieren aufgesucht wurde. Der Sockel weist fünf mächtige Schichtpakete (Verlandungszonen) auf, die durch schwankende Wasserstände des Sees und Verlandungsprozesse entstanden sind. In der Abfolge der Verlandungszonen sind Veränderungen des Klimas von einer warmtrockenen Phase mit lichten Laubwäldern zu einer Kältesteppe deutlich abzulesen.

Der schnellen, luftdichten Bedeckung der Fundschichten durch Mudden ist die außergewöhnlich gute Erhaltung der organischen Materialien zu verdanken. Für die weitere Fundkonservierung sorgte die Lage unter dem Grundwasserspiegel, der erst durch den Schöninger Braunkohle-Tagebau ab 1979 künstlich gesenkt wurde. Die Speere und die weiteren Fundstücke stammen aus dem sogenannten Speerhorizont. Das ist eine annähernd 10 Meter breite und 125 Meter lange Grabungsfläche parallel zum ehemaligen Seeufer in der Verlandungszone 4 aus der Epoche der ausgehenden Holstein-Warmzeit.

Das Alter der Funde wurde zunächst mit rund 400.000 Jahren angegeben,[3][4] andere Datierungsansätze kamen hingegen auf etwa 270.000 Jahre.[5][6] Spätere Thermolumineszenz- und Uran-Thorium-Datierungen geben den Funden ein Alter von 290.000 bis 337.000 Jahre.[7][8]

Speere

Speer VII in Fundlage, 1997

Unter den zehn gefundenen Speeren befindet sich eine hölzerne Stoßlanze mit einer Länge von 2,53 m, die ursprünglich auch als ein Speer angesehen wurde. Die Speere sind, mit einer Ausnahme, aus schlanken, geraden Fichtenstämmchen gearbeitet. Speer IV ist aus Kiefernholz gefertigt. Die Wahl von Nadelhölzern für die Herstellung ist vor allem klimatisch bedingt, da deren lokales Vorkommen im kühleren Klima am Ende des Interglazials nachgewiesen ist.[9] Der Durchmesser der Speere liegt zwischen rund 2,5 und 5 cm bei einem Baumalter zwischen etwa 20 und 60 Jahren. Obwohl es sich bei den verwendeten Holzarten Fichte und Kiefer um Weichholz handelt, bestehen die Speere aus langsam gewachsenen, festen Hölzern, die sich unter wenig günstigen klimatischen Bedingungen gebildet haben. Die Archäologen vermuten, dass die Hölzer von einem Standort mit erschwerten Wachstumsbedingungen, wie dem Elm oder dem Harz, stammen.

Die Speere weisen Längen zwischen rund 1,80 und 2,30 m auf und sind aufgrund des auflastenden Sedimentdrucks leicht deformiert. Sie sind sehr sorgfältig bearbeitet und zeugen von hohem technologischen Können und einer handwerklichen Tradition. Wie bei heutigen Wettkampfspeeren liegt der größte Durchmesser und damit der Schwerpunkt im vorderen Drittel des Schaftes. Die Spitzenpartien sind symmetrisch aus der Basis der Stämmchen gearbeitet, wobei die Spitzenenden gezielt seitlich neben dem zentralen Mark, dem schwächsten Teil des Stammes, ausgebildet wurden.

In ihren Wurfeigenschaften sind die Schöninger Holzspeere modernen Wettkampfspeeren ebenbürtig. Bei Tests konnten Sportler originalgetreue Nachbauten bis zu 70 m weit werfen.[10][11][12] Forscher des University College London stellten nach Würfen von Nachbauten durch trainierte Athleten fest, dass Speerwürfe auf 20 m für Großwild tödlich waren.[13]

Daten der Speere[14]
Speer Länge Durchmesser Holzart Baumalter Besonderheiten
I 221 cm 4,7 cm Fichte 53 Jahre Der massivste Speer
II 229 cm 3,7 cm Fichte 45–55 Jahre Stellenweise Basterhaltung, Schlagzeit im Frühsommer
III 184 cm 2,9 cm Fichte 33 Jahre Der kürzeste Speer, Schlagzeit im Sommer
IV 119 cm 2,9 cm Kiefer 18 Jahre Nur in Fragmenten von 4 Teilen bis 119 cm erhalten
V 206 cm 2,9 cm Fichte 49 Jahre Sorgfältige Glättung der Holzoberfläche mit einem Werkzeug aus Feuerstein, Schlagzeit wahrscheinlich im Sommer
VI 253 cm 4,0 cm Fichte 57 Jahre Lanze, ursprünglich als Wurfspeer angesehen, Schlagzeit im Spätsommer
VII 203 cm 3,0 cm Fichte 31 Jahre Statt Konservierung erfolgt eine Aufbewahrung in sterilem Wasser, Schlagzeit im Sommer
VIII Fichte Nur Spitze erhalten
IX Fichte Nur Spitze erhalten
X 142 cm 2,4 cm Fichte 60 Jahre Nur in Fragmenten von 5 Teilen bis 142 cm erhalten

Weitere Holzwaffen

Bei einem in der Fundschicht der Speere entdeckten Holzstock ist die Funktion nicht eindeutig geklärt. Der beidseitig angespitzte Stock von 78 cm Länge wurde 1994 als erstes bearbeitetes Holzgerät gefunden. Interpretationen reichen vom Wurfholz über Grabstock bis zum Allzweckwerkzeug.[15] Dagegen wurde ein gleichartiges, 2016 innerhalb derselben Fundschicht freigelegtes Holzgerät anhand von Gebrauchsspuren als Wurfstock von Schöningen identifiziert.[16] Es ist rund 65 cm lang und hat einen Durchmesser von 2,9 cm. Die Enden des rund 260 g schweren und leicht gebogenen Stocks sind angespitzt. Wissenschaftler vermuten anhand der Knochenfunde von Schwänen und Enten an der Fundstelle eine frühere Verwendung bei der Jagd auf Wasservögel.[17] Ebenso soll der Wurfstock zum Treiben von Beutetieren, zum Beispiel von Pferden, bei der Jagd geeignet gewesen sein.[18]

Weitere Fundstücke

Tierknochenreste in der Fundschicht der Speere

Zu den mit den Speeren vergesellschafteten Funden im Speerhorizont zählen ein angekohlter Holzstab („Bratspieß“), Steinartefakte und Skelette von Wildpferden sowie Knochen von Rindern, Hirschen, Nashörnern und Elefanten.[19] Von den rund 12.000 gefundenen Tierknochen stammen über 90 % vom Pferd, gefolgt von Rothirsch und Wisent.[20] Die Pferdeknochen gehören zum Mosbacher Pferd und lassen auf mindestens 20 Individuen schließen. Sie weisen zahlreiche Schnittspuren von Steingeräten, aber nur geringe Spuren von Tierfraß auf. Schlagspuren an den Pferdeknochen belegen, dass sie zum Teil als Werkzeug ähnlich einem Hammer benutzt wurden. Mittels Rasterelektronenmikroskop konnte Thijs van Kolfschoten von der Universität Leiden feine Steinsplitter in einzelnen Knochen nachweisen. Bis dahin wurde die regelhafte Nutzung von derlei Knochenwerkzeugen erst für die Zeit vor etwa 40.000 Jahren angenommen.[21]

In der Fundschicht der Speere lagen rund 1500 Steinartefakte aus Feuerstein, die wegen der Steinarmut am früheren Seeufer vom Menschen dorthin verbracht sein dürften. Bei rund 30 Stücken handelt es sich um Steingeräte, wie Schaber, Spitzen und Messer.[22] Zahlreiche Retuschierabfälle belegen das Nacharbeiten der mitgebrachten Steingeräte, und ein Teil der Feuersteinobjekte gehört zu einer Grauzone zwischen Artefakt und Naturprodukt.

Vergleichsfunde

Holzartefakte aus der Altsteinzeit sind äußerst selten überliefert. Neben Schöningen sind Funde aus Clacton-on-Sea (Südengland),[23] Torralba (Spanien),[24] Ambrona (Spanien),[25] und Bad Cannstatt (Baden-Württemberg)[26] bekannt, wobei nur das als Lanzenbruchstück interpretierte Holz von Clacton-on-Sea noch erhalten ist. Die kalzifizierten Hölzer vom Fundplatz Bilzingsleben sind in ihrem Artefaktcharakter umstritten.[27][28] Die ebenfalls aus Niedersachsen stammende hölzerne Stoßlanze aus Lehringen dagegen ist mit einem Alter von rund 125.000 Jahren sehr viel jünger. Mit ihr wurde wahrscheinlich ein Waldelefant erlegt, unter dessen Skelett sie gefunden wurde.[29]

2012 berichtete ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift Science, dass Funde aus Südafrika darauf hindeuten, dass Individuen der Gattung Homo möglicherweise bereits vor 500.000 Jahren Großwild mit aufwändig hergestellten Speeren jagten. Dies soll mittels geschärfter Steinspitzen an Holzschäften erfolgt sein. Paläoanthropologen der University of Toronto hatten rund 200 Spitzen aus eisenhaltigem Gestein untersucht, die aus einer etwa 500.000 Jahre alten Erdschicht nahe Kathu in Südafrika stammten. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass sie als Speerspitzen gedient haben könnten.[30]

Interpretation und Bedeutung

Die Fundstelle interpretiert der Ausgräber Hartmut Thieme als Wildpferde-Jagdlager. Die Fundsituation sei Zeugnis eines oder mehrerer Jagdereignisse sowie der daran anschließenden Zerlegung und Aufbereitung der Beute mit Steinwerkzeugen. Seinen Hypothesen zufolge gab das dichte Schilf am Seeufer den Jägern Deckung, aus der die Pferde, eingekeilt zwischen Jägern und See, mit gezielten Speerwürfen erlegt wurden. Da sich unter den Pferdeknochen auch Reste von Jungtieren befinden, schließt er auf eine Jagd im Herbst.[31] Weiter sieht er in den zwischen den Überresten der Jagdbeute zurückgelassenen Speeren Hinweise auf eine rituelle Handlung.[32]

Die Speere und der Fundplatz Schöningen haben das Bild der kulturellen und sozialen Entwicklung des frühen Menschen revolutioniert. So konnte die ehemals weit verbreitete Forschungsmeinung widerlegt werden, nach welcher der Homo heidelbergensis (ein naher Verwandter des Homo erectus) und sogar noch der sehr viel jüngere Neandertaler primitive, sprachlose Wesen gewesen seien, die sich von Pflanzen und Aas ernährten. Denn die Speere und ihr Fundzusammenhang mit einer Lanze und einem Wurfstock zeugen von hohen technologischen Fähigkeiten und liefern den ersten eindeutigen Beleg für eine aktive (Großwild-)Jagd. Sie belegen, dass Frühmenschen schon vor 300.000 Jahren effektive Jäger waren und über ein breitgefächertes Arsenal an hölzernen Jagdwaffen verfügten.[33] Eine erfolgreiche Jagd auf schnell fliehende Herdentiere ist ohne ausgefeilte Jagdstrategien, ohne komplexes Sozialgefüge und ohne entwickelte Formen der Kommunikation nicht denkbar. Schon Homo heidelbergensis verfügte damit möglicherweise über intellektuelle und kognitive Fähigkeiten wie das vorausschauende, planende Denken und Handeln, die zuvor erst dem modernen Menschen (Homo sapiens) zugeschrieben wurden.[34][35]

Bewerbung als Welterbestätte

2016 wurde bekannt, dass die Stadt Schöningen eine Bewerbung der Fundstätte der Schöninger Speere als UNESCO-Welterbe anstrebte.[36][37] Im Jahre 2021 nominierte das Bundesland Niedersachsen die Fundstätte für die deutsche Tentativliste bei UNESCO-Welterbeanträgen, die die Kulturministerkonferenz der Länder 2023 in die deutsche Anmeldeliste aufnahm. Sie wird 2024 beim Welterbezentrum in Paris eingereicht.[38] Begründet wurde die Bewerbung damit, dass die Speere ein wichtiges Zeugnis der frühen Menschheitsgeschichte seien und sich mit ihnen erstmals die kognitiven Fähigkeiten des Frühmenschen nachweisen ließen.[39]

Forschungsgeschichte

Beginn 1983

1979 setzte im Helmstedter Braunkohlerevier die Erschließung der sechs km² großen Fläche des Tagebaus Schöningen mit einem Süd- und einem Nordfeld ein. Zur Verstromung der geförderten Braunkohle wurde in der Nähe das Kraftwerk Buschhaus errichtet. Auf dessen Bauplatz lag das Erdwerk von Esbeck. Das Bodendenkmal wurde 1982 mit einer Rettungsgrabung vom hannoverschen Institut für Denkmalpflege archäologisch untersucht. Da auf der ausgedehnten Tagebaufläche weitere archäologische Fundstellen zu erwarten waren, initiierte der Archäologe Hartmut Thieme vom Institut für Denkmalpflege mit den Braunschweigischen Kohle-Bergwerken 1983 das Langzeitprojekt der Archäologischen Schwerpunktuntersuchungen im Helmstedter Braunkohlerevier. Dies führte in den folgenden Jahren zur Entdeckung und Dokumentation einer Vielzahl oberflächlicher Fundstellen aus der Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit und dem Mittelalter.

Speerfunde ab 1994

1992 wurden an der Tagebaukante des Südfeldes unterhalb eiszeitlicher Ablagerungen in 10 bis 15 m Tiefe mit der Fundstelle 12 erstmals altpaläolithische Fundschichten entdeckt, was tief in den Untergrund einschneidende Schaufelradbagger ermöglichten. Etwa 400 m südlich davon wurden 1994 an der Tagebaukante, die als Fundstelle 13 bezeichnet wurde, Tierknochen und ein beidseitig angespitzter Holzstab gefunden. Da hier weitere Funde zu erwarten waren, wurde eine 50 × 60 m große Fläche vom Abbau ausgespart. Dadurch entstand ein Grabungssockel, auch als Speersockel bezeichnet, der in das Tagebauloch hineinragt. In diesem Bereich fanden sich die Hinterlassenschaften eines Lagers steinzeitlicher Jäger, die an einem Seeufer vor rund 300.000 Jahren Wildpferde gejagt hatten. Zu den Fundstücken zählten auch die 10 Holzwaffen in Form der Wurfspeere, der Stoßlanze und des Holzstabs.

Forschungsprojekt ab 2008

2008 entstand in einer Kooperation zwischen dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover und der Universität Tübingen das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschungsprojekt Schöningen unter Leitung des Archäologen Nicholas J. Conard. Seither werden die Ausgrabungen von der Universität Tübingen, Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie, durchführt. An der Aufarbeitung und den Auswertungen der Grabungen forschen weltweit etwa 50 Wissenschaftler in 30 unterschiedlichen Institutionen.[40] Zu den Kooperationspartnern zählen unter anderem die Rijksuniversiteit Leiden (Paläontologie), die Universität Leuphana (Palynologie), das Senckenberg Forschungsinstitut und das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main, die Leibniz Universität Hannover (Geologie), das Labor für quartäre Hölzer Langnau (Holzanatomie) sowie das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz.

Neue Kooperation ab 2016

2016 übertrug das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur die seit 1994 anhaltende archäologische Forschung zu den Schöninger Speeren vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege an die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN)[41] Die Forschungsabgabe wurde damit begründet, dass die Senckenberg Gesellschaft über mehr Expertise zur Steinzeit verfüge[42] und die internationale Sichtbarkeit des Fundortes weiter ausbauen werde.[43] Befürwortern der Forschungsübertragung zufolge sei es Niedersachsen nicht gelungen, die „ältesten Jagdwaffen der Menschheit“ angemessen zu erforschen und zu vermitteln; der große Erfolg sei ausgeblieben.[44]

Grundlage der Forschungszusammenarbeit des Landes Niedersachsen mit der SGN und der Universität Tübingen, die bereits seit 2008 in die Erforschung der Schöninger Speere eingebunden ist, wurde ein am 1. August 2016 geschlossener Kooperationsvertrag. Zur Förderung der nationalen und internationalen Kooperation in Schöningen wurde zugleich ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet. Die Ausgrabungen werden von einem zehnköpfigen Team im Bereich des Speersockels und des Speerhorizonts Süd fortgesetzt. In der Hauptgrabungszeit unterstützen bis zu 10 Studierende die wissenschaftlichen Ausgrabungen.[45] 2016 erwartete der Grabungsleiter Jordi Serangeli noch weitere wichtige Funde in Schöningen.[46]

Weitergehende Untersuchungen ab 2020

Von 2020 bis 2023 wurden die Schöninger Speere und andere bearbeitete Holzobjekte mit den neuesten bildgebenden Verfahren untersucht, um mehr über den Herstellungsprozess, die Nutzung und den Fundzusammenhang zu erfahren.[47][48] Untersucht wurden 187 hölzerne Relikte, darunter zehn Speere und weitere 10 Jagdwaffen, wie Wurfstöcke. 35 untersuchte Holzartefakte wurden wahrscheinlich für die Verarbeitung von Pflanzen oder Tierhäuten hergestellt. Laut den Analysen waren die Gegenstände aus dem Holz von Fichten, Kiefern und Lärchen gefertigt. Die Bäume wurden im Sommer gefällt und stammten Pollenanalysen zufolge aus dem Elm und dem Harz. Aus den Fundgegenständen schließen die Forscher, dass die Fundstelle nicht nur ein Jagd- und Schlachtplatz am Seeufer war, sondern dass die Stelle auch für häusliche Aktivitäten genutzt wurde.[49][50]

Die Untersuchungen fanden im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD) sowie der Universitäten Göttingen und Reading statt. Geleitet wurde es von Thomas Terberger vom NLD und Holger Militz von der Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte der Universität Göttingen.[51] Eine Förderung erfolgte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Fundpräsentation

Die Schöninger Speere werden im Forschungsmuseum Schöningen gezeigt, das 2013 unter der Bezeichnung paläon als Besucherzentrum und Museum für die Ausstellung der Jagdwaffen eröffnet wurde. Die unweit der Fundstelle der Speere gelegene Einrichtung widmet sich der interdisziplinären Erforschung der Schöninger Fundstellen sowie der pleistozänen Archäologie und präsentiert in einer erlebnisorientierten Ausstellung die originalen Funde. Landschaftsbiotope, darunter eine Weide mit Wildpferden, veranschaulichen auf dem 34 Hektar großen Außengelände typische Pflanzengesellschaften der Warmzeit. Aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage wurde der Betrieb des paläon 2019 eingestellt und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege strukturierte das Objekt zum Forschungsmuseum Schöningen um.

Ausstellungen

Ein Schöninger Speer in der Ausstellung Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland

In den Jahren 2007 und 2008 fand mit den Speeren die Niedersächsische Landesausstellung unter dem Titel Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren im Braunschweigischen Landesmuseum und im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover statt.

Vom 21. September 2018 bis 6. Januar 2019 wurde ein Speer in der Ausstellung Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland in Berlin gezeigt, die aus Anlass des Europäischen Kulturerbejahres 2018 stattfand.[52]

Literatur

  • Hartmut Thieme: Lower Palaeolithic hunting spears from Germany. In: Nature. Band 385, 1997, S. 807–10, doi:10.1038/385807a0
  • Hartmut Thieme: Altpaläolithische Holzgeräte aus Schöningen, Lkr. Helmstedt. Bedeutsame Funde zur Kulturentwicklung des frühen Menschen. In: Germania. Band 77, 1999, S. 451–487, doi:10.11588/ger.1999.91650.
  • Die größte archäologische Ausgrabung in Niedersachsen. Bedeutende Entdeckungen zur Urgeschichte im Tagebau Schöningen. In: M. Fansa u. a. (Hrsg.): Archäologie I Land I Niedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz – 400 000 Jahre Geschichte. Ausstellungskatalog (= Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland. Beiheft 42). Stuttgart 2004, S. 294–299.
  • Hartmut Thieme: The Lower Palaeolithic art of hunting. The case of Schöningen 13 II-4, Lower Saxony, Germany. In: C. Gamble, M. Porr (Hrsg.): The hominid individual in context. Archaeological investigations of Lower and Middle Palaeolithic landscapes, locales and artefacts. Oxford 2005, S. 115–132.
  • Hartmut Thieme (Hrsg.): Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400000 Jahren. Ausstellungskatalog. Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0.
  • Gerhard Trnka: Rezension zu: Hartmut Thieme (Hrsg.): Die Schöninger Speere. Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren. Stuttgart 2007. In: H-Soz-u-Kult. 5. Januar 2009 (Online)
  • Brigitte Urban: Interglacial pollen records from Schöningen, North Germany. In: Developments in Quaternary Sciences. Band 7, 2007, S. 417–444.
  • Jordi Serangeli u. a.: Ein Fenster ins Altpaläolithikum. In: Archäologie in Deutschland. Band 28, Nr. 4, 2012, S. 6–12, ISSN 0176-8522.
  • Gerlinde Bigga, Brigitte Urban: Im Schatten der Speere – Hölzer und andere Pflanzenfunde aus Schöningen und ihre Bedeutung für den Menschen. In: Hugo Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit e. V., 55. Tagung in Wien, Erlangen 2013, S. 16 f.
  • Harald Eggebrecht: Spitze der Menschheit. Der Fund der 300 000 Jahre alten Schöninger Speere war eine Sensation. Er zeigt, wie der Homo heidelbergensis gelebt und gejagt hat. In: Süddeutsche Zeitung. 31. Oktober/1. November 2014, S. 63.
  • Jordi Serangeli: Die Jäger von Schöningen. Spuren von Menschen und Säbelzahnkatzen im „Speerhorizont“. In: Archäologie in Niedersachsen. 18/2015, S. 93–96.
  • Nicholas J. Conard, Christopher E. Miller, Jordi Serangeli, Thijs Van Kolfschoten (Hrsg.): Excavations at Schöningen: New Insights into Middle Pleistocene Lifeways in Northern Europe. In: Journal of Human Evolution. Band 89, 2015, S. 1–308, (Online)[53]
  • Marie-Anne Julien, Bruce Hardy, Mareike C. Stahlschmidt, Brigitte Urban, Jordi Serangeli, Nicholas J. Conard: Characterizing the Lower Paleolithic bone industry from Schöningen 12 II: A multi-proxy study. In: Journal of Human Evolution. 89, 2015, S. 264–286. (online, PDF)
  • Thomas Terberger, Utz Böhner, K. Felix Hillgruber, Andreas Kotula (Hrsg.): 300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit. 2018.
  • Karl-Ernst Behre (Hrsg.): Die chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen (= Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen. Band 1). Mainz, 2012 (Online)
  • Thomas Terberger, Stefan Winghart (Hrsg.): Die Geologie der paläolithischen Fundstellen von Schöningen (= Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen. Band 2). Mainz, 2015 (Online)
  • Gerlinde Bigga: Die Pflanzen von Schöningen (= Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen. Band 3). Mainz, 2018 (Online)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jordi Serangeli In: Terra X - Sternstunden der Steinzeit. Ein Film von Alexander Hogh und Martin Papirowski, Fachberatung Hermann Parzinger, Minute 9 bis 14 von ZDF 2018.
  2. Am 1. Juli 2019 eröffnet das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege das Forschungsmuseum Schöningen am Standort paläon.
  3. Hartmut Thieme, Reinhard Maier (Hrsg.): Archäologische Ausgrabungen im Braunkohlentagebau Schöningen. Landkreis Helmstedt, Hannover 1995.
  4. Hartmut Thieme: Die ältesten Speere der Welt – Fundplätze der frühen Altsteinzeit im Tagebau Schöningen. In: Archäologisches Nachrichtenblatt. 10, 2005, S. 409–417.
  5. Michael Baales, Olaf Jöris: Zur Altersstellung der Schöninger Speere. In: J. Burdukiewicz u. a. (Hrsg.): Erkenntnisjäger. Kultur und Umwelt des frühen Menschen. (= Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt. 57). 2003, S. 281–288. (Festschrift Dietrich Mania)
  6. O. Jöris: Aus einer anderen Welt – Europa zur Zeit des Neandertalers. In: N. J. Conard u. a. (Hrsg.): Vom Neandertaler zum modernen Menschen. Ausstellungskatalog Blaubeuren 2005, S. 47–70.
  7. Daniel Richter, Matthias Krbetschek: The age of the Lower Paleolithic occupation at Schöningen. In: Journal of Human Evolution. Band 89, Dezember 2015, S. 46–56.
  8. Melanie Sierralta, Manfred Frechen und Brigitte Urban: 230Th/U dating results from open cast mine Schöningen. In: Karl-Ernst Behre (Hrsg.): Die Chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen. Mainz, 2012, S. 143–154
  9. Brigitte Urban: Interglacial Pollen Records from Schöningen, North Germany. In: Frank Sirocko u. a. (Hrsg.): The Climate of Past Interglacials. (= Development in Quaternary Science. Band 7). 2007, S. 417–444.
  10. Hartmut Thieme: Altpaläolithische Holzgeräte aus Schöningen, Lkr. Helmstedt. In: Germania. Nr. 77, 1999, S. 451–487.
  11. Miriam Golek, Hermann Rieder: Erprobung der Altpalaolithischen Wurfspeere von Schöningen. In: Stadion, Internationale Zeitschrift für Geschichte des Sports. Nr. XXV Academia Verlag, Sankt Augustin 1999, S. 1–12.
  12. Leif Steguweit: Die Recken von Schöningen – 400 000 Jahre Jagd mit dem Speer. In: Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Urgeschichte. 8, 1999, S. 5–14 (Online-Ansicht und PDF-Download)
  13. Annemieke Milks, David Parker und Matt Pope: External ballistics of Pleistocene hand-thrown spears: experimental performance data and implications for human evolution. In: Scientific Report. Band 9, Artikel-Nr. 820, 2019, doi:10.1038/s41598-018-37904-w
    Neandertaler motorisch geschickter als gedacht. Auf: ndr.de vom 31. Januar 2019
  14. Steckbrief der Speere in: 300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit, S. 80–81
  15. Ältester Wurfstock der Welt entdeckt bei scinexx.de vom 20. April 2020
  16. Nicholas J. Conard, Jordi Serangeli, Gerlinde Bigga und Veerle Rots: A 300,000-year-old throwing stick from Schöningen, northern Germany, documents the evolution of human hunting. In: Nature Ecology & Evolution. Band 4, 2020, S. 690–693, doi:10.1038/s41559-020-1139-0.
    Guido Kleinhubbert: Vogelkiller aus der Steinzeit. Auf: Spiegel Online vom 20. April 2020.
  17. Steinzeitjäger verfügten über ganzes Arsenal tödlicher Waffen In: Welt Online vom 20. April 2020
  18. 300.000 Jahre alter Wurfstock dokumentiert die Evolution der Jagd. Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 20. April 2020
  19. Jordi Serangeli, Thijs van Kolfschoten, Nicholas J. Conard: 300.000 Jahre alte Funde einer Säbelzahnkatze aus Schöningen – Die gefährlichste Raubkatze der Eiszeit erstmals für Norddeutschland belegt. In: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. 1/2014.
  20. B. Voormolen: Ancient Hunters, Modern Butcher Schöningen 13II -4, a kill-butchery site dating from the northwest European Lower Palaeolithic. Leiden 2008.
  21. Pferdeknochen vor 300.000 Jahren als Werkzeug benutzt, in: Hamburger Abendblatt, 6. Juli 2015.
  22. Kurt Felix Hillgruber, Jorid Serangeli: Echt scharf. Die Steinwerkzeuge aus Schöningen in: 300.000 Jahre Spitzentechnik: Der altsteinzeitliche Fundplatz Schöningen und die frühesten Speere der Menschheit, S. 108–111
  23. Kenneth P. Oakley, Peter Andrews, Lawrence H. Keeley, J. Desmond Clark: A reappraisal of the Clacton spearpoint. In: Proceedings of the Prehistoric Society. 43, 1977, S. 13–30. Eine Abbildung findet sich hier: Abbildung: The Clacton Spear.
  24. L. G. Freemann, K. W. Butzer: The Acheulean Station of Torralba (Spain): A Progress Report. In: Quaternaria. Band 8, 1966, S. 9–22.
  25. Joyce A. Tyldesley, Paul G. Bahn: Use of plants in the European Palaeolithic: A review of the evidence. In: Quaternary Science Reviews. Band 2, Nr. 1, 1983, S. 53–81 (PDF).
  26. E. Wagner: Cannstatt I. Großwildjäger im Travertingebiet. (= Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg. Band 61). Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1196-5.
  27. D. Mania, U. Mania: Geräte aus Holz von der altpaläolithischen Fundstelle bei Bilzingsleben. In: Praehistorca Thuringica. Band 2, 1998, S. 32–72.
  28. L. Steguweit: Gebrauchsspuren an Artefakten der Hominidenfundstelle Bilzingsleben (Thüringen). (= Tübinger Arbeiten zur Urgeschichte. Band 2). Verlag Marie Leidorf, Rhaden/Westf. 2003, ISBN 3-89646-852-9.
  29. H. Thieme, S. Veil: Neue Untersuchungen zum eemzeitlichen Elefanten-Jagdplatz Lehringen, Ldkr. Verden. In: Die Kunde. Band 36, 1985, S. 11–58.
  30. Jayne Wilkins u. a.: Evidence for Early Hafted Hunting Technology. In: Science. Band 338, Nr. 6109, 2012, S. 942–946, doi:10.1126/science.1227608
    Urahnen warfen Steinspeere früher als gedacht. In: Focusonline. 16. November 2012.
  31. R. Musil: Die Pferde von Schöningen: Skelettreste einer ganzen Wildpferdherde. In: H. Thieme (Hrsg.): Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400 000 Jahren. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 136–140.
  32. H. Thieme: Warum ließen die Jäger die Speere zurück? In: H. Thieme (Hrsg.): Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400 000 Jahren. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 188–190.
  33. Wurfstock des Homo heidelbergensis entdeckt bei Bild der Wissenschaft vom 20. April 2020
  34. H. Thieme: Der große Wurf von Schöningen: Das neue Bild zur Kultur des frühen Menschen. In: H. Thieme (Hrsg.): Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89646-040-0, S. 224–228.
  35. M. N. Haidle: Menschenaffen? Affenmenschen? Mensch! Kognition und Sprache im Altpaläolithikum. In: N. J. Conard (Hrsg.): Woher kommt der Mensch. Attempto Verlag. Tübingen 2006, ISBN 3-89308-381-2, S. 69–97.
  36. „Schöninger Speere“ bald UNESCO Weltkulturerbe? bei NDR.de vom 23. Juni 2016.
  37. Fundort der Schöninger Speere soll Weltkulturerbe werden bei Welt.de
  38. Fundstätte der Schöninger Speere bald UNESCO-Welterbe? bei ndr.de vom 5. Dezember 2023
  39. Schöninger Speere könnten UNESCO-Weltkulturerbe werden bei ndr.de vom 28. Oktober 2021
  40. Ein- und Ausblick in die Erforschung der Altsteinzeit. Auf: idw-online vom 13. Januar 2017.
  41. Neue Kooperation für Forschung in Schöningen. bei ndr.de vom 28. Juli 2016.
  42. Senckenberg-Gesellschaft leitet Forschung am Paläon. In: focus.online. 28. Juli 2016.
  43. Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajić unterzeichnet Kooperation mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Universität Tübingen. Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 29. Juli 2016.
  44. Stefan Lüddemann: Schöninger Speere: Gute Entscheidung für Frankfurt. In: Neue Osnabrücker Zeitung. 29. Juli 2016.
  45. Ein- und Ausblick in die Erforschung der Altsteinzeit. Auf: idw-online.de vom 13. Januar 2017.
  46. Speer verständlich. In: Süddeutsche Zeitung. 6. September 2016.
  47. Presseinformation: Schöninger Speere - die ältesten Holzwaffen des Menschen bei Universität Göttingen vom 15. September 2020
  48. Dirk Leder, Thomas Terberger: Die ältesten Holzwaffen des Menschen von Schöningen – Dokumentation und Untersuchung im Denkmalatlas Niedersachsen
  49. Wie der Homo heidelbergensis seine Holzwerkzeuge herstellte bei scienexx.de vom 2. April 2024
  50. Dirk Leder, Jens Lehmann, Annemieke Milks, Thomas Terberger: The wooden artifacts from Schöningen’s Spear Horizon and their place in human evolution in PNAS vom 1. April 2024
  51. Markus Brich: 480.000 Euro für die Erforschung der Schöninger Speere in Helmstedter Nachrichten vom 15. September 2020
  52. Ein Schöninger Speer wird zum Star von Berlin in Helmstedter Nachrichten vom 14. September 2018
  53. Sonderband des „Journal of Human Evolution“ zur Fundstelle Schöningen. Auf: archaeologie-online.de vom 28. Januar 2016.
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