Kloster St. Ludgeri: Unterschied zwischen den Versionen
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Das '''Kloster St. Ludgeri''' ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in [[Helmstedt]]. | Das '''Kloster St. Ludgeri''' ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in [[Helmstedt]] im [[Landkreis Helmstedt]] in Niedersachsen in Deutschland. | ||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Die ehemalige Benediktinerabtei und zählt zu den bedeutendsten historischen Bau- und Siedlungsstätten der Stadt. Es wurde um das Jahr [[800]] vom friesischen Missionar Liudger (* um [[742]] bei Utrecht; † 26. März [[809]] bei Billerbeck) im Zuge der Sachsenmission unter Karl dem Großen gegründet. Der Standort wurde gezielt gewählt: An einer altgermanischen Quellkultstätte und an der damaligen Reichsstraße, einer wichtigen mittelalterlichen Handelsroute zwischen Halberstadt und Lüneburg bzw. der Altmark gelegen, bot er wirtschaftliche Vorteile und günstige Voraussetzungen für die Ausbreitung des christlichen Glaubens. | |||
Das Kloster | Das Kloster entwickelte sich rasch zu einem geistlichen und wirtschaftlichen Zentrum der Region und gilt als einer der Siedlungskerne [[Helmstedt]]s. Bis ins 15. Jahrhundert hinein übten die Äbte des Klosters die Stadtherrschaft über [[Helmstedt]] aus. Das Stadtrecht lag bis [[1271]] beim Abt, was die erste Blütezeit der Abtei markiert. Die enge Verbindung zwischen Stadt und Kloster findet Ausdruck im [[Helmstedt#Wappen|Helmstedter Stadtwappen]], das den heiligen Liudger zeigt. | ||
Nach der Reformation und den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges behauptete sich das Kloster weiterhin als römisch-katholische Institution. Es widersetzte sich sämtlichen Reformationsbewegungen des 16. Jahrhunderts und vertrat seine Glaubenslehre bis zur Säkularisation im Jahr [[1802]]. In der Folge fiel das Kloster an das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg und wurde bis [[1977]] als landwirtschaftliche Staatsdomäne genutzt. | |||
Architektonisch ist das Kloster insbesondere für seinen barocken Wiederaufbau zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Bedeutung. Unter der Mitwirkung des Festungsbaumeisters Gerhardt Cornelius von Walrave und des Bildhauers Michael Helwig entstand eine der herausragendsten spätbarocken Hofanlagen Norddeutschlands. Neben dem barocken Konventsgebäude blieben die romanische Doppelkapelle im Innenhof sowie das sogenannte [[Türkentor]] und das [[Taubenhaus]] erhalten. | |||
Seit [[1980]] befindet sich das Konventsgebäude im Besitz der Diözese Hildesheim und wird von der katholischen [[Kirchengemeinde St. Ludgeri]] als Begegnungsstätte genutzt. | |||
Eine besondere historische Stellung nimmt das Helmstedter Kloster auch durch seine Verbindung zur Abtei Werden ein. Beide Klöster standen seit ihrer Gründung in enger Verbindung und wurden in Personalunion geführt, was sich unter anderem in der Darstellung der Doppel-Abtstäbe in ihren Wappen widerspiegelt. | |||
Das Kloster St. Ludgeri besitzt aufgrund seiner geschichtlichen, architektonischen und städtebaulichen Bedeutung sowie seiner künstlerischen Ausgestaltung ein öffentliches Interesse. Es stellt ein bedeutendes Zeugnis der Orts-, Siedlungs- und Stadtbaugeschichte dar und bietet durch seine seltene Bauform und künstlerische Qualität einen hohen Erlebnis- und Erkenntniswert. | |||
Am 3. März [[2021]] war ein Teil der Klostermauer an der [[Goethestraße]] auf einer Länge von etwa 25 m völlig unerwartet eingestürzt. Untersuchungen ergaben, dass Einwirkungen von Feuchtigkeit im Sockelbereich über einen sehr langen Zeitraum und die seit einigen Jahren vorhanden Unterschiede der Geländehöhen beiderseits der Mauer zum Umsturz geführt haben. Ende März [[2022]] wurde mit vorbereitenden Arbeiten für die Rekonstruktion der historischen Klostermauer begonnen, die von der Jugendbauhütte, einer mobilen Einsatzgruppe junger Freiwilliger, im Rahmen eines dreijährigen Projekts fachgerecht umgesetzt und im Oktober 2024 abgeschlossen wurde. Unter Anleitung von Fachleuten und mit Unterstützung von Sponsoren wie E.on-Avacon, der Bürgerstiftung Ostfalen und dem Rotary-Club haben die Freiwilligen die etwa 80 m lange Mauer stabilisiert, verfugt und mit einer Ziegelabdeckung versehen. Als Erinnerung an ihre Arbeit hinterließen sie eine Zeitkapsel mit Namen, Zeitungen und Fotos. Bürgermeister [[Wittich Schobert]] und Erster Stadtrat Henning Konrad Otto würdigten das Engagement und das Ergebnis des Projekts.<ref>https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/jugendbauhuetten/die-einzelnen-jugendbauhuetten/jugendbauhuette-niedersachsen/jugendbauhuette-niedersachsen-projekt-ostfalen.html</ref><ref>https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/junge-haende-fuer-die-klostermauer.html</ref><ref>https://www.stadt-helmstedt.de/rathaus/presse/artikel/klostermauer-von-st-ludgeri-grossflaechig-eingestuerzt.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/helmstedt/article407525685/historisches-denkmal-in-helmstedt-von-jugendlichen-restauriert.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article231927169/Rettung-fuer-eingestuerzte-Helmstedter-Stadtmauer-in-Sicht.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article240746246/Aufbau-der-historischen-Klostermauer-in-Helmstedt-geht-voran.html</ref> | Am 3. März [[2021]] war ein Teil der Klostermauer an der [[Goethestraße]] auf einer Länge von etwa 25 m völlig unerwartet eingestürzt. Untersuchungen ergaben, dass Einwirkungen von Feuchtigkeit im Sockelbereich über einen sehr langen Zeitraum und die seit einigen Jahren vorhanden Unterschiede der Geländehöhen beiderseits der Mauer zum Umsturz geführt haben. Ende März [[2022]] wurde mit vorbereitenden Arbeiten für die Rekonstruktion der historischen Klostermauer begonnen, die von der Jugendbauhütte, einer mobilen Einsatzgruppe junger Freiwilliger, im Rahmen eines dreijährigen Projekts fachgerecht umgesetzt und im Oktober 2024 abgeschlossen wurde. Unter Anleitung von Fachleuten und mit Unterstützung von Sponsoren wie E.on-Avacon, der Bürgerstiftung Ostfalen und dem Rotary-Club haben die Freiwilligen die etwa 80 m lange Mauer stabilisiert, verfugt und mit einer Ziegelabdeckung versehen. Als Erinnerung an ihre Arbeit hinterließen sie eine Zeitkapsel mit Namen, Zeitungen und Fotos. Bürgermeister [[Wittich Schobert]] und Erster Stadtrat Henning Konrad Otto würdigten das Engagement und das Ergebnis des Projekts.<ref>https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/jugendbauhuetten/die-einzelnen-jugendbauhuetten/jugendbauhuette-niedersachsen/jugendbauhuette-niedersachsen-projekt-ostfalen.html</ref><ref>https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/junge-haende-fuer-die-klostermauer.html</ref><ref>https://www.stadt-helmstedt.de/rathaus/presse/artikel/klostermauer-von-st-ludgeri-grossflaechig-eingestuerzt.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/helmstedt/article407525685/historisches-denkmal-in-helmstedt-von-jugendlichen-restauriert.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article231927169/Rettung-fuer-eingestuerzte-Helmstedter-Stadtmauer-in-Sicht.html</ref><ref>https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article240746246/Aufbau-der-historischen-Klostermauer-in-Helmstedt-geht-voran.html</ref> | ||
== Beschreibung == | |||
Der historische Gebäudekomplex der ehemaligen Benediktinerabtei umfasst Sakralbauten, Konvents- und Wirtschaftsgebäude, einen angrenzenden Klostergarten sowie eine umschließende Klostermauer. | |||
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Zu den ältesten Teilen des Klosters zählen die Doppelkapelle und die Klosterkirche St. Ludgeri, deren Bausubstanz bis in die Frühromanik (9. bis 12. Jahrhundert) zurückreicht. Diese gelten zugleich als Gründungsbauten der klösterlichen Anlage. | |||
Im Zuge der Reformation wurde das Kloster im Jahr [[1553]] teilweise zerstört. Die heute erhaltenen Konvents- und Wirtschaftsgebäude stammen überwiegend aus einer Neubauphase zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Nach der Säkularisation im Jahr [[1802]] wurde das Areal teilweise als katholische Pfarrgemeinde, teilweise als staatliche Domäne weitergenutzt. | |||
Im Jahr [[1977]] wurde die bauliche Einheit des Wirtschaftshofes durch den Straßenbau erheblich beeinträchtigt. In den folgenden Jahren kam es durch mangelnde Bauunterhaltung sowie durch Abrissmaßnahmen und Neubauten zu erheblichen Substanzverlusten. | |||
== Klosterkirche St. Ludgeri == | |||
{{Infobox Kirchengebäude | |||
| Name = St. Ludgeri | |||
| Bild = Helmstedt Kirche St Ludgeri.jpg | |||
| Bildunterschrift = St. Ludgeri ([[2007]]) | |||
| Konfession = römisch-katholisch | |||
| Patrozinium = | |||
| Diözese = Bistum Hildesheim | |||
| Ort = [[38350]] [[Helmstedt]] | |||
| Bauherr = | |||
| Architekt = | |||
| Baubeginn = | |||
| Fertigstellung = | |||
| Einweihung = | |||
| Widmungen = Liudger | |||
| Profanierung = | |||
| Profaniert = | |||
| Baustil = | |||
| Ausstattungsstil = | |||
| Bautyp = Basilika | |||
| Funktion und Titel = | |||
| Breitengrad = 52.2263694 | |||
| Längengrad = 11.0150349 | |||
| Region-ISO = DE-NI | |||
}} | |||
Die Klosterkirche St. Ludgeri ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude. Die Kirche gehört zur katholischen [[Pfarrgemeinde St. Ludgeri]] mit Sitz in [[Helmstedt]] im [[Dekanat Wolfsburg–Helmstedt]] des Bistums Hildesheim im Bistum Hildesheim. | |||
=== Geschichte === | |||
Die römisch-katholische Benediktiner-Abteikirche St. Ludgeri ist ein historisch bedeutender Sakralbau in der Tradition der Benediktiner. Ihr frühromanischer Kern, die sogenannte Felicitas-Krypta aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, zählt zu den ältesten erhaltenen Bauteilen und gilt als einer der Gründungsbauten sowohl des Klosters St. Ludgeri als auch der sich in dessen Umfeld entwickelnden Siedlung. Mit dem Kirchenbau setzte zugleich eine erste Blütezeit der Abtei ein. | |||
=== Beschreibung === | |||
Die Kirche bildet das architektonische und funktionale Zentrum der ehemaligen Klosteranlage. An ihrer Nordseite schließen sich die im 18. Jahrhundert errichteten Konventsgebäude an, die an der Stelle des einstigen Kreuzgangs erbaut wurden. Die Abteikirche ist eine dreischiffige, vierjochige Basilika aus Bruchsteinquadern mit einem zweisäuligen Stützenwechsel. Sie besitzt einen geraden Chorabschluss sowie ein Querschiff mit Vierungsturm. Unterhalb des Kirchengebäudes befindet sich die sogenannte Felicitas-Krypta, die um das Jahr [[1050]] als dreischiffige, kreuzgratgewölbte Halle mit Stützenwechsel und diagonal gestellten Pfeilern errichtet wurde. | |||
Die Kirche, ursprünglich der heiligen Felicitas geweiht, geht im Kern auf eine Basilika aus dem 11. Jahrhundert zurück. In ihrer Geschichte wurde sie mehrfach umfassend verändert, insbesondere nach einem Brand um das Jahr [[1200]]. Während der Reformation wurde das Gotteshaus im Jahr [[1553]] zerstört und zunächst nur in den östlichen Bereichen wieder aufgebaut. Zwischen [[1890]] und [[1900]] erfolgte die Ergänzung des Querschiffs mit Vierungsturm, der Seitenschiffe und des Westteils im Stil einer historisierenden Synthese. | |||
Im Jahr [[1942]] wurde die Kirche bei einem weiteren Brand schwer beschädigt, wobei die barocke Innenausstattung aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zerstört wurde. Der Wiederaufbau des Innenraums erfolgte in den Jahren [[1947]]/[[1948]]. | |||
Zur heutigen Ausstattung der Kirche gehören unter anderem Fragmente eines verzierten Gipsfußbodens aus dem 12. Jahrhundert, eine Pièta aus dem 16. Jahrhundert sowie ein großes Kruzifix von [[1638]]. Darüber hinaus sind mehrere barocke Großbilder und Holzplastiken aus dem Jahr [[1948]] Bestandteil der Inneneinrichtung. | |||
== Siehe auch == | |||
* [[St. Ludgeri-Südschacht]] | |||
* [[Liste der Kirchen im Landkreis Helmstedt]] | |||
== Literatur == | |||
* Christof Römer: ''St. Ludgeri Helmstedt. Benediktinerkloster und katholische Pfarrkirche.'' DKV-Kunstführer Nr. 329/9 | |||
* Stadt Helmstedt: ''Kloster St. Ludgerus'', Helmstedt 2003 (Faltblatt in verschiedenen Auflagen) | |||
* Christof Römer: ''Sankt Ludgeri zu Helmstedt in der Barockzeit.'' Bernward Verlag Hildesheim, 1987, ISBN 3-87065-440-6. | |||
* Kirchengemeinde St. Ludgeri (Hrsg.): ''Der Kirchenbrand von St. Ludgeri zu Helmstedt 1942–1992. Eine Dokumentation des Brandes ausgehend von seiner Vorgeschichte und mit Betrachtung seiner Aufarbeitung.'' Helmstedt 1992. | |||
== Weblinks == | |||
* [https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/metadata/32632011/1/- ''Benediktiner- Klosterdomäne St. Ludgeri''] im Denkmalatlas Niedersachsen | |||
* [https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/metadata/32699435/1/- ''Benediktiner-Abteikirche St. Ludgeri; Klosterdomäne St. Ludgeri''] im Denkmalatlas Niedersachsen | |||
* [https://www.stadt-helmstedt.de/tourismus-kultur/helmstedt-erleben/kloester/kloster-st-ludgerus.html Kloster St. Ludgerus] auf der Website der Stadt [[Helmstedt]] | |||
* [https://www.klosterludgerus.de Begegnungsstätte Kloster St. Ludgerus] | |||
* [https://www.ludgeri-he.de Pfarrei St. Ludgeri] Offizielle Website | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
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[[Kategorie:Kirchengebäude im Landkreis Helmstedt]] | [[Kategorie:Kirchengebäude im Landkreis Helmstedt]] | ||
[[Kategorie:Baudenkmal im Landkreis Helmstedt]] | |||
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Version vom 15. Mai 2025, 12:15 Uhr

Das Kloster St. Ludgeri ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in Helmstedt im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen in Deutschland.
Geschichte
Die ehemalige Benediktinerabtei und zählt zu den bedeutendsten historischen Bau- und Siedlungsstätten der Stadt. Es wurde um das Jahr 800 vom friesischen Missionar Liudger (* um 742 bei Utrecht; † 26. März 809 bei Billerbeck) im Zuge der Sachsenmission unter Karl dem Großen gegründet. Der Standort wurde gezielt gewählt: An einer altgermanischen Quellkultstätte und an der damaligen Reichsstraße, einer wichtigen mittelalterlichen Handelsroute zwischen Halberstadt und Lüneburg bzw. der Altmark gelegen, bot er wirtschaftliche Vorteile und günstige Voraussetzungen für die Ausbreitung des christlichen Glaubens.
Das Kloster entwickelte sich rasch zu einem geistlichen und wirtschaftlichen Zentrum der Region und gilt als einer der Siedlungskerne Helmstedts. Bis ins 15. Jahrhundert hinein übten die Äbte des Klosters die Stadtherrschaft über Helmstedt aus. Das Stadtrecht lag bis 1271 beim Abt, was die erste Blütezeit der Abtei markiert. Die enge Verbindung zwischen Stadt und Kloster findet Ausdruck im Helmstedter Stadtwappen, das den heiligen Liudger zeigt.
Nach der Reformation und den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges behauptete sich das Kloster weiterhin als römisch-katholische Institution. Es widersetzte sich sämtlichen Reformationsbewegungen des 16. Jahrhunderts und vertrat seine Glaubenslehre bis zur Säkularisation im Jahr 1802. In der Folge fiel das Kloster an das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg und wurde bis 1977 als landwirtschaftliche Staatsdomäne genutzt.
Architektonisch ist das Kloster insbesondere für seinen barocken Wiederaufbau zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Bedeutung. Unter der Mitwirkung des Festungsbaumeisters Gerhardt Cornelius von Walrave und des Bildhauers Michael Helwig entstand eine der herausragendsten spätbarocken Hofanlagen Norddeutschlands. Neben dem barocken Konventsgebäude blieben die romanische Doppelkapelle im Innenhof sowie das sogenannte Türkentor und das Taubenhaus erhalten.
Seit 1980 befindet sich das Konventsgebäude im Besitz der Diözese Hildesheim und wird von der katholischen Kirchengemeinde St. Ludgeri als Begegnungsstätte genutzt.
Eine besondere historische Stellung nimmt das Helmstedter Kloster auch durch seine Verbindung zur Abtei Werden ein. Beide Klöster standen seit ihrer Gründung in enger Verbindung und wurden in Personalunion geführt, was sich unter anderem in der Darstellung der Doppel-Abtstäbe in ihren Wappen widerspiegelt.
Das Kloster St. Ludgeri besitzt aufgrund seiner geschichtlichen, architektonischen und städtebaulichen Bedeutung sowie seiner künstlerischen Ausgestaltung ein öffentliches Interesse. Es stellt ein bedeutendes Zeugnis der Orts-, Siedlungs- und Stadtbaugeschichte dar und bietet durch seine seltene Bauform und künstlerische Qualität einen hohen Erlebnis- und Erkenntniswert.
Am 3. März 2021 war ein Teil der Klostermauer an der Goethestraße auf einer Länge von etwa 25 m völlig unerwartet eingestürzt. Untersuchungen ergaben, dass Einwirkungen von Feuchtigkeit im Sockelbereich über einen sehr langen Zeitraum und die seit einigen Jahren vorhanden Unterschiede der Geländehöhen beiderseits der Mauer zum Umsturz geführt haben. Ende März 2022 wurde mit vorbereitenden Arbeiten für die Rekonstruktion der historischen Klostermauer begonnen, die von der Jugendbauhütte, einer mobilen Einsatzgruppe junger Freiwilliger, im Rahmen eines dreijährigen Projekts fachgerecht umgesetzt und im Oktober 2024 abgeschlossen wurde. Unter Anleitung von Fachleuten und mit Unterstützung von Sponsoren wie E.on-Avacon, der Bürgerstiftung Ostfalen und dem Rotary-Club haben die Freiwilligen die etwa 80 m lange Mauer stabilisiert, verfugt und mit einer Ziegelabdeckung versehen. Als Erinnerung an ihre Arbeit hinterließen sie eine Zeitkapsel mit Namen, Zeitungen und Fotos. Bürgermeister Wittich Schobert und Erster Stadtrat Henning Konrad Otto würdigten das Engagement und das Ergebnis des Projekts.[1][2][3][4][5][6]
Beschreibung
Der historische Gebäudekomplex der ehemaligen Benediktinerabtei umfasst Sakralbauten, Konvents- und Wirtschaftsgebäude, einen angrenzenden Klostergarten sowie eine umschließende Klostermauer.
-
Klostergebäude und Kirche
-
Chronik St. Ludgeri
-
Doppelkapelle im Innenhof des Klostergebäudes
Zu den ältesten Teilen des Klosters zählen die Doppelkapelle und die Klosterkirche St. Ludgeri, deren Bausubstanz bis in die Frühromanik (9. bis 12. Jahrhundert) zurückreicht. Diese gelten zugleich als Gründungsbauten der klösterlichen Anlage.
Im Zuge der Reformation wurde das Kloster im Jahr 1553 teilweise zerstört. Die heute erhaltenen Konvents- und Wirtschaftsgebäude stammen überwiegend aus einer Neubauphase zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Nach der Säkularisation im Jahr 1802 wurde das Areal teilweise als katholische Pfarrgemeinde, teilweise als staatliche Domäne weitergenutzt.
Im Jahr 1977 wurde die bauliche Einheit des Wirtschaftshofes durch den Straßenbau erheblich beeinträchtigt. In den folgenden Jahren kam es durch mangelnde Bauunterhaltung sowie durch Abrissmaßnahmen und Neubauten zu erheblichen Substanzverlusten.
Klosterkirche St. Ludgeri
|
St. Ludgeri | |
|---|---|
|
St. Ludgeri (2007) | |
| Basisdaten | |
| Konfession | römisch-katholisch |
| Ort | 38350 Helmstedt, Deutschland |
| Diözese | Bistum Hildesheim |
| Baubeschreibung | |
| Widmung | Liudger |
| Bautyp | Basilika |
| 52° 13′ 34,9″ N, 11° 0′ 54,1″ O | |
Die Klosterkirche St. Ludgeri ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude. Die Kirche gehört zur katholischen Pfarrgemeinde St. Ludgeri mit Sitz in Helmstedt im Dekanat Wolfsburg–Helmstedt des Bistums Hildesheim im Bistum Hildesheim.
Geschichte
Die römisch-katholische Benediktiner-Abteikirche St. Ludgeri ist ein historisch bedeutender Sakralbau in der Tradition der Benediktiner. Ihr frühromanischer Kern, die sogenannte Felicitas-Krypta aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, zählt zu den ältesten erhaltenen Bauteilen und gilt als einer der Gründungsbauten sowohl des Klosters St. Ludgeri als auch der sich in dessen Umfeld entwickelnden Siedlung. Mit dem Kirchenbau setzte zugleich eine erste Blütezeit der Abtei ein.
Beschreibung
Die Kirche bildet das architektonische und funktionale Zentrum der ehemaligen Klosteranlage. An ihrer Nordseite schließen sich die im 18. Jahrhundert errichteten Konventsgebäude an, die an der Stelle des einstigen Kreuzgangs erbaut wurden. Die Abteikirche ist eine dreischiffige, vierjochige Basilika aus Bruchsteinquadern mit einem zweisäuligen Stützenwechsel. Sie besitzt einen geraden Chorabschluss sowie ein Querschiff mit Vierungsturm. Unterhalb des Kirchengebäudes befindet sich die sogenannte Felicitas-Krypta, die um das Jahr 1050 als dreischiffige, kreuzgratgewölbte Halle mit Stützenwechsel und diagonal gestellten Pfeilern errichtet wurde.
Die Kirche, ursprünglich der heiligen Felicitas geweiht, geht im Kern auf eine Basilika aus dem 11. Jahrhundert zurück. In ihrer Geschichte wurde sie mehrfach umfassend verändert, insbesondere nach einem Brand um das Jahr 1200. Während der Reformation wurde das Gotteshaus im Jahr 1553 zerstört und zunächst nur in den östlichen Bereichen wieder aufgebaut. Zwischen 1890 und 1900 erfolgte die Ergänzung des Querschiffs mit Vierungsturm, der Seitenschiffe und des Westteils im Stil einer historisierenden Synthese.
Im Jahr 1942 wurde die Kirche bei einem weiteren Brand schwer beschädigt, wobei die barocke Innenausstattung aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zerstört wurde. Der Wiederaufbau des Innenraums erfolgte in den Jahren 1947/1948.
Zur heutigen Ausstattung der Kirche gehören unter anderem Fragmente eines verzierten Gipsfußbodens aus dem 12. Jahrhundert, eine Pièta aus dem 16. Jahrhundert sowie ein großes Kruzifix von 1638. Darüber hinaus sind mehrere barocke Großbilder und Holzplastiken aus dem Jahr 1948 Bestandteil der Inneneinrichtung.
Siehe auch
Literatur
- Christof Römer: St. Ludgeri Helmstedt. Benediktinerkloster und katholische Pfarrkirche. DKV-Kunstführer Nr. 329/9
- Stadt Helmstedt: Kloster St. Ludgerus, Helmstedt 2003 (Faltblatt in verschiedenen Auflagen)
- Christof Römer: Sankt Ludgeri zu Helmstedt in der Barockzeit. Bernward Verlag Hildesheim, 1987, ISBN 3-87065-440-6.
- Kirchengemeinde St. Ludgeri (Hrsg.): Der Kirchenbrand von St. Ludgeri zu Helmstedt 1942–1992. Eine Dokumentation des Brandes ausgehend von seiner Vorgeschichte und mit Betrachtung seiner Aufarbeitung. Helmstedt 1992.
Weblinks
- Benediktiner- Klosterdomäne St. Ludgeri im Denkmalatlas Niedersachsen
- Benediktiner-Abteikirche St. Ludgeri; Klosterdomäne St. Ludgeri im Denkmalatlas Niedersachsen
- Kloster St. Ludgerus auf der Website der Stadt Helmstedt
- Begegnungsstätte Kloster St. Ludgerus
- Pfarrei St. Ludgeri Offizielle Website
Einzelnachweise
- ↑ https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/jugendbauhuetten/die-einzelnen-jugendbauhuetten/jugendbauhuette-niedersachsen/jugendbauhuette-niedersachsen-projekt-ostfalen.html
- ↑ https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/junge-haende-fuer-die-klostermauer.html
- ↑ https://www.stadt-helmstedt.de/rathaus/presse/artikel/klostermauer-von-st-ludgeri-grossflaechig-eingestuerzt.html
- ↑ https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/helmstedt/article407525685/historisches-denkmal-in-helmstedt-von-jugendlichen-restauriert.html
- ↑ https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article231927169/Rettung-fuer-eingestuerzte-Helmstedter-Stadtmauer-in-Sicht.html
- ↑ https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article240746246/Aufbau-der-historischen-Klostermauer-in-Helmstedt-geht-voran.html
