Kaiserdom Königslutter: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Kaiserdom Königslutter''' wurde 1135 als Benediktiner-Abteikirche von Kaiser [[Lothar III. (HRR)|Lothar III.]] zur Ehre von „St. Peter und Paul“ in [[Königslutter am Elm|Königslutter]] gestiftet. Die Fertigstellung des romanischen Bauwerkes erfolgte – nach dessen Tod – um 1170 unter Heinrich dem Löwen. Das Kirchengebäude ist eine kreuzförmige Pfeilerbasilika, die mit 75 m Länge und 18 m Höhe für damalige Zeit enorme Ausmaße hatte. Der Kaiserdom wurde an der höchsten Stelle im Ort errichtet.
{{Infobox Kirchengebäude
| Name                = Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul)
| Bild                = Dom Königslutter P1050406.jpg
| Bildunterschrift    = Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul) aus der Luft ([[2012]])
| Konfession          = evangelisch-lutherisch
| Widmung            =
| Landeskirche        = Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig
| Ort                = [[Vor dem Kaiserdom (Königslutter am Elm)|Vor dem Kaiserdom]] 5, [[38154]] [[Königslutter am Elm]]
| Bauherr            =
| Architekt          =
| Baubeginn          =
| Fertigstellung      =
| Einweihung          =
| Widmungen          =
| Profanierung        =
| Profaniert          =
| Baustil            = Romanik
| Ausstattungsstil    =
| Bautyp              = Basilika
| Funktion und Titel  =
| Breitengrad        = 52.244719
| Längengrad          = 10.815719
| Region-ISO          = DE-NI
}}
Der '''Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul)''' ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude an der Straße [[Vor dem Kaiserdom (Königslutter am Elm)|Vor dem Kaiserdom]] in der Stadt [[Königslutter am Elm]] im [[Landkreis Helmstedt]] in Niedersachsen in Deutschland. Die evangelisch-lutherische Kirche gehört zur [[Kirchengemeinde Stiftskirche St. Petri und Pauli (Kaiserdom) und St. Jacobus Sunstedt]] im Pfarrverband Königslutter der [[Evangelisch-lutherische Propstei Königslutter|Propstei Königslutter]] der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig.


== Bedeutung ==
== Bedeutung ==
Der Kirchenbau zählt zu den wichtigsten Kulturdenkmälern der Romanik in Deutschland und war das erste Großgewölbe nördlich des Harzes. Er war als Symbol imperialer Würde angelegt und ist von der Bedeutung her dem salischen Kaiserdom zu Speyer gleichzusetzen. Der Bau lässt die unmittelbare Nachfolge zu oberitalienischen Kirchen wie den Domen von Modena, Verona und Piacenza erkennen.
Der Dom gilt als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler der romanischen Architektur in Deutschland. Er wurde als erstes Großgewölbe nördlich des Harzes errichtet und diente als Ausdruck imperialer Repräsentation. In seiner symbolischen und architektonischen Bedeutung steht er dem salischen Kaiserdom zu Speyer gleich. Stilistisch zeigt der Bau eine enge Verbindung zu oberitalienischen Kirchenbauten und lässt insbesondere Einflüsse der Dome von Modena, Verona und Piacenza erkennen.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Vorläufer des Kirchenbaus war ein Kanonissenstift, das die Grafen von Haldensleben im 11. Jahrhundert errichteten. Es lag nahe dem damaligen Dorf Lutter am Bach [[Lutter]], der hier am Rande des [[Elm]]s entsprang. 1135 wandelte Kaiser Lothar, seit 1125 deutscher König und 1133 deutscher Kaiser, das Stift in ein Benediktinerkloster um. Dabei stiftete er den nun entstehenden Kaiserdom als Klosterkirche. In der Gründungsurkunde ließ er dem Kloster umfangreichen Grundbesitz nahe dem Dorf, Waldanteile im Elm und weiteren Streubesitz bis zum etwa 20 km entfernten [[Drömling]], u. a. die ''Wulvosburg'', vermutlich ein Vorläuferbau der ''Wolfsburg''.
[[Datei:Königslutter Closter (Merian).jpg|mini|[[Matthäus Merian|Merian]]-Kupferstich um 1650 vom Dom]]
Der heutige Kaiserdom geht auf ein Kanonissenstift zurück, das im 11. Jahrhundert von den Grafen von Haldensleben gegründet wurde. Dieses Stift befand sich nahe dem damaligen Dorf [[Königslutter am Elm|Lutter]], am Bach [[Lutter]], der am Rand des [[Elm]]s entspringt.


Zwei Jahre nach Baubeginn starb Kaiser [[Lothar III. (HRR)|Lothar von Süpplingenburg]] 1137 in Tirol bei der Rückkehr von einem Italienfeldzug. Seine sterbliche Überreste wurden in der noch nicht fertiggestellten Kirche beigesetzt. Nach seinem Tode wurde das Bauwerk aus [[Elmkalkstein]] in einer einfacheren Weise mit reduzierten Plänen vollendet. Die beiden Westtürme wurden erst im 15. Jahrhundert vollendet. Vom Gründer Kaiser Lothar mit zahlreichen Reliquien ausgestattet, entwickelte sich die Kirche im späten Mittelalter zu einem bekannten Wallfahrtsort. Hauptwallfahrtstag war der 29. Juni, der Peter- und Paulstag als Namenstag der beiden Kirchenheiligen. Wallfahrer kamen aus Lübeck, Lüneburg, dem Rheinland und Thüringen.
Im Jahr [[1135]] wandelte Kaiser Lothar III., der seit [[1125]] als deutscher König und seit [[1133]] als römisch-deutscher Kaiser amtierte, das Stift in ein Benediktinerkloster um. Zugleich stiftete er die Abteikirche, aus der sich der Kaiserdom entwickelte. In der Gründungsurkunde verfügte er die Ausstattung des Klosters mit umfangreichem Grundbesitz in der Umgebung des Dorfes, mit Waldanteilen im Elm sowie mit weiter verstreutem Besitz bis hin zum etwa 20 km entfernten Drömling. Dazu zählte auch die Wulvosburg, ein vermutlich als Vorläufer der Wolfsburg anzusehender Bau.
 
Kaiser Lothar starb im Jahr [[1137]], zwei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, während der Rückkehr von einem Italienfeldzug in Tirol. Seine sterblichen Überreste wurden in der noch unvollendeten Kirche beigesetzt. Nach seinem Tod wurde der Bau in vereinfachter Form und mit reduzierten Plänen fortgeführt. Die beiden Westtürme wurden erst im 15. Jahrhundert vollendet.
 
Der Dom wurde vom Gründer mit zahlreichen Reliquien ausgestattet und entwickelte sich im späten Mittelalter zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Der wichtigste Wallfahrtstag war der 29. Juni, das Fest der Apostel Petrus und Paulus, den beiden Kirchenpatronen. Pilger kamen aus verschiedenen Regionen, darunter Lübeck, Lüneburg, das Rheinland und Thüringen.
 
Mit der Einführung der Reformation im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde der Kaiserdom lutherisch. Die Abtei bestand fortan als evangelisches Stift unter der Leitung lutherischer Äbte. Zu den herausragenden Persönlichkeiten dieser Zeit zählt Johann Fabricius, der das Amt des Abtes von [[1701]] bis [[1729]] innehatte. Er wurde in der Stiftskirche bestattet; sein Epitaph befindet sich im südlichen Querhaus.
 
Von [[2001]] bis [[2010]] wurde der Kaiserdom umfassend restauriert und rechtzeitig zum 875-jährigen Gründungsjubiläum feierlich wiedereröffnet und neu geweiht.<ref>https://www.koenigslutter-kaiserdom.de/wissen/kaiserdom</ref>


=== Liste der Pastoren und Superintendenten seit der Reformation ===
Seit der Reformation hatten folgende Personen das Amt des Pastors beziehungsweise die Superintendentur inne:
Seit der Reformation hatten folgende Personen das Amt des Pastors beziehungsweise die Superintendentur inne:
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{| style="background: #FFFFFF; padding: 0em 1em 0em 1em;"
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* 1570–1583 Johann Cotta
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* 1583–1584 Benedict Cuppius
* [[1570]]–[[1583]] Johann Cotta
* 1584–1608 Johann Wedde
* [[1583]]–[[1584]] Benedict Cuppius
* 1608–1613 Johann Siegfried
* [[1584]]–[[1608]] Johann Wedde
* 1614–1623 M. Gunther Danelius
* [[1608]]–[[1613]] Johann Siegfried
* 1624–1654 Siegbert Sidelius
* [[1614]]–[[1623]] M. Gunther Danelius
* 1655–1682 Valentin Hake
* [[1624]]–[[1654]] Siegbert Sidelius
* 1682–1692 Fr. Mathias Hake
* [[1655]]–[[1682]] Valentin Hake
* 1693–1713 Joh. Julius Bremer
* [[1682]]–[[1692]] Fr. Mathias Hake
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* [[1693]]–[[1713]] Joh. Julius Bremer
* 1713–1717 Hrch. Konr. Dedekind
* [[1713]]–[[1717]] Hrch. Konr. Dedekind
* 1717–1719 Andreas Dunsing
| width="33%" rowspan="3" |
* 1720–1722 Val. Heinr. Hake
* [[1717]]–[[1719]] Andreas Dunsing
* 1722–1731 Sup. Joh. Wilh. Dörner
* [[1720]]–[[1722]] Val. Heinr. Hake
* 1732–1740 Sup. Ant. Aug. Oesterreich
* [[1722]]–[[1731]] Sup. Joh. Wilh. Dörner
* 1740–1741 Heinr. Detlev König
* [[1732]]–[[1740]] Sup. Ant. Aug. Oesterreich
* 1742–1778 Sup. Joh. Esaj. Hoyer
* [[1740]]–[[1741]] Heinr. Detlev König
* 1778–1812 Sup. Georg Heinr. Bode
* [[1742]]–[[1778]] Sup. Joh. Esaj. Hoyer
* 1812–1831 Johann Georg Heinr. Bode
* [[1778]]–[[1812]] Sup. Georg Heinr. Bode
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* [[1812]]–[[1831]] Johann Georg Heinr. Bode
* 1831–1875 Chr. Theod. Dieckmann
* [[1831]]–[[1875]] Chr. Theod. Dieckmann
* 1876–1884 Hr. Ludw. Wilh. Willecke
* [[1876]]–[[1884]] Hr. Ludw. Wilh. Willecke
* 1885–1897 Fritz Freist
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* 1898–1922 Paul Nebelung
* [[1885]]–[[1897]] Fritz Freist
* 1922–1931 Walter Schomburg
* [[1898]]–[[1922]] Paul Nebelung
* 1931–1958 Propst Rich. Diestelmann
* [[1922]]–[[1931]] Walter Schomburg
* 1958–1984 Curt Raths
* [[1931]]–[[1958]] Propst Rich. Diestelmann
* 1984 bis heute Manfred Trümer
* [[1958]]–[[1984]] Curt Raths
* [[1984]]–[[2014]] Manfred Trümer
* [[2014]]–[[2019]] Martin Senftleben
* ab [[2021]] Ann-Kathrin Rieken
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== Baubeschreibung ==
== Beschreibung ==
Die Kirche besteht aus zwei sehr verschiedenen, aber bedeutsamen Teilen. Zuerst entstand 1135 bis ca. 1150 der große Mönchschor im Osten, der in den Tradition von Cluny II steht. Von Cluny in Burgund in Frankreich ging im 10. Jahrhundert die Reform des Benediktinerordens aus. Von seinen insgesamt drei Kirchenbauten gaben die letzten beiden entscheidende Anregungen für die Architektur der anderen Ordenskirchen. Der Ostteil der Kirche hatte als Ideal den Schmuckreichtum dieses französischen Baus vor Augen.
[[Datei:20170902 KoenigslutterKaiserdom Hauptschiff A DSC05489 Rectilinear 03 PtrQs.JPG|mini|hochkant|Kircheninnenraum]]
Die Kirche ist eine dreischiffige Basilika mit Kreuzgrundriss, einem doppeltürmigen Westwerk sowie einem oktogonalen Vierungsturm. An der unterschiedlichen Ausführung ihrer Bauteile lassen sich zwei Bauphasen erkennen. Die erste Phase umfasst den Zeitraum von [[1135]] bis etwa [[1150]], in dem der große Mönchschor im Osten entstand. Dieser Chor orientiert sich an der Tradition von Cluny II. Im 10. Jahrhundert ging von Cluny in Burgund (Frankreich) die Reform des Benediktinerordens aus. Von den drei dort entstandenen Kirchenbauten gaben die letzten beiden wesentliche Impulse für die Architektur anderer Ordenskirchen. Der östliche Teil der Kirche wurde entsprechend mit dem Ideal des reichen Schmuckes dieser französischen Vorbilder errichtet.


Jedoch wurden 1150/60 die Pläne geändert und mit dem Beginn des Westbaus und der Ausführung des Langhauses wurde mit asketischer Formensprache ein deutlicher Gegensatz zu der schmuckreichen Ostpartie gesetzt. Hier fand eine Rückkehr zu den ältesten lokalen Bautraditionen mit einem rechteckigen, niedersächsischen Westbau mit zwei Türmen statt.
Im Zeitraum um [[1150]]/[[1160]] kam es zu einer Änderung der Baupläne. Mit dem Beginn des Westbaus und der Errichtung des Langhauses wurde eine bewusst schlichtere Formensprache gewählt, die einen starken Kontrast zur dekorativen Ostpartie darstellt. Hier erfolgte eine Rückkehr zu den ältesten lokalen Bautraditionen, erkennbar an dem rechteckigen niedersächsischen Westbau mit zwei Türmen. Das Hauptschiff erhielt erst [[1695]] ein Gewölbe; zuvor war es mit einer flachen Holzdecke ausgestattet, wie sie bei romanischen Kirchen häufig anzutreffen ist. Chor und Nebenschiffe hingegen wurden von Anfang an mit Kreuzgewölben gebaut.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.kaiserdom-koenigslutter.info/index.php/Bauwerk.html |titel=Kaiserdom Bauwerk – Kaiserdom zu Königslutter |abruf=2019-11-26}}</ref>


Das Bauwerk besteht aus [[Elmkalkstein]], der nahe dem Ort an den Hängen des [[Elm]]s gebrochen wurde. Besondere Bedeutung erlangte der Dom durch den reichen künstlerischen Schmuck in Form von Bildhauerarbeiten lombardischer Steinmetze. Die ist vor allem der Kircheneingang, das Löwenportal und der Jagdfries an der äußeren Fassade.  
Das Bauwerk besteht aus [[Elmkalkstein]], der in der Nähe an den Hängen des [[Elm]]s gebrochen wurde. Besonders hervorzuheben ist der künstlerische Schmuck, vor allem in Form von Bildhauerarbeiten lombardischer Steinmetze. Dazu zählen vor allem das Löwenportal am Kircheneingang sowie der Jagdfries an der äußeren Fassade.


Das Löwenportal des nördlichen Seitenschiffes gehört noch zur ersten Bauphase. Die Bauplastik, die sich nicht nur hier, sondern auch an den Ostteilen und am Kreuzgang zeigt, hat sehr große Ähnlichkeit mit Bauten in Ferrara, Verona und Piacenza in der Lombardei, sodass man annimmt, eine Gruppe von vorher in Italien tätigen Steinmetzen habe diese Formen nach Königslutter gebracht. Bedeutungsvoll dabei ist, dass der oberitalienische Vorbildkreis durch die Aufnahme antiker Formen geprägt ist. So wurden also durch Italien antikisierende Einzelformen nach Königslutter gebracht. So etwas war in Sachsen vorher unbekannt, auch nicht der monumentale Gewölbebau und die anspruchsvolle Mauertechnik. Der erste Bau von Königslutter hat als eine kaiserliche Stiftung prägende Wirkung gehabt. Königslutter ist das sächsische Gegenstück zum salischen Kaiserdom in Speyer.
=== Löwenportal ===
[[Datei:Königslutter Dom Löwenportal neu.jpg|mini|Löwenportal]]
Das Löwenportal des nördlichen Seitenschiffs stammt aus der ersten Bauphase. Die Bauplastik an diesem Portal, den Ostteilen und dem Kreuzgang weist starke Ähnlichkeiten mit Bauten in Ferrara, Verona und Piacenza in der Lombardei auf. Daher wird angenommen, dass eine Gruppe von Steinmetzen, die zuvor in Italien tätig gewesen waren, diese Formen nach [[Königslutter]] brachte. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der oberitalienische Vorbildkreis durch die Aufnahme antiker Formen geprägt ist. Somit wurden antikisierende Einzelformen über Italien nach [[Königslutter]] eingeführt. Solche Gestaltungselemente waren in Sachsen zuvor unbekannt, ebenso wie der monumentale Gewölbebau und die anspruchsvolle Mauertechnik. Der erste Bau von [[Königslutter]] hat als kaiserliche Stiftung eine prägende Wirkung entfaltet. [[Königslutter]] wird daher als sächsisches Gegenstück zum salischen Kaiserdom in Speyer betrachtet.


Sehenswert ist der Kreuzgang, entstanden ab 1150, von dem der Nord- und der Westflügel noch erhalten ist. Der ältere Nordflügel gehört mit seinem Reichtum an ornamentierten Säulen und Kapitellen zu den schönsten seiner Art in Deutschland.
=== Kreuzgang ===
[[Datei:Kaiserdom Königslutter Kreuzgang.jpg|mini|Kreuzgang]]
Der Kreuzgang, dessen Bau ab [[1150]] begann, ist ebenfalls sehenswert. Heute sind noch der Nord- und der Westflügel erhalten. Der ältere Nordflügel besticht durch einen reichen Schmuck aus ornamentierten Säulen und Kapitellen und zählt zu den schönsten Kreuzgängen dieser Art in Deutschland.


Zum sogenannten ''Jagdfries'' an der Apsis gibt mehrere Deutungen. Eine sehr interessante Deutung des Braunschweiger Künstlers und Kunsterziehers Jürgen Bernhard Kuck, die über die dargestellten, offensichtlichen Jagdszenen hinaus den Menschen als Opfer des Teufels darstellt und letzteren selber auch in einer Art Vexierbild in der obigen Abbildung „Hasen fesseln Jäger“ zeigt. Dies ist insofern bemerkenswert, weil sich der Fries genau hinter dem Altar befindet. Das Gros der Forschung deutet diese Szene jedoch auf der Basis biblischer Texte sowie spätantiker und mittelalterlicher Auslegungsliteratur - zum Beispiel die Schriften der Kirchenväter oder der Physiologus - als Sieg des Guten über das Böse.
=== Jagdfries ===
[[Datei:Kaiserdom Jagdfries.jpg|mini|Jagdfries an der Apsis mit Szene: Hasen fesseln Jäger]]
Eine spiegelverkehrte Inschrift ''Hoc opus eximium vario celamine mirum sc (ulpsit)'' - ''Dieses vortreffliche Werk, durch mannigfaltige Meißelarbeit wunderbar, hat gemeißelt'' am Ende des Jagdfrieses bricht an der Stelle ab, wo ein Künstlername zu erwarten wäre. Statt diesem befindet sich darunter die Darstellung eines Jägers, der einen erlegten Hasen schultert. Man deutet sie als versteckte Künstlersignatur des zu den Magistri Comacini gehörenden Nicolaus von Verona. Sein Name setzt sich aus den griechischen Wörtern ''nikáo'' (siegen) und ''laós'' (Volk) zusammen. Zum Hasenbesieger ''nikáo lagos'' wird er durch das Hinzufügen des Buchstabens ''g''. Es ist davon auszugehen, dass die Bildbetrachter ein ausreichendes Maß an Bildung besaßen, um die versteckte Signatur über den Umweg des Griechischen zu entschlüsseln.
Der sogenannte Jagdfries an der Außenwand der Apsis zeigt eine Szene mit dem Titel „Hasen fesseln Jäger“, die mehrfach unterschiedlich interpretiert wird. Die Mehrzahl der Forschung deutet diese Szene auf Grundlage biblischer Texte sowie spätantiker und mittelalterlicher Auslegungsliteratur – etwa den Schriften der Kirchenväter oder des Physiologus als Symbol des Sieges des Guten über das Böse. Der Kunsthistoriker [[Jürgen Bernhard Kuck]] sieht hingegen im Fries eine Inszenierung des Menschen als Opfer des Teufels. Die Szene „Hasen fesseln Jäger“ versteht er als ein Vexierbild, das bewusst hinter der Mauer angebracht wurde, hinter der sich im Innenraum der Apsis der Altar befindet.


Es wird vermutet, dass die an der Dombauhütte tätigen Steinhauer und Steinmetze einen „Königslutteraner Stil“ verbreiteten. Die Bauweise des Domes diente als Vorbild für andere Sakralbauten im südlichen Niedersachsen und auch im Gebiet bis zur Elbe.
Am Ende des Jagdfrieses befindet sich eine spiegelverkehrte Inschrift „Hoc opus eximium vario celamine mirum sc(ulpsit)“ – „Dieses vortreffliche Werk, durch mannigfaltige Meißelarbeit wunderbar, hat gemeißelt“ –, die an der Stelle abbricht, an der üblicherweise ein Künstlername zu erwarten wäre. Stattdessen zeigt die Darstellung einen Jäger, der einen erlegten Hasen über die Schulter nimmt. Diese Szene wird als versteckte Signatur des Bildhauers Nicolaus von Verona interpretiert, der zu den Magistri Comacini gehörte. Sein Name lässt sich aus den griechischen Wörtern nikáo (siegen) und laós (Volk) ableiten. Durch Hinzufügen des Buchstabens „g“ entsteht „nikáo lagos“ – „Hasenbesieger“. Es wird angenommen, dass die damaligen Bildbetrachter über ausreichende Bildung verfügten, um diese versteckte Signatur durch das Griechische zu entschlüsseln.


Seit 1986 gibt es gegenüber dem Dom ein Kaiserdom-Museum in einem Gebäude, das ehemals von einer [[Steinmetzschule Königslutter|Steinmetzschule]] genutzt wurde. Es informiert über die Baugeschichte der Kirche, deren Bauherrn Kaiser Lothar und das Benediktinerkloster und beherbergt ein Steinmetzmuseum.
Es wird vermutet, dass die an der Dombauhütte tätigen Steinmetze und Bildhauer einen sogenannten „Königslutteraner Stil“ verbreiteten. Die Bauweise des Domes diente als Vorbild für weitere Sakralbauten im südlichen Niedersachsen sowie im Gebiet bis zur Elbe.
 
Seit [[1986]] befindet sich gegenüber dem Dom das Kaiserdom-Museum, das in einem früheren Gebäude der Steinmetzschule untergebracht ist. Es informiert über die Baugeschichte der Kirche, ihren Bauherrn Kaiser Lothar sowie das Benediktinerkloster und beherbergt zudem ein Steinmetzmuseum.


=== Kaisergrab ===
=== Kaisergrab ===
Neben Kaiser [[Lothar III. (HRR)|Lothar III.]] sind im Kaisergrab im Inneren der Kirche beigesetzt:
[[Datei:Königslutter Dom 05.jpg|mini|Sarkophag Kaiser Lothars, seiner Frau Richenza und ihres Schwiegersohns Heinrich]]
* Lothars Schwiegersohn Heinrich der Stolze († 1139) (Vater Heinrichs des Löwen)
Im Inneren der Kirche befindet sich das Kaisergrab von Lothar III. Neben dem Kaiser wurden dort auch seine Gemahlin Richenza († [[1141]]), sein Schwiegersohn Heinrich der Stolze († [[1139]]), der Vater Heinrichs des Löwen, sowie ein unbekanntes Kind bestattet.
* Lothars Gemahlin Richenza († 1141)
 
* unbekanntes Kind
Die Grabplatte trägt die lateinische Inschrift „Lotharius II.“. Lothar selbst führte jedoch die Bezeichnung „der Dritte“, da er als dritter Herrscher dieses Namens nach Karl dem Großen galt. Einer seiner Namensvorgänger, Lothar II., war allerdings lediglich König und nicht Kaiser. Die in der Barockzeit entstandene Zählweise, nach der sich die Inschrift richtet, bezog sich ausschließlich auf gekrönte Kaiser.<ref>Information der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz vom 22. September 2011<!--Welche "Information"? (Dokument bitte genau benennen)-->.</ref>
 
Das Grab wurde erstmals im Jahr [[1620]] geöffnet. Dabei entnahm man den bleiernen Reichsapfel sowie eine Schrifttafel, die sowohl das Todesdatum Lothars als auch die damalige politische Lage dokumentierte. Weitere Grabbeigaben wie eine Krone, ein Schwert und mehrere Kelche wurden ebenfalls entnommen, gelten jedoch heute als verschollen.


Das Kaisergrab wurde bereits 1620 geöffnet. Dabei entnahm man den bleiernen Reichsapfel und eine Schrifttafel, die Lothars Tod und die damalige politische Situation beschreibt. Außerdem wurden Grabkrone, Schwert und Kelche entnommen, die seitdem verschollen sind. 1708 wurde das Grab neu gestaltet, da 1640 herabstürzende Gewölbe das alte Grabmal zerschlagen hatten. Eine erneute Graböffnung erfolgte 1978 durch Archäologen. Dabei wurden weitere Funde gemacht, wie Teile eines bleiernen Szepters, ein Gold- und ein Silberring mit den christlichen Symbolen Alpha und Omega. Das Grab der Kaiserin enthielt eine Grabkrone aus Blei und einen Blumenstrauß.
Im Jahr [[1640]] wurde das ursprüngliche Grabmal durch herabstürzende Gewölbeteile zerstört. Eine Neugestaltung erfolgte [[1708]] durch den Bildhauer Michael Helwig. Eine erneute archäologische Graböffnung fand [[1978]] statt. Dabei wurden unter anderem Fragmente eines bleiernen Szepters, ein goldener Ring mit dem Namen „Thebalring“ sowie ein Silberring mit den christlichen Symbolen Alpha und Omega entdeckt. Im Grab der Kaiserin fanden sich außerdem eine Grabkrone aus Blei und ein Blumenstrauß.
 
<gallery heights="250">
20240223 Koenigslutter Kaiserdom Wandbild Lothar III DSC05626 PtrQs.jpg|Lothar, Wandbild am nordöstlichen Vierungspfeiler
20240223 Koenigslutter Kaiserdom Wandbild RichenzaVonNortheim DSC05631 PtrQs.jpg|Richenza, Wandbild am südöstlichen Vierungspfeiler
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=== Ausmalung ===
=== Ausmalung ===
Ende des 19. Jahrhunderts war die frühere mittelalterliche Kirchenausmalung mit gelber Farbe überstrichen. Auf Anregung von Prinz Albrecht von Preußen wurde eine Instandsetzung der Kirche beschlossen. Dazu gehörte eine neue Ausmalung des Kircheninnenraums, die 1887-94 durch den Braunschweiger Hofdekorationsmaler Adolf Quensen nach den Plänen des süddeutschen Professors August Ottmar Essenwein erfolgte. Der dabei zur Anwendung gekommene Malstil wird als klassizistisch beschrieben. Die Malereien gelten heute als ein bedeutendes Zeitdokument des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Rund 100 Jahre später wurden in den 1990er Jahren erhebliche Schäden an den Malereien festgestellt, die aus den Umweltbedingungen wie Saurer Regen und Bausicherungsverfahren in den 1960/70er Jahren resultierten, als zur Bauwerkssicherung Zuganker und 300 Tonnen Beton ins Mauerwerk eingebracht wurden. Durch diese Bedingungen und die Alkalität des Beton in ein Kalksteinmauerwerk wurde die Salzbildung forciert und dadurch die Malerei geschädigt.
[[Datei:Kaiserdom Königslutter Altar.jpg|mini|links|hochkant=0.6|Altar; an der Rückwand Draperie-Malereien]]
[[Datei:Quensen Königslutter.jpg|mini|rechts|hochkant=0.6|Chorraum-Nordwand, Ausmalung von Adolf Quensen]]
Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprünglich mittelalterliche Ausmalung der Kirche durch einen gelben Anstrich überdeckt worden. Auf Initiative von Prinz Albrecht von Preußen wurde eine umfassende Instandsetzung der Kirche in die Wege geleitet. Im Zuge dieser Maßnahmen erfolgte zwischen [[1887]] und [[1894]] eine vollständige Neuausmalung des Innenraums. Die Arbeiten wurden vom Braunschweiger Hofdekorationsmaler Adolf Quensen nach Entwürfen des Architekten August Essenwein ausgeführt. Der dabei angewandte historistische Stil orientierte sich an romanischen Vorbildern, während die Gestaltung der Gewölbe barocke Elemente aufgriff. Die Wand- und Deckenmalereien werden heute als bedeutendes kulturhistorisches Zeugnis des späten 19. Jahrhunderts angesehen.
 
Etwa ein Jahrhundert später, in den 1990er-Jahren, wurden erhebliche Schäden an den Malereien festgestellt. Diese resultierten vor allem aus den Umweltbedingungen – insbesondere saurem Regen – sowie aus baulichen Eingriffen in den 1960er- und 1970er-Jahren. Damals waren unter anderem Zuganker sowie rund 300 t Beton in das Mauerwerk eingebracht worden. Die daraus entstandene Alkalität des Betons in Verbindung mit dem Kalksteinmauerwerk führte zur vermehrten Bildung von Salzen, was die Malereien nachhaltig schädigte. Im Rahmen einer Restaurierung, die im Jahr [[2010]] abgeschlossen wurde, konnte die Ausmalung des 19. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Farbkraft vollständig wiederhergestellt werden.<ref>[http://www.koenigslutter-kaiserdom.de/default.asp?LNG=DE&NAV=69# Begleiter durch den Kaiserdom, 2. Auflage] Hg. von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Appelhans Verlag Braunschweig 2014.</ref>
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20170902 Koenigslutter Kaiserdom Decke DSC05610 PtrQs.JPG|Decke des Hauptschiffs
20170902 Koenigslutter Kaiserdom Haupfschiff B DSC05571 RectiLinear PtrQs.JPG|Ausmalung in Quer- und Hauptschiff
20170902_DomKoenigslutter_Vierung_DSC05593_PtrQs.jpg|Fresko der Vierung
20170902 Koenigslutter Kaiserdom DSC05568 PtrQs.JPG|Deckenbemalung in Chorraum und Apsis
</gallery>


=== Orgel ===
=== Orgel ===
Die große romantisch-sinfonische Orgel auf der Empore wurde 1892 bis 1895 von der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer (Hannover) erbaut. 1984 wurde das Instrument durch die Orgelbaufirma Hillebrand umgebaut und elektrifiziert. Im Zuge einer umfassenden Sanierung der Orgel in den Jahren 2008 bis 2010 wurde das Instrument von der Orgelbaufirma Hartwig Späth (Freiburg) in den historischen Zustand von 1895 zurückgeführt. Bei dem Umbau der Orgel 1984 wurden die Abstrakten und Winkelbalken eingelagert. Dieser glückliche Umstand ermöglichte, die alte mechanische Traktur zu restaurieren und wieder einzubauen. Das Instrument hat Kegelladen. Die Trakturen sind mechanisch.<ref>Zur [http://www(punkt)koenigslutter-kaiserdom.de/default.asp?LNG=DE&NAV=75 Domorgel]</ref>   
[[Datei:Königslutter Dom 04.jpg|mini|Furtwängler & Hammer-Orgel ([[2023]])]]
Die große romantisch-sinfonische Orgel auf der Empore wurde in den Jahren [[1892]] bis [[1895]] von der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer aus Hannover erbaut. Im Jahr [[1984]] erfolgte ein Umbau und die Elektrifizierung des Instruments durch die Firma Hillebrand. Zwischen [[2008]] und [[2010]] wurde die Orgel einer umfassenden Sanierung unterzogen, bei der sie durch die Orgelbaufirma Hartwig Späth aus Freiburg in ihren ursprünglichen Zustand von [[1895]] zurückgeführt wurde. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Restaurierung war die Wiederherstellung der originalen mechanischen Traktur. Diese konnte rekonstruiert werden, da beim Umbau von [[1984]] die historischen Abstrakten und Winkelbalken eingelagert worden waren. Die Orgel verfügt über Kegelladen und mechanische Trakturen.<ref>Zur [http://www(punkt)koenigslutter-kaiserdom.de/default.asp?LNG=DE&NAV=75 Domorgel]</ref>   


{| border="0" cellspacing="24" cellpadding="10" style="border-collapse:collapse;"  
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| 34.|| Oboe * || 8′
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| 37.|| Subbaß || 16'
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| 39.|| Oktavbaß || 8'
| 39.|| Oktavbaß || 8′
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| 40.|| Flötenbaß || 8'
| 40.|| Flötenbaß || 8′
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| 43.|| Posaune || 16'
| 43.|| Posaune || 16′
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| 44.|| Trompete || 8'
| 44.|| Trompete * || 8′
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* Die mit einem * gekennzeichneten Register waren umgestellt oder verändert und wurden bei der Sanierung ([[2008]]–[[2010]]) auf den ursprünglichen Standort zurückgeführt.
* Die Register 4, 26 und 28 waren nur auf der Lade vorbereitet und konnten nach originalen Unterlagen eingebaut werden.
* ''Koppeln:'' II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
* ''Koppeln:'' II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
* ''Spielhilfen:'' Feste Kombinationen: p, pp, mf, forte, tutti, Fortepedal, Pianopedal; moderne Setzeranlage mit Sequenzer, Schwelltritt für das Echowerk


== Kaiser-Lothar-Linde ==
== Kaiser-Lothar-Linde ==
Die [[Kaiser-Lothar-Linde]] nahe dem Dom ist ein Naturdenkmal von überregionaler Bedeutung, da der Baum zu den ältesten und dicksten Linden in Niedersachsen zählt. Der Baum soll im Jahr des Baubeginns des Doms 1135 an einer Richtstätte gepflanzt worden sein. Ob er tatsächlich fast 900 Jahre alt ist, ist nicht bekannt. Im Volksmund wird die Linde auch die ''Tausendjährige Linde'' genannt. Der Baum ist heute etwa 20 m hoch und hat einen Stammumfang zwischen 11 und 15 m. Er wächst nicht mehr in die Höhe sondern in die Breite. Der Stamm ist im Inneren ausgemauert. Der unterste, vom Stamm abgehende Ast in 1,5 m Höhe ist gegen Abbrechen abgestützt. Außerdem halten Drahtseile den Baum zusammen. Seit 1956 ist er ein Naturdenkmal, 1975 wurde eine Baumpflegemaßnahme durch einen Baumchirugen durchgeführt.
[[Datei:NDS Naturdenkmal Königslutter Kaiser-Lothar-Linde, ND HE 00004.jpg|mini|[[Kaiser-Lothar-Linde]] ([[2015]]), im Hintergrund der Dom, davor ein Gebäude des [[AWO Psychiatriezentrum]]]]
{{Hauptartikel|Kaiser-Lothar-Linde}}
Die [[Kaiser-Lothar-Linde]] ist ein als Naturdenkmal ausgewiesener Lindenbaum in der Nähe des Doms. Der Baum gilt als eines der ältesten und stärksten Exemplare seiner Art im Bundesland und besitzt eine überregionale Bedeutung. Der Überlieferung nach wurde die Linde im Jahr [[1135]], dem Beginn des Dombaus, an einer damaligen Richtstätte gepflanzt. Ob der Baum tatsächlich ein Alter von nahezu 900 Jahren erreicht hat, ist wissenschaftlich nicht gesichert. In der lokalen Bevölkerung ist er auch unter dem Namen Tausendjährige Linde bekannt, was seine kulturelle Verankerung und symbolische Bedeutung unterstreicht. Die Linde erreicht eine Höhe von etwa 20 m. Ihr Stamm weist einen Umfang von 11 bis 15 m auf. Das Höhenwachstum ist abgeschlossen; stattdessen entwickelt sich der Baum weiterhin in die Breite. Zur Stabilisierung ist der hohle Stamm im Inneren ausgemauert, ein bodennaher Seitenast in etwa 1,5 m Höhe wird durch eine Stütze vor dem Abbrechen bewahrt. Zusätzlich sichern Drahtseile die Gesamtstruktur des Baumes. Seit [[1956]] steht die Linde unter Naturschutz. Im Jahr [[1975]] wurde sie im Rahmen einer Pflegemaßnahme von einem Baumchirurgen behandelt.
 
== Domkonzerte ==
{{Hauptartikel|Domkonzerte Königslutter}}
Seit dem Jahr [[1980]] finden im Kaiserdom Königslutter regelmäßig die [[Domkonzerte Königslutter]] statt.
 
== Trivia ==
Der Kaiserdom Königslutter ist ein Geopunkt des Geoparks Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen und namensgebend für die Landmarke 24 des Geoparks.<ref>[https://geopark-hblo.de/standorte/teilgebiete-landmarken/uebersicht/ ''Geopark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen''], abgerufen am 19. Mai 2021.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Jürgen Diestelmann: ''Zur Klosterreform des 12. Jahrhunderts in Niedersachsen.'' In: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte, 1955, S. 13 ff.
* Martin Zeiller: Königslutter. In: Matthäus Merian (Hrsg.): ''Topographia Ducatus Brunswick et Lüneburg'' (= Topographia Germaniae. Band 15). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654, S. 131–136 ([https://de.wikisource.org/wiki/de:Topographia_Braunschweig_L%C3%BCneburg:_K%C3%B6nigslutter Volltext] [Wikisource]).
* Jürgen Diestelmann: ''Die Stiftskirche zu Königslutter'' (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 9). 7. Auflage, Göttingen 1988
* Harold Joachim: ''Die Stiftskirche zu Königslutter : Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte des 12. Jahrhunderts.'' Göttingen : Dieterichsche Universitäts-Buchdruckerei, 1935.
* Richard Diestelmann: ''Die lutherischen Pfarrer der Stadtkirche Königslutter von der Reformation bis heute'', Königslutter 1695
* Jürgen Diestelmann: ''Zur Klosterreform des 12. Jahrhunderts in Niedersachsen.'' In: ''Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte.'' 1955, S. 13&nbsp;ff.
* Ernst Andreas Friedrich: ''Wenn Steine reden könnten'', Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-0397-3
* Richard Diestelmann: ''Die lutherischen Pfarrer der Stadtkirche Königslutter von der Reformation bis heute.'' Königslutter 1965.
* Thomas Gädeke und Martin Gosebruch: ''Königslutter Die Abtei Kaiser Lothars''. Fotos von Jutta Brüdern. 3., durchgesehene Aufl., Königstein i. Ts. 1998, ISBN 3-7845-4822-9
* Ernst Andreas Friedrich: ''Gestaltete Naturdenkmale Niedersachsens.'' Landbuch-Verlag, Hannover 1982, ISBN 3-7842-0256-X.
* Tobias Henkel, Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (Hrsg.): ''Kaiserdom Königslutter - Geschichte und Restaurierung'', Petersberg 2008, ISBN 978-3-86568-428-8
* Stadt Königslutter (Hrsg.): ''850 Jahre Kaiserdom 1135–1985.'' Königslutter 1985.
* Stadt Königslutter (Hrsg.): ''850 Jahre Kaiserdom 1135–1985'', Königslutter 1985
* Jürgen Diestelmann: ''Die Stiftskirche zu Königslutter'' (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 9). 7. Auflage, Göttingen 1988.
* Ernst Andreas Friedrich: ''Gestaltete Naturdenkmale Niedersachsens'', Landbuch-Verlag, Hannover 1982, ISBN 3-7842-0256-X
* Ernst Andreas Friedrich: ''Der Kaiserdom von Königslutter.'' S. 139–142, in: ''Wenn Steine reden könnten.'' Band I, Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-0397-3.
 
* Braunschweigischer Vereinigter Kloster- und Studienfonds; Niedersächsisches Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]: ''Der Kaiserdom in Königslutter: ein Kulturdenkmal auf dem Prüfstand''. In: ''Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen''. Heft 14. Hannover 1996, doi:[https://doi.org/10.11588/diglit.51145 10.11588/diglit.51145] ([https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/adn_h14 uni-heidelberg.de]).
== Einzelnachweise ==
* Thomas Gädeke und Martin Gosebruch: ''Königslutter Die Abtei Kaiser Lothars.'' Fotos von Jutta Brüdern. 3., durchgesehene Aufl., Königstein i. Ts. 1998, ISBN 3-7845-4822-9.
<references />
* Cornelia Lawrenz: ''Architektur und Herrschaftsanspruch. Die Baukunst Kaiser Lothars III. (1125–1137) und seiner Parteigänger.'' Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2003, S. 95–112. ISBN 3-936846-61-8. [http://kaiserdom-koenigslutter.info/index.php/Cornelia_Lawrenz_Architektur_und_Herrschaftsanspruch.html (Digitalisat)]
* [[Jürgen Bernhard Kuck]]: ''Nikolaus, Lothar und der Teufel.'' Der Jagdfries am Dom zu Königslutter als kosmisches Rätsel, Königslutter 2007, ISBN 978-3-00-021896-5.
* Tobias Henkel, Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (Hrsg.): ''Kaiserdom Königslutter Geschichte und Restaurierung.'' Petersberg 2008, ISBN 978-3-86568-428-8.
* Norbert Funke: ''Begleiter durch den Kaiserdom Königslutter.'' Hrsg. Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2023, ISBN 978-3-7954-3801-2.
* Christian Schwochert: ''Der Kaiserdom von Königslutter – Ein Fotobuch'', tredition Verlag, ISBN 978-3-3840-7229-0.


{{Wikipedia|Kaiserdom_(K%C3%B6nigslutter)|Kaiserdom_(Königslutter)}}
== Siehe auch ==
* [[Liste der Kirchen im Landkreis Helmstedt]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.koenigslutter.de/staticsite/staticsite.php?menuid=20&topmenu=17&keepmenu=inactive Der Kaiserdom auf der Webpräsenz der Stadt Königslutter]
* [https://www.koenigslutter-kaiserdom.de ''Kaiserdom Königslutter''] Offizielle Website
* [http://www.kaiserdom-koenigslutter.de/ Webseite der ev.-luth. Kirchengemeinde des Kaiserdoms]
* [https://www.stiftskirche-koenigslutter.de ''Kirchen­gemeinde Stiftskirche Königslutter''] Offizielle Website
* [http://www.kunstdirekt.net/jagdfries/ Webseite zur Deutung des Jagdfrieses]
* [https://realsee.ai/jmxxRPOx ''Virtueller Rundgang durch den Kaiserdom'']
* [http://www.raymond-faure.com/Koenigslutter/koenigslutter-jagdfries-2.html Mehr Tier-Motive des Kaiserdoms Königslutter]
* [https://www.koenigslutter.de/Tourismus-Kultur/Entdecken-Sie-unsere-Sch%C3%A4tze-/Kaiserdom ''Kaiserdom''] auf der Website der Stadt [[Königslutter am Elm]]
* [http://www.altebaeume.de/Koelu.html Kaiser-Lothar-Linde]
* [https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/metadata/32628871/4/- ''Kaiserdom Königslutter mit Klostergebäuden und Freiflächen''] im Denkmalatlas Niedersachsen
* [http://www.monumente-online.de/10/05/streiflichter/Koenigslutter_Kaiserdom.php Das Bildprogramm am Kaiserdom von Königslutter]
* [http://www.monumente-online.de/10/05/streiflichter/Koenigslutter_Kaiserdom.php Das Bildprogramm am Kaiserdom von Königslutter]
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Kaiserdom_%28K%C3%B6nigslutter%29 Kaiserdom-Wikipedia], [[Monumente]] Online Oktober 2010


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== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{SORTIERUNG:Kaiserdom Konigslutter}}
[[Kategorie:Kirchengebäude in Königslutter am Elm]]
[[Kategorie:Kirchengebäude in Königslutter am Elm]]
[[Kategorie:Kirchengebäude im Landkreis Helmstedt]]
[[Kategorie:Baudenkmal in Königslutter am Elm]]

Aktuelle Version vom 27. September 2025, 15:37 Uhr

Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul)

Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul) aus der Luft (2012)

Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul) aus der Luft (2012)

Basisdaten
Konfession evangelisch-lutherisch
Ort Vor dem Kaiserdom 5, 38154 Königslutter am Elm, Deutschland
Landeskirche Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig
Baubeschreibung
Baustil Romanik
Bautyp Basilika
Koordinaten 52° 14′ 41″ N, 10° 48′ 56,6″ OKoordinaten: 52° 14′ 41″ N, 10° 48′ 56,6″ O
Vorlage:Infobox Kirchengebäude/Wartung/Funktion und Titel fehltEvangelisch-lutherische Landeskirche in BraunschweigVorlage:Infobox Kirchengebäude/Wartung/Widmung oder Patrozinium fehlt

Der Kaiserdom Königslutter (St. Peter und Paul) ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude an der Straße Vor dem Kaiserdom in der Stadt Königslutter am Elm im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen in Deutschland. Die evangelisch-lutherische Kirche gehört zur Kirchengemeinde Stiftskirche St. Petri und Pauli (Kaiserdom) und St. Jacobus Sunstedt im Pfarrverband Königslutter der Propstei Königslutter der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig.

Bedeutung

Der Dom gilt als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler der romanischen Architektur in Deutschland. Er wurde als erstes Großgewölbe nördlich des Harzes errichtet und diente als Ausdruck imperialer Repräsentation. In seiner symbolischen und architektonischen Bedeutung steht er dem salischen Kaiserdom zu Speyer gleich. Stilistisch zeigt der Bau eine enge Verbindung zu oberitalienischen Kirchenbauten und lässt insbesondere Einflüsse der Dome von Modena, Verona und Piacenza erkennen.

Geschichte

Merian-Kupferstich um 1650 vom Dom

Der heutige Kaiserdom geht auf ein Kanonissenstift zurück, das im 11. Jahrhundert von den Grafen von Haldensleben gegründet wurde. Dieses Stift befand sich nahe dem damaligen Dorf Lutter, am Bach Lutter, der am Rand des Elms entspringt.

Im Jahr 1135 wandelte Kaiser Lothar III., der seit 1125 als deutscher König und seit 1133 als römisch-deutscher Kaiser amtierte, das Stift in ein Benediktinerkloster um. Zugleich stiftete er die Abteikirche, aus der sich der Kaiserdom entwickelte. In der Gründungsurkunde verfügte er die Ausstattung des Klosters mit umfangreichem Grundbesitz in der Umgebung des Dorfes, mit Waldanteilen im Elm sowie mit weiter verstreutem Besitz bis hin zum etwa 20 km entfernten Drömling. Dazu zählte auch die Wulvosburg, ein vermutlich als Vorläufer der Wolfsburg anzusehender Bau.

Kaiser Lothar starb im Jahr 1137, zwei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, während der Rückkehr von einem Italienfeldzug in Tirol. Seine sterblichen Überreste wurden in der noch unvollendeten Kirche beigesetzt. Nach seinem Tod wurde der Bau in vereinfachter Form und mit reduzierten Plänen fortgeführt. Die beiden Westtürme wurden erst im 15. Jahrhundert vollendet.

Der Dom wurde vom Gründer mit zahlreichen Reliquien ausgestattet und entwickelte sich im späten Mittelalter zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Der wichtigste Wallfahrtstag war der 29. Juni, das Fest der Apostel Petrus und Paulus, den beiden Kirchenpatronen. Pilger kamen aus verschiedenen Regionen, darunter Lübeck, Lüneburg, das Rheinland und Thüringen.

Mit der Einführung der Reformation im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde der Kaiserdom lutherisch. Die Abtei bestand fortan als evangelisches Stift unter der Leitung lutherischer Äbte. Zu den herausragenden Persönlichkeiten dieser Zeit zählt Johann Fabricius, der das Amt des Abtes von 1701 bis 1729 innehatte. Er wurde in der Stiftskirche bestattet; sein Epitaph befindet sich im südlichen Querhaus.

Von 2001 bis 2010 wurde der Kaiserdom umfassend restauriert und rechtzeitig zum 875-jährigen Gründungsjubiläum feierlich wiedereröffnet und neu geweiht.[1]

Seit der Reformation hatten folgende Personen das Amt des Pastors beziehungsweise die Superintendentur inne:

Beschreibung

Kircheninnenraum

Die Kirche ist eine dreischiffige Basilika mit Kreuzgrundriss, einem doppeltürmigen Westwerk sowie einem oktogonalen Vierungsturm. An der unterschiedlichen Ausführung ihrer Bauteile lassen sich zwei Bauphasen erkennen. Die erste Phase umfasst den Zeitraum von 1135 bis etwa 1150, in dem der große Mönchschor im Osten entstand. Dieser Chor orientiert sich an der Tradition von Cluny II. Im 10. Jahrhundert ging von Cluny in Burgund (Frankreich) die Reform des Benediktinerordens aus. Von den drei dort entstandenen Kirchenbauten gaben die letzten beiden wesentliche Impulse für die Architektur anderer Ordenskirchen. Der östliche Teil der Kirche wurde entsprechend mit dem Ideal des reichen Schmuckes dieser französischen Vorbilder errichtet.

Im Zeitraum um 1150/1160 kam es zu einer Änderung der Baupläne. Mit dem Beginn des Westbaus und der Errichtung des Langhauses wurde eine bewusst schlichtere Formensprache gewählt, die einen starken Kontrast zur dekorativen Ostpartie darstellt. Hier erfolgte eine Rückkehr zu den ältesten lokalen Bautraditionen, erkennbar an dem rechteckigen niedersächsischen Westbau mit zwei Türmen. Das Hauptschiff erhielt erst 1695 ein Gewölbe; zuvor war es mit einer flachen Holzdecke ausgestattet, wie sie bei romanischen Kirchen häufig anzutreffen ist. Chor und Nebenschiffe hingegen wurden von Anfang an mit Kreuzgewölben gebaut.[2]

Das Bauwerk besteht aus Elmkalkstein, der in der Nähe an den Hängen des Elms gebrochen wurde. Besonders hervorzuheben ist der künstlerische Schmuck, vor allem in Form von Bildhauerarbeiten lombardischer Steinmetze. Dazu zählen vor allem das Löwenportal am Kircheneingang sowie der Jagdfries an der äußeren Fassade.

Löwenportal

Löwenportal

Das Löwenportal des nördlichen Seitenschiffs stammt aus der ersten Bauphase. Die Bauplastik an diesem Portal, den Ostteilen und dem Kreuzgang weist starke Ähnlichkeiten mit Bauten in Ferrara, Verona und Piacenza in der Lombardei auf. Daher wird angenommen, dass eine Gruppe von Steinmetzen, die zuvor in Italien tätig gewesen waren, diese Formen nach Königslutter brachte. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der oberitalienische Vorbildkreis durch die Aufnahme antiker Formen geprägt ist. Somit wurden antikisierende Einzelformen über Italien nach Königslutter eingeführt. Solche Gestaltungselemente waren in Sachsen zuvor unbekannt, ebenso wie der monumentale Gewölbebau und die anspruchsvolle Mauertechnik. Der erste Bau von Königslutter hat als kaiserliche Stiftung eine prägende Wirkung entfaltet. Königslutter wird daher als sächsisches Gegenstück zum salischen Kaiserdom in Speyer betrachtet.

Kreuzgang

Kreuzgang

Der Kreuzgang, dessen Bau ab 1150 begann, ist ebenfalls sehenswert. Heute sind noch der Nord- und der Westflügel erhalten. Der ältere Nordflügel besticht durch einen reichen Schmuck aus ornamentierten Säulen und Kapitellen und zählt zu den schönsten Kreuzgängen dieser Art in Deutschland.

Jagdfries

Jagdfries an der Apsis mit Szene: Hasen fesseln Jäger

Der sogenannte Jagdfries an der Außenwand der Apsis zeigt eine Szene mit dem Titel „Hasen fesseln Jäger“, die mehrfach unterschiedlich interpretiert wird. Die Mehrzahl der Forschung deutet diese Szene auf Grundlage biblischer Texte sowie spätantiker und mittelalterlicher Auslegungsliteratur – etwa den Schriften der Kirchenväter oder des Physiologus – als Symbol des Sieges des Guten über das Böse. Der Kunsthistoriker Jürgen Bernhard Kuck sieht hingegen im Fries eine Inszenierung des Menschen als Opfer des Teufels. Die Szene „Hasen fesseln Jäger“ versteht er als ein Vexierbild, das bewusst hinter der Mauer angebracht wurde, hinter der sich im Innenraum der Apsis der Altar befindet.

Am Ende des Jagdfrieses befindet sich eine spiegelverkehrte Inschrift „Hoc opus eximium vario celamine mirum sc(ulpsit)“ – „Dieses vortreffliche Werk, durch mannigfaltige Meißelarbeit wunderbar, hat gemeißelt“ –, die an der Stelle abbricht, an der üblicherweise ein Künstlername zu erwarten wäre. Stattdessen zeigt die Darstellung einen Jäger, der einen erlegten Hasen über die Schulter nimmt. Diese Szene wird als versteckte Signatur des Bildhauers Nicolaus von Verona interpretiert, der zu den Magistri Comacini gehörte. Sein Name lässt sich aus den griechischen Wörtern nikáo (siegen) und laós (Volk) ableiten. Durch Hinzufügen des Buchstabens „g“ entsteht „nikáo lagos“ – „Hasenbesieger“. Es wird angenommen, dass die damaligen Bildbetrachter über ausreichende Bildung verfügten, um diese versteckte Signatur durch das Griechische zu entschlüsseln.

Es wird vermutet, dass die an der Dombauhütte tätigen Steinmetze und Bildhauer einen sogenannten „Königslutteraner Stil“ verbreiteten. Die Bauweise des Domes diente als Vorbild für weitere Sakralbauten im südlichen Niedersachsen sowie im Gebiet bis zur Elbe.

Seit 1986 befindet sich gegenüber dem Dom das Kaiserdom-Museum, das in einem früheren Gebäude der Steinmetzschule untergebracht ist. Es informiert über die Baugeschichte der Kirche, ihren Bauherrn Kaiser Lothar sowie das Benediktinerkloster und beherbergt zudem ein Steinmetzmuseum.

Kaisergrab

Sarkophag Kaiser Lothars, seiner Frau Richenza und ihres Schwiegersohns Heinrich

Im Inneren der Kirche befindet sich das Kaisergrab von Lothar III. Neben dem Kaiser wurden dort auch seine Gemahlin Richenza († 1141), sein Schwiegersohn Heinrich der Stolze († 1139), der Vater Heinrichs des Löwen, sowie ein unbekanntes Kind bestattet.

Die Grabplatte trägt die lateinische Inschrift „Lotharius II.“. Lothar selbst führte jedoch die Bezeichnung „der Dritte“, da er als dritter Herrscher dieses Namens nach Karl dem Großen galt. Einer seiner Namensvorgänger, Lothar II., war allerdings lediglich König und nicht Kaiser. Die in der Barockzeit entstandene Zählweise, nach der sich die Inschrift richtet, bezog sich ausschließlich auf gekrönte Kaiser.[3]

Das Grab wurde erstmals im Jahr 1620 geöffnet. Dabei entnahm man den bleiernen Reichsapfel sowie eine Schrifttafel, die sowohl das Todesdatum Lothars als auch die damalige politische Lage dokumentierte. Weitere Grabbeigaben wie eine Krone, ein Schwert und mehrere Kelche wurden ebenfalls entnommen, gelten jedoch heute als verschollen.

Im Jahr 1640 wurde das ursprüngliche Grabmal durch herabstürzende Gewölbeteile zerstört. Eine Neugestaltung erfolgte 1708 durch den Bildhauer Michael Helwig. Eine erneute archäologische Graböffnung fand 1978 statt. Dabei wurden unter anderem Fragmente eines bleiernen Szepters, ein goldener Ring mit dem Namen „Thebalring“ sowie ein Silberring mit den christlichen Symbolen Alpha und Omega entdeckt. Im Grab der Kaiserin fanden sich außerdem eine Grabkrone aus Blei und ein Blumenstrauß.

Ausmalung

Altar; an der Rückwand Draperie-Malereien
Chorraum-Nordwand, Ausmalung von Adolf Quensen

Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprünglich mittelalterliche Ausmalung der Kirche durch einen gelben Anstrich überdeckt worden. Auf Initiative von Prinz Albrecht von Preußen wurde eine umfassende Instandsetzung der Kirche in die Wege geleitet. Im Zuge dieser Maßnahmen erfolgte zwischen 1887 und 1894 eine vollständige Neuausmalung des Innenraums. Die Arbeiten wurden vom Braunschweiger Hofdekorationsmaler Adolf Quensen nach Entwürfen des Architekten August Essenwein ausgeführt. Der dabei angewandte historistische Stil orientierte sich an romanischen Vorbildern, während die Gestaltung der Gewölbe barocke Elemente aufgriff. Die Wand- und Deckenmalereien werden heute als bedeutendes kulturhistorisches Zeugnis des späten 19. Jahrhunderts angesehen.

Etwa ein Jahrhundert später, in den 1990er-Jahren, wurden erhebliche Schäden an den Malereien festgestellt. Diese resultierten vor allem aus den Umweltbedingungen – insbesondere saurem Regen – sowie aus baulichen Eingriffen in den 1960er- und 1970er-Jahren. Damals waren unter anderem Zuganker sowie rund 300 t Beton in das Mauerwerk eingebracht worden. Die daraus entstandene Alkalität des Betons in Verbindung mit dem Kalksteinmauerwerk führte zur vermehrten Bildung von Salzen, was die Malereien nachhaltig schädigte. Im Rahmen einer Restaurierung, die im Jahr 2010 abgeschlossen wurde, konnte die Ausmalung des 19. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Farbkraft vollständig wiederhergestellt werden.[4]

Orgel

Furtwängler & Hammer-Orgel (2023)

Die große romantisch-sinfonische Orgel auf der Empore wurde in den Jahren 1892 bis 1895 von der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer aus Hannover erbaut. Im Jahr 1984 erfolgte ein Umbau und die Elektrifizierung des Instruments durch die Firma Hillebrand. Zwischen 2008 und 2010 wurde die Orgel einer umfassenden Sanierung unterzogen, bei der sie durch die Orgelbaufirma Hartwig Späth aus Freiburg in ihren ursprünglichen Zustand von 1895 zurückgeführt wurde. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Restaurierung war die Wiederherstellung der originalen mechanischen Traktur. Diese konnte rekonstruiert werden, da beim Umbau von 1984 die historischen Abstrakten und Winkelbalken eingelagert worden waren. Die Orgel verfügt über Kegelladen und mechanische Trakturen.[5]

I Hauptwerk C–f3

01. Prinzipal 16′
02. Bourdon 16′
03. Prinzipal 8′
04. Großgedeckt 0 8′
05. Gambe 8′
06. Hohlflöte 8′
07. Octave 4′
08. Gemshorn * 4′
09. Gedecktflöte 4′
10. Quinte 2 2/3′
11. Octave 2′
12. Cornett III-IV 2 2/3′
13. Mixtur III-V 2′
14. Trompete 8′
II Seitenwerk C–f3
15. Quintatön 16′
16. Prinzipal 8′
17. Fugara * 8′
18. Gemshorn * 8′
19. Doppelflöte 8′
20. Rohrflöte 4′
21. Viola * 4′
22. Nasat 2 2/3′
23. Harmonieflöte 2′
24. Progressiv harm. II-IV 0
25. Clarinette * 8′
Tremulant
III Echowerk C–f3

26. Aeoline 16′
27. Geigenprinzipal 8′
28. Flöte trav. 8′
29. Lieblich Gedackt 8′
30. Salicional (Schwebung) 0 8′
31. Aeoline 8′
32. Violine 4′
33. Zartflöte * 4′
34. Oboe * 8′
Pedal C–f1
35. Prinzipalbass 0 16′
36. Violon 16′
37. Subbaß 16′
38. Quintenbaß 10 2/3′
39. Oktavbaß 8′
40. Flötenbaß 8′
41. Cello 8′
42. Oktave 4′
43. Posaune 16′
44. Trompete * 8′
  • Die mit einem * gekennzeichneten Register waren umgestellt oder verändert und wurden bei der Sanierung (20082010) auf den ursprünglichen Standort zurückgeführt.
  • Die Register 4, 26 und 28 waren nur auf der Lade vorbereitet und konnten nach originalen Unterlagen eingebaut werden.
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: Feste Kombinationen: p, pp, mf, forte, tutti, Fortepedal, Pianopedal; moderne Setzeranlage mit Sequenzer, Schwelltritt für das Echowerk

Kaiser-Lothar-Linde

Kaiser-Lothar-Linde (2015), im Hintergrund der Dom, davor ein Gebäude des AWO Psychiatriezentrum

Die Kaiser-Lothar-Linde ist ein als Naturdenkmal ausgewiesener Lindenbaum in der Nähe des Doms. Der Baum gilt als eines der ältesten und stärksten Exemplare seiner Art im Bundesland und besitzt eine überregionale Bedeutung. Der Überlieferung nach wurde die Linde im Jahr 1135, dem Beginn des Dombaus, an einer damaligen Richtstätte gepflanzt. Ob der Baum tatsächlich ein Alter von nahezu 900 Jahren erreicht hat, ist wissenschaftlich nicht gesichert. In der lokalen Bevölkerung ist er auch unter dem Namen Tausendjährige Linde bekannt, was seine kulturelle Verankerung und symbolische Bedeutung unterstreicht. Die Linde erreicht eine Höhe von etwa 20 m. Ihr Stamm weist einen Umfang von 11 bis 15 m auf. Das Höhenwachstum ist abgeschlossen; stattdessen entwickelt sich der Baum weiterhin in die Breite. Zur Stabilisierung ist der hohle Stamm im Inneren ausgemauert, ein bodennaher Seitenast in etwa 1,5 m Höhe wird durch eine Stütze vor dem Abbrechen bewahrt. Zusätzlich sichern Drahtseile die Gesamtstruktur des Baumes. Seit 1956 steht die Linde unter Naturschutz. Im Jahr 1975 wurde sie im Rahmen einer Pflegemaßnahme von einem Baumchirurgen behandelt.

Domkonzerte

Seit dem Jahr 1980 finden im Kaiserdom Königslutter regelmäßig die Domkonzerte Königslutter statt.

Trivia

Der Kaiserdom Königslutter ist ein Geopunkt des Geoparks Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen und namensgebend für die Landmarke 24 des Geoparks.[6]

Literatur

  • Martin Zeiller: Königslutter. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Ducatus Brunswick et Lüneburg (= Topographia Germaniae. Band 15). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654, S. 131–136 (Volltext [Wikisource]).
  • Harold Joachim: Die Stiftskirche zu Königslutter : Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte des 12. Jahrhunderts. Göttingen : Dieterichsche Universitäts-Buchdruckerei, 1935.
  • Jürgen Diestelmann: Zur Klosterreform des 12. Jahrhunderts in Niedersachsen. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte. 1955, S. 13 ff.
  • Richard Diestelmann: Die lutherischen Pfarrer der Stadtkirche Königslutter von der Reformation bis heute. Königslutter 1965.
  • Ernst Andreas Friedrich: Gestaltete Naturdenkmale Niedersachsens. Landbuch-Verlag, Hannover 1982, ISBN 3-7842-0256-X.
  • Stadt Königslutter (Hrsg.): 850 Jahre Kaiserdom 1135–1985. Königslutter 1985.
  • Jürgen Diestelmann: Die Stiftskirche zu Königslutter (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 9). 7. Auflage, Göttingen 1988.
  • Ernst Andreas Friedrich: Der Kaiserdom von Königslutter. S. 139–142, in: Wenn Steine reden könnten. Band I, Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-0397-3.
  • Braunschweigischer Vereinigter Kloster- und Studienfonds; Niedersächsisches Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]: Der Kaiserdom in Königslutter: ein Kulturdenkmal auf dem Prüfstand. In: Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Heft 14. Hannover 1996, doi:10.11588/diglit.51145 (uni-heidelberg.de).
  • Thomas Gädeke und Martin Gosebruch: Königslutter Die Abtei Kaiser Lothars. Fotos von Jutta Brüdern. 3., durchgesehene Aufl., Königstein i. Ts. 1998, ISBN 3-7845-4822-9.
  • Cornelia Lawrenz: Architektur und Herrschaftsanspruch. Die Baukunst Kaiser Lothars III. (1125–1137) und seiner Parteigänger. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2003, S. 95–112. ISBN 3-936846-61-8. (Digitalisat)
  • Jürgen Bernhard Kuck: Nikolaus, Lothar und der Teufel. Der Jagdfries am Dom zu Königslutter als kosmisches Rätsel, Königslutter 2007, ISBN 978-3-00-021896-5.
  • Tobias Henkel, Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (Hrsg.): Kaiserdom Königslutter – Geschichte und Restaurierung. Petersberg 2008, ISBN 978-3-86568-428-8.
  • Norbert Funke: Begleiter durch den Kaiserdom Königslutter. Hrsg. Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2023, ISBN 978-3-7954-3801-2.
  • Christian Schwochert: Der Kaiserdom von Königslutter – Ein Fotobuch, tredition Verlag, ISBN 978-3-3840-7229-0.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://www.koenigslutter-kaiserdom.de/wissen/kaiserdom
  2. Kaiserdom Bauwerk – Kaiserdom zu Königslutter. Abgerufen am 26. November 2019.
  3. Information der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz vom 22. September 2011.
  4. Begleiter durch den Kaiserdom, 2. Auflage Hg. von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Appelhans Verlag Braunschweig 2014.
  5. Zur Domorgel
  6. Geopark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen, abgerufen am 19. Mai 2021.